Attendorn. Brauchtum und Stadtgeschichte: Die ersten beiden Werke des neuen Skulpturenweges in Attendorn sind fertig und mittlerweile auch sichtbar.
In normalen Zeiten hätte Bürgermeister Christian Pospischil (SPD) am Freitagnachmittag über beide Ohren gestrahlt. Denn dass die Stadt Attendorn zwei ihrer vier Kunstwerke auf ihrem neuen Skulpturenweg zum Thema Brauchtum und Stadtgeschichte – den „Iserkopp“ vor dem Bieketurm und das Kunstwerk „Feuer löschen“ vor dem Parkdeck Feuerteich – offiziell einweihen konnte, sollte gerade im Jahr des 800-jährigen Stadtjubiläums „Grund zur Freude sein“, wie der Bürgermeister erklärte. Doch ein bisschen Demut war angesagt, mit Blick auf die schrecklichen Ereignisse in der Ukraine, die auf unser Gemüt und unsere Stimmung drücken. So war die Freude über die Einweihung der Skulpturenweges auch beim Bürgermeister etwas gedrückt.
+++ Lesen Sie hier: Neuer Ferienpark in Attendorn: EuroParcs will jetzt durchstarten +++
Mit Kriegen kannten sich schon die Vorfahren der Attendorner Bürger aus. „Unsere Stadtgeschichte zeigt, dass die Bürger in unserer Stadt viele Katastrophen erlebt haben. Diese Skulpturen sollen aufmerksam machen auf die vielen Brände und Kriege, die unsere schöne Stadt er- und überlebt hat.“ Schließlich geht es bei diesem Projekt – finanziert durch EU-Gelder, die Stiftung der Sparkasse ALK und die Stadt – darum, „das Brauchtum, das unsere Stadt so einzigartig macht, erlebbar zu machen“, betonte der Bürgermeister. Dazu gehören neben dem Schützenwesen und der Stadtgeschichte vor allem der Karneval und das Osterbrauchtum.
Belagerung im 30-jährigen Krieg
Der „Iserkopp“, der auf einer Bank vor dem Bieketurm sitzt, erinnert laut Christian Pospischil an die Belagerung der Stadt Attendorn durch die Schweden im 30-jährigen Krieg. Die innen hohle Bronzestatue stammt von Kunstschmied Thomas Schütte aus Oberkirchen. „Und sie ist schon jetzt ein beliebter Selfie-Standort“, weiß der Bürgermeister. Schütte hatte sich im vergangenen Jahr mit seiner Idee zum Thema Stadtgeschichte an einem Projekt-Aufruf der Stadt beteiligt und den Zuschlag von einer Jury erhalten.
Ein paar Meter weiter thront das Kunstwerk „Feuer löschen“ von der Attendorner Künstlerin Marlies Backhaus. Auch sie hatte an besagtem Wettbewerb teilgenommen und überzeugt. Die Installation aus Cortenstahl ist rund drei Meter hoch und soll an die mittelalterliche Stadtordnung erinnern. Damals übernahmen die Schützen (ihr Kunstwerk ist dem Thema Schützenwesen zuzuordnen) wichtige Löschaufgaben.
Löschteich am Feuerteich
Die Idee dazu stammt ursprünglich von Claus Ortmann und Markus Harnischmacher, denen eine alte Löschordnung aus dem 18. Jahrhundert in die Finger geraten war. Für die gestalterische Umsetzung war dann Marlies Backhaus verantwortlich. „Ich bin stolz, für unsere Stadt etwas so Bleibendes geschaffen zu haben. Ich bin niemand, der im stillen Kämmerlein vor sich hinarbeitet“, erklärte sie. Im Übrigen befand sich dort, wo heute das Parkdeck steht, früher ein Löschteich, der bei Bränden geöffnet werden konnte und die Stadtgräben flutete, so dass die Schützen das Feuer bekämpfen konnten.
+++ Das könnte Sie interessieren: Bürgerhaus am Attendorner Bahnhof: Schimmel unterm Dach +++
„Diese beiden Kunstobjekte bereichern unsere Stadt. Wir brauchen solche Anziehungspunkte. Sie stiften bei den Einheimischen Identifikation und zeugen von Heimat. Das ist heute mehr denn je aktuell, wenn wir sehen, wie Menschen in der Ukraine entwurzelt werden“, erklärte Heinz-Jörg Reichmann, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse ALK, die mit ihrer Stiftung unter anderem Brauchtumspflege finanziell unterstützt, in einer kurzen Rede. Mit Blick auf den „Iserkopp“ warnte Reichmann indes: „Das ist ein tolles Kunstwerk. Aber entgegen aktueller Gerüchte muss ich sagen: Die Statue ist nicht aus Vollmilchschokolade, auch wenn es so aussieht, sondern aus Bronze.“
Die eine Hälfte des Attendorner Skulpturenweges ist in der Öffentlichkeit angekommen, die anderen beiden Objekte sollen im Laufe dieses Jahres folgen. Ein Narrenbrunnen wird an der Niedersten Straße, Ecke Schemperstraße, an den Karneval erinnern. Und an das Osterbrauchtum werden all diejenigen Bürger in absehbarer Zukunft denken, wenn sie in der Truchseßgasse, Ecke Kirchplatz, am Kunstobjekt zum Thema Semmelsegnen vorbeischlendern.