Oberelspe. Daniel Sander aus Oberelspe bietet „Männerwochenenden“ in der Natur an. Dabei können Männer alte, gesellschaftliche Erwartungen durchbrechen.

Wenn Daniel Sander über sein Projekt spricht, ist seine eigene Geschichte unweigerlich damit verbunden. Der 33-Jährige aus Oberelspe hat mehr als sein halbes Leben lang in der Industrie gearbeitet. Einen Weg den er ebenso wie viele seiner damaligen Schulfreunde eingeschlagen hatte. Schon früh hatte er das Gefühl, dass sich das, was er tat, nicht stimmig anfühlte. Lange konnte er den Grund dafür nicht wirklich ausmachen. Bereits in dieser Zeit gab es einen ersten Wunsch, eine andere Richtung einzuschlagen. Doch er schob diesen Wunsch beiseite. Lange lebte er das Leben anderer Menschen. Aus Gewohnheit und um die Erwartungen Anderer zu erfüllen, setzte er den angefangenen Weg fort.

Kündigung nach Schlüsselerlebnis

Ein Schlüsselerlebnis in der Natur gibt ihm schließlich den entscheidenden Impuls. Er kündigt seinen Job. „Das war das erste Mal in meinem Leben, dass ich eine Entscheidung nur für mich getroffen habe. Und auch, wenn ich sehr aufgeregt war: Es hat sich nach Befreiung angefühlt“, sagt er. Muster durchbrechen, hinterfragen, das persönliche Potenzial entfalten: Daniel Sander hat sich auf eine Reise begeben. Eine Reise, zu der er auch andere Männer einladen möchte.

„Auch heute noch gibt es ein gesellschaftliches Bild davon, wie ein Mann zu sein hat und was ihn ausmacht. Vieles davon beruht auf Erfahrungen und Glaubenssätzen vergangener Generationen“, meint Daniel. Ein Mann müsse stark sein. Das werde schon Kindern mit Sätzen wie „Ein Indianer kennt keinen Schmerz“ vermittelt. Gefühle wie Liebe, Sorgen oder Ängste werden oftmals unterdrückt oder kompensiert, weil sie mit Schwäche assoziiert werden. „Was nicht stimmt. Und trotzdem werden diese Themen oft noch immer über Generationen weitergegeben“, ist Daniel überzeugt. Sich verletzlich zu zeigen erfordere Mut, weil man sich angreifbar mache. Doch genau dieser Schritt mache einen Menschen, nicht nur einen Mann, echt und authentisch. Hier möchte der 33-Jährige ansetzen. Bei den „Männerwochenenden“ soll ein geschützter Rahmen entstehen, in dem sich die Teilnehmer intensiv austauschen und selbst erfahren können. Ohne Erwartungen, ohne Zwang, ohne Verurteilungen und mit ganz viel Natur.

Am Lagerfeuer sitzen und die aufsteigende Wärme im Körper bei der Kakao-Zeremonie spüren: Auch das kann Teil des Wochenendes sein.
Am Lagerfeuer sitzen und die aufsteigende Wärme im Körper bei der Kakao-Zeremonie spüren: Auch das kann Teil des Wochenendes sein. © Privat

Aus dem Alltag ausbrechen, in der Natur sein, fernab von der Hektik, tiefgründige Gespräche führen, den Fokus auf sich lenken – all das hat Daniel als sehr heilsam empfunden. Im Juni 2021 fasst er schließlich einen Entschluss und kündigt seinen Job. Er verlässt den beruflichen Weg, den er seit 16 Jahren gegangen war. „Wir haben uns im Guten getrennt. Eigentlich wollte man mich gar nicht gehen lassen. Diese Tatsache war für mich eine sehr schöne Erfahrung und zeigte mir, dass ich meinen Job gut gemacht habe. Auch wenn es nicht mein Herzensweg war, ist es mir dennoch immer wichtig gewesen, gute Arbeit zu leisten. Ich habe dennoch deutlich gemacht, dass ich mich gerne verwirklichen möchte. Rückblickend gibt es vieles, für das ich sehr dankbar sein kann.“ Seine Kreativität habe er nämlich in seinem Aufgabengebiet nicht wirklich frei ausleben können. Die Entscheidung, ein gesichertes Angestelltenverhältnis verlassen zu haben, hat Daniel nie bereut. Im Gegenteil: „Ich bin froh, dass ich dafür eingestanden bin. Weil ich es mir wert war.“

In diesem Monat hat sich Daniel selbstständig gemacht. Als Wegbegleiter für Persönlichkeitsentwicklung. Sein Fokus liegt dabei auf den „Männerwochenenden“, die im Sauerland stattfinden sollen. Es soll ein Ort für Gemeinschaft sein, an dem sich Männer emotional öffnen und Gespräche auf Augenhöhe führen können. „Es ist schwer in Worte zu fassen, was das Wochenende bewirken kann“, meint Daniel. Er habe Menschen kennengelernt, die nach einem Männerwochenende ihr Leben in den verschiedensten Lebensbereichen komplett verändern konnten.

Domino-Effekt in der Gruppe

Eine strikte Agenda gebe es nicht. Vieles passiere intuitiv. Fixe Punkte, die mehr als Angebot verstanden werden können, gebe es trotzdem. „Nachdem alle in Ruhe angekommen sind, begrüße ich die Teilnehmer und leite eine kleine Vorstellungsrunde ein. Dabei kann jeder sagen, welche Erwartungen und Wünsche er an das Wochenende hat. Schon damit ergeben sich Anknüpfungspunkte, weil andere Teilnehmer vielleicht vergleichbare Themen mitbringen. Das kann Unzufriedenheit im Job sein oder eine gescheiterte Beziehung.“ Oft habe Daniel dabei einen Domino-Effekt beobachtet. Sobald einer den Anfang mache sich zu öffnen, schöpften auch andere den Mut, ihre Gefühle zu kommunizieren. Es entstanden Begegnungen auf Augenhöhe und mit einer Tiefe, wie sie viele nicht für möglich gehalten hätten.

Der Austausch wird begleitet von Übungen, bei denen die Teilnehmer entscheiden können, ob sie sie wahrnehmen möchten oder nicht. „Die Übungen werden dann von mir angeleitet. Auch, um den Teilnehmern zu zeigen, dass ich sie bewusst wahrnehme und sie ein wichtiger Teil des Ganzen sind“, erklärt Daniel. Das können Atemübungen in der Natur sein oder Bastel-Übungen, in denen man sich kreativ austoben kann – zum Beispiel, indem man eine Vision davon schafft, wie man in Zukunft sein möchte. Oder sich mal bewusst und längere Zeit gegenseitig in die Augen schauen. „Dabei habe ich schon einige Männer in Tränen ausbrechen sehen, weil diese Erfahrung sie sehr berührt hat.“

Daniel Sander umarmt einen Teilnehmer. Gefühle zu zeigen nimmt er als Zeichen von Stärke wahr.
Daniel Sander umarmt einen Teilnehmer. Gefühle zu zeigen nimmt er als Zeichen von Stärke wahr. © Privat

Auch das gemeinsame Kochen und die Kakao-Zeremonie mit Meditation und Musik seien immer wieder Höhepunkte. Genauso wie die Atmosphäre und die Gespräche am Feuer. Wichtig sei aber, dass kein Druck aufgebaut oder ausgeübt werde. Wer sich gegen eine Übung entscheide, werde dafür nicht verurteilt. Auch das sei eine wichtige Erfahrung: „Nein“ sagen zu können, ohne sich dafür schuldig zu fühlen oder sich rechtfertigen zu müssen.

Daniel weiß, dass er einen ungewöhnlichen Weg gegangen ist. Die Intention sei allerdings nicht, dass die Teilnehmer nach einem Männerwochenende ihren Job kündigen oder ihre Beziehung beenden, nur, weil er selbst diese Entscheidungen getroffen habe. „Ich möchte den Männern lediglich den Impuls geben, sich mit sich selbst auseinander zu setzen. In der freien Entscheidung steckt die Kraft für Veränderung.“ Daniels Erfahrung nach befänden sich schon viel mehr Frauen auf diesem Weg. Mit seinem Angebot für Männer möchte er deswegen eine Annäherung schaffen. Weg von Stress, Angst und Zorn und hin zu Freude, Verbundenheit, Liebe und Lebensfreude. Er nennt das „heartful warriors“ – „herzliche Krieger“.

>>> VON TAGESSEMINAREN BIS FEUERZEREMONIEN

Aktuell plant Daniel Sander vier Männerwochenenden im Sauerland: vom 25. bis 27. März, vom 8. bis 10. April, vom 22. bis 24. April und vom 20. bis 22. Mai.

Der 33-Jährige aus Oberelspe bietet auch Tagesseminare in der Natur, individuelle Traumreisen sowie Zeremonie- und Ritual-Abende an. Dazu zählen Kakao-Zeremonien, Meditation, Atemübungen und Feuerzeremonien.

Mehr Infos und Eindrücke unter www.kreativnatur.com.