Oberelspe. Daniel Sander aus Oberelspe fertigt aus Totholz, das er bei Spaziergängen findet, Schmuck an. Sein Projekt „Kreativnatur“ findet viele Fans.

Daniel Sander kann sich noch gut an sein erstes Holzstück erinnern, das er vom Waldspaziergang bei Oberelspe mitgenommen hat. „Ich bin quasi drüber gestolpert. Es hatte eine total interessante Oberflächenstruktur“, erinnert sich der 32-Jährige. Was er damit anfangen wollte, wusste er zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Nur, dass es besonders war. Auch wenn andere Menschen es (noch) nicht sehen konnten. Etwas, das er mit seinem Projekt „Kreativnatur“ ändern möchte.

Im März – zum Zeitpunkt des ersten coronabedingten Lockdowns – habe er seine erste Arbeit gefertigt. Einen Kettenanhänger. „Der war eher für mich selbst. Da wusste ich auch noch gar nicht, worauf das Ganze hinauslaufen wird“, erzählt er. Hier mal ein Stück mit der Säge herausschneiden, den Rest feilen, mit Schmirgelpapier nacharbeiten. „Für mich war es von Anfang an klar, dass man daraus eine Kette machen könnte, weil es so dekorativ aussah“, meint Daniel. Bei ihm passiere Vieles intuitiv, ohne festen Plan.

Lockdown weckt Kreativität

So präsentiert Daniel seine Schmuckstücke am liebsten: inmitten der Natur.
So präsentiert Daniel seine Schmuckstücke am liebsten: inmitten der Natur. © privat

Weil seine Firma, wie sehr viele andere auch, im Frühjahr Kurzarbeit beantragt hatte, stand Daniel plötzlich viel mehr Zeit zur Verfügung. Zeit, die er zum Kreativ sein nutzte. „Obwohl ich auch schon vorher kreativ unterwegs war“, sagt der 32-Jährige. Er schreibt und fotografiert zum Beispiel gerne. „Ich habe eine technische Ausbildung in der Industrie gemacht. Da habe ich schon mal ein bisschen gefeilt. Nicht am Holz, aber am Metall“, erklärt Daniel sein grundsätzliches handwerkliches Geschick.

Schon vor Corona und den damit einhergehenden Kontaktbeschränkungen hat Daniel sich verstärkt der Natur zugewandt. Mit einem Schlüsselerlebnis im Januar: „Ich bin über einen Freund zu einem Tribe in Rheinland-Pfalz gekommen. Das ist eine Art Veranstaltung, bei der man aus dem Alltag ausbricht und bewusst in die Natur geht“, so Daniel. Die Teilnehmer übernachten in abgelegenen Waldhütten oder auch in Zelten, kochen zusammen eine ausgewogene Mahlzeit, sitzen abends am Lagerfeuer. Fernab von Hektik und Unruhe. Mitten im Funkloch. Stattdessen: Gespräche auf tiefer Ebene. „Das Besondere war, dass man von Anfang an ein vertrautes Verhältnis zu den anderen Teilnehmern und Teilnehmerinnen hatte. Ich hatte das Gefühl, dass ich die Menschen schon lange kannte, obwohl ich sie erst Minuten vorher zum ersten Mal gesehen hatte.“ All das habe seine Verbindung zur Natur noch mal gestärkt. Im Laufe des Jahres ist er insgesamt bei fünf Tribes dabei gewesen.

Mit dem beim Tribe geschärften Naturbewusstsein geht Daniel wieder zurück ins Sauerland. Er ist dankbar und möchte der Natur etwas zurückgeben. Dem Abgestoßenen, Totgeglaubten ein zweites Leben schenken. Nachhaltig handeln. Dabei spielt auch der Fundort eine große Rolle. Die Geschichte, die damit zusammenhängt. Es geht darum, eine Verbindung zu schaffen zwischen Mensch und Natur.

Ohne jeglichen Hintergedanken

Wieder mehr in die Natur gehen

Daniel Sander arbeitet bei Egon Großhaus GmbH & Co. KG in Lennestadt-Bonzelerhammer. Dort ist er in der Qualitätssicherung für den Fertigungsbereich tätig.

Hinter „Kreativnatur“ steckt nicht nur Daniel Sander, sondern mittlerweile ein kleines Team, wozu auch Simon Freund und Ronny Larosch gehören.

Mehr Infos zu dem Projekt gibt es auf Instagram und Facebook, jeweils unter dem Account „kreativnatur“. Wer sich für ein Schmuckstück interessiert, schreibt Daniel Sander am besten auf einen dieser Kanäle an. Auf Wunsch fertigt er auch Auftragsbestellungen an. Die Preise variieren dabei, je nach Aufwand, zwischen 20 und 35 Euro.

Ein Online-Shop ist bereits vorbereitet. Dieser wird voraussichtlich Ende Januar 2021 an den Start gehen.

Ein weiteres Projekt sind die „Kreativnatur Botschaften“. Dabei handelt es sich um eine Holzscheibe, die mit einem Wort, Spruch oder einem Motiv versehen ist und in der Natur ausgelegt wird. Quasi als Anlehnung zu den bereits etablierten „Sauerlandstones“. Damit sollen die Menschen spielerisch animiert werden, wieder mehr in die Natur zu gehen.

„Den ersten Kettenanhänger habe ich deswegen auch an denjenigen verschenkt, der mich überhaupt erst zu den Tribes gebracht hatte“, sagt Daniel. Dieser Freund zeigte wiederum den anderen Tribe-Teilnehmern ganz begeistert das Schmuckstück, sodass Daniel beim nächsten Treffen ein paar Exemplare mitbrachte. Das Interesse war groß. So groß, dass Daniel sich dazu entschlossen hatte, sich, sein Projekt und seine Schmuckstücke auch bei Instagram zu präsentieren. „Was für mich aber ganz wichtig ist: Dieses Projekt habe ich in erster Linie für mich begonnen. Ich mache das für mich, weil es mir Freude bereitet. Es ist ohne jeden Hintergedanken. Ich möchte damit nichts zwingend erreichen oder irgendjemanden gefallen“, betont Daniel. Umso „verrückter“ sei es, dass es mittlerweile so viele Leute gebe, die ihm ein positives Feedback geben und die er mit seiner Botschaft erreicht.

Auch jetzt, da sein Projekt größere Kreise gezogen hat, legt es Daniel nicht auf Effizienz oder Maximierung an. „Ich halte im Wald nicht nach Holzstücken Ausschau. Wenn ich etwas finde, dann zufällig. Dann sollte es so sein.“ Die Leichtigkeit stehe im Vordergrund. Dementsprechend kann es auch vorkommen, dass Daniel ohne ein aufgelesenes Holzstück wieder nach Hause geht. Das ist nicht schlimm, sondern natürlich.

Seit Ende August ist Daniels Abteilung nicht mehr von Kurzarbeit betroffen, sodass er wieder zu 100 Prozent beschäftigt ist. „Eigentlich ging es direkt von 0 auf 200“, erzählt Daniel und lacht. Das sei zunächst natürlich erstmal eine Umstellung gewesen. „Es war wie eine andere Welt. Nicht nur, weil ich plötzlich nicht mehr so viel Freizeit hatte. Sondern auch, weil die Menschen, mit denen ich wieder zu tun hatte, viel gestresster waren als die Menschen, mit denen ich mich während der Kurzarbeit umgeben hatte.“ Das Innehalten und Krafttanken in der Natur hilft ihm allerdings dabei, diese Herausforderung zu meistern.

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Es war ein langer Prozess, bei dem „Kreativnatur“ eher nebenbei entstand. Insgesamt sei das Jahr 2020 wie eine Reise zu sich selbst gewesen, sagt Daniel. „Ich hatte so viel Zeit, um mich selbst zu reflektieren. Ich bin jetzt definitiv ein anderer Mensch als noch letztes Jahr.“ Ein Mensch, der die Natur neu für sich entdeckt hat.