Drolshagen. Wolfgang „Charlie“ Gittel ist der „Raubritter“ von Drolshagen: Trotz Corona und seiner 75 Lenze denkt der Kneipenwirt nicht ans Aufhören.

Wolfgang „Charlie“ Gittel gehört einer Gattung an, die vom Aussterben bedroht ist: Ein Kneipenwirt, der seine Arbeit, zumindest vor Corona, immer mit Freude getan hat: „Ganz ohne das hier, das können wir uns nicht vorstellen“, sagen er und seine Frau Inge, in einem Atemzug.

Während andernorts Cafés und Kneipen entweder den Betrieb zurückfahren oder ganz aufgeben, denkt Gittel nicht daran, kürzer zu treten. Trotz seiner 75 Jahre auf’m Buckel. Ein Alter, in dem die meisten schon das zehnjährige Rentnerdasein feiern können. Nicht so Charlie und Inge: „Wir haben die freie Zeit während der Lockdowns genutzt, um an der Theke zwei zusätzliche Sitzplätze ,anzubauen’. Und den Biergarten haben wir auch vergrößert.“ Investition statt Rückzug, lautet die Devise.

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Charlies Kneipe trägt einen Namen, der nicht nur die Fantasie beflügelt, sondern auch Programm ist: „Beim Raubritter“. „Eröffnet haben wir hier 1984, damals als Charlies Kneipe. Doch Ende der 80-er lief das Geschäft nicht mehr so richtig, und da haben wir uns das mit dem Raubritter ausgedacht“, blickt Gittel weit zurück.

Raubritter-Idee aus Belgien

Während eines Urlaubs in Belgien habe er etwas Ähnliches gesehen und es einfach ausprobiert: „Das war ein Volltreffer und ist es eigentlich auch geblieben“, lachen Charlie und Inge, um den Satz mit dem Ausdruck des Bedauerns zu beenden, „bis Corona kam.“ Doch dazu noch später.

Einen echten Ritter schreckt weder Tod noch Teufel - und ein Skelett schon gar nicht. Zu Gast „Beim Raubritter“ in Drolshagen.
Einen echten Ritter schreckt weder Tod noch Teufel - und ein Skelett schon gar nicht. Zu Gast „Beim Raubritter“ in Drolshagen. © WP | Josef Schmidt

Denn erst einmal wollen wir wissen, wo eigentlich der Spitzname herkommt: „Das ist ganz einfach. Ich bin als junger Kerl auf Karneval mal als Charlie Chaplin gegangen, und das hat sich festgesetzt. Deshalb hat ja auch die Kneipe anfangs so geheißen.“

Drei Tage die Woche geöffnet

Die Öffnungstage „Beim Raubritter“ sind donnerstags, freitags und samstags. Immer ab 18 Uhr.

Zur Gastwirtschaft gehört eine Grotte, ein Saal und ein Biergarten. Alles zusammen, stehen 100 Sitzplätze zur Verfügung.

Ein größerer Saal, in dem früher ein Kino sein Zuhause hatte, ist unbewirtschaftet, war schon mal Disco-Treffpunkt, das Tanzlokal Mirage und 27 Jahre lang Probelokal eines Chores.

Fürs Raubritteressen muss vorbestellt werden. Ein Knappe empfängt die Gäste mit mittelalterlichen Überraschungen.

Die Gastro-Begeisterung stammt schon aus dem Elternhaus Gittel. Wobei der gebürtige Meggener zunächst einem ganz normalen Acht-Stunden-Job nachgegangen ist: „Ich war Baggerfahrer bei einer Firma in Kierspe, mein Vater Sprengmeister auf Sachtleben.“ Als die Eltern dann vor 60 Jahren einen alten Gasthof in Valbert kauften, begann das Gastro-Leben der Gittels. „Die Kneipe war in einem uralten Haus, dass später abgerissen werden musste. Und deshalb sind wir nach Drolshagen umgezogen. Nebenbei habe ich in der damaligen Milchbar ,Eiscafé Annette’ ausgeholfen. Und da bin ich endgültig auf den Geschmack gekommen“, erinnert sich der Kneipier aus Leidenschaft.

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Die Insolvenz der Baufirma in Kierspe gab sozusagen den letzten Schubs, „und dann haben meine Frau und ich überlegt, den Schritt in die Gastronomie zu wagen.“

Nie bereut

Bereut hat er es ebenso wenig wie seine Frau: „Wir machen das gerne, denken auch nicht ans Aufhörten. Obwohl das ja irgendwann kommt“, zieht er die Schultern hoch.

Der Raubritter im Raubritter: Er wacht darüber, dass seine fünf Gebote eingehalten werden.
Der Raubritter im Raubritter: Er wacht darüber, dass seine fünf Gebote eingehalten werden. © WP | Josef Schmidt

Während die Geschichte der Gittels in Drolshagen vor fast 40 Jahren begann, ist die der Gastwirtschaft viel älter, wie Inge Gittel aufklärt: „Die erste Schankerlaubnis stammt aus dem Jahr 1897, in den 1940-er Jahren hieß das, glaub’ ich, mal Kölner Tor, später Treppchen.“ Und seit 1990 eben „Raubritter“.

Der Name steht auch für mittelalterliches Schmausen. Wer im feinen Zwirn mit der Gattin dinieren möchte, ist hier fehl am Platz: „Knoch lecken“ heißt die Devise, das steht für Rippchen mit Krautsalat. „Es gibt aber auch Spare-Ribs, Kotelett und Säbelfleisch auf dem Ein-Meter-Spieß“, sagt Grillmeister Charlie, „alles von einheimischen Metzgern.“ Wirtin Inge ist derweil für den Krautsalat und die Schmand-Kartoffeln zuständig. Dazu gibt’s Weißbrot. Fertig. Normalerweise wird mit den Fingern gegessen, „während Corona wollen die meisten aber Besteck“, sagt Inge Gittel, die nebenbei auch noch zapft.

70 bis 80 Prozent weniger

Wobei wir beim Gastrothema Nummer 1 in diesen Zeiten sind: „Corona hat im März 2020 erstmal alles kaputt gemacht, der Umsatz zu vorher ist um 70 bis 80 Prozent eingebrochen“, sagt der Gastwirt.

Von ehemals sechs Aushilfen seien nur zwei geblieben. „Wenn das jetzt so richtig wieder losgeht, müssen wir mal schauen, ob wir klarkommen“, schaut er aber dennoch wieder optimistisch in die Raubritter-Zukunft.