Kreis Olpe. Das Verhalten gegenüber Einsatzkräften der Polizei, Feuerwehr und Co. hat sich verändert. Diskussionen mit „Corona-Spaziergängern“.

Sie sind vor Ort, wenn Gefahr droht. Bei Überfällen, Geiselnahmen, Demonstrationen. Dabei geraten Polizisten oft selbst ins Visier. Sogar kleine Einsätze können gefährlich werden.

Jüngst hat der tragische Vorfall in Kusel, bei dem eine 24 Jahre alte Polizeianwärterin und ein 29-jähriger Polizeibeamter während einer Verkehrskontrolle erschossen wurden, für Aufsehen gesorgt. Die Betroffenheit war groß. Nicht nur bei Kollegen. Doch geraten Einsatzkräfte im Kreis häufiger in Gefahr?

Natürlich komme es vor, dass ein Einschreiten der Polizei in Einzelfällen auch mit verbalen oder körperlichen Eskalationen vom jeweiligen Gegenüber einhergehen, berichtet Polizeihauptkommissar Thorsten Scheen nach Rücksprache mit seinen Kollegen. Zumeist lägen die Ursachen hierfür jedoch vorrangig am Alkohol- oder Betäubungsmitteleinfluss. Oder am emotionalen Ausnahmezuständen des polizeilichen Gegenübers. „Ganz selten kommt es in Alltagssituationen – wie Verkehrskontrollen – zu entsprechenden Konflikten“, so Thorsten Scheen. Es sei klar, dass nicht jeder Verkehrsteilnehmer mit den Maßnahmen der Polizei einverstanden sei. Insbesondere dann nicht, wenn ein gesetzwidriges Verhalten entsprechend geahndet werden soll. „Allerdings kommt es hierbei nur in vereinzelten Situationen zu verbalen Entgleisungen oder respektlosem Verhalten“, sagt er.

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Einige ältere Polizeibeamte stellen jedoch fest, dass es in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren eine Veränderung im Verhalten gegenüber der Polizei gegeben hat, berichtet Scheen. Sie führen an, dass sich der Respekt und das Verhalten gegenüber Einsatzkräften (im Übrigen nicht nur Polizei, sondern auch Rettungskräfte, Feuerwehr, etc.) spürbar zum Negativen verändert habe.

Das bestätigt auch Christian Hengstebeck, Leiter der Freiwilligen Feuerwehr Olpe. Die vergangenen Jahre zeigten eine Veränderung. Heutzutage müsse man sich häufiger für Handlungen und Vorgehensweisen rechtfertigen.

„Es wird viel mehr kritisch hinterfragt, man kann nicht mehr rein nach den Vorgaben arbeiten“, sagt Hengstebeck. Das Wort von Polizei- und Feuerwehrbeamten hat in seinen Augen in der Vergangenheit einen höheren Stellenwert gehabt. Zwar sei es nicht so, dass Auseinandersetzungen zwischen Bürgern und Feuerwehrleuten auf der Tagesordnung stünden, dennoch komme es immer häufiger zu angespannten Situationen.

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Mehr Respekt und Anerkennung für Feuerwehr in Attendorn

So habe es vor Kurzem erst eine Diskussion bei einem Einsatz der Olper Feuerwehr gegeben. Eine verletzte Katze steckte in einem gekippten Fenster fest. Feuerwehr und Polizei waren im Einsatz, um das Tier zu retten. Aufgrund des Einsatzes, bei dem auch die Drehleiter genutzt werden musste, wurde die Straße für kurze Zeit gesperrt. Ein Anwohner stand jedoch mit seinem Auto noch in der Straße. „Da mussten wir uns dann mit dem Anwohner auseinandersetzen, dass er jetzt mal die paar Meter zu Fuß gehen musste und nicht direkt vor seinem Haus parken konnte“, erzählt der Feuerwehrleiter. „Es war also nicht direkt offensichtlich, was wir da machen. Das gab es früher nicht, das merkt man immer wieder an der ein oder anderen Stelle.“ Bislang sei es jedoch ausschließlich bei Vorkommnissen verbaler Art geblieben, berichtet Christian Hengstebeck.

Im Kirchhundemer Raum hingegen gebe es eine solche Entwicklung eher nicht, teilt der dortige Feuerwehrpressesprecher Thomas Beckmann mit. „Auseinandersetzungen auf körperliche Art und Weise sind mir bislang nicht bekannt“, sagt er. Zwar sei der Ton an der ein oder anderen Stelle ruppiger geworden, doch es sei alles noch verhältnismäßig in Ordnung.

Ähnliches berichtet Christian Schnatz, Feuerwehrpressesprecher in Attendorn. Ein rauerer Ton gegenüber Beamten oder gar verbale oder körperliche Auseinandersetzungen habe es nicht gegeben. „Irgendwie ist es hier doch eher plattes Land, wo jeder eigentlich jeden kennt“, sagt Schnatz. Er stelle eher das Gegenteil fest: „Der Respekt uns gegenüber und die Anerkennung sind viel mehr geworden.“

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Beim DRK im Kreis Olpe spüre man vor allem seit der Corona-Pandemie einen raueren Ton. Aber nicht nur beim Roten Kreuz. „Wenn man es von 2015 an betrachtet, hat man schon gemerkt, dass der Ton rauer wurde, aber körperlich wurde es nie“, sagt Julian Halbe, Pressesprecher des DRK. Unter anderem stimmt er ebenfalls der Aussage von Christian Hengstebeck zu, dass sich Einsatzkräfte immer häufiger für ihr Vorgehen rechtfertigen müssen.

Diskussion in Attendorner Innenstadt

Ein Beispiel geht auf den vergangenen Sommer 2021 zurück. „Da war der Sanitätsdienst mit dem Rettungswagen in der Attendorner Innenstadt vor Ort.“ An dem Tag, so berichtet Halbe, war es sehr warm. „Aufgrund der hohen Temperaturen haben die Rettungskräfte das Fahrzeug angemacht, um Strom für die Geräte zu haben, aber auch für die Klimaanlage.“

Denn der Patient musste versorgt werden. Passanten beobachteten das Geschehen und mischten sich ein, ob es denn nötig sei, dass der Motor durchgehend laufen müsse. Die unbeteiligten Dritten, wie Julian Halbe die Menschen beschreibt, haben die Situation gar nicht von Beginn an mitbekommen, dennoch müsse man sich dann als Sanitäter für seine Vorgehensweise erklären und rechtfertigen. „Und das bindet natürlich je nach Einsatz Personal“, so der DRK-Pressesprecher.

Corona-Pandemie verschärft die Situation

Die Corona-Pandemie mit den einhergehenden Restriktionen hat für zusätzliches Konfliktpotenzial gesorgt, teilt die Polizei weiterhin mit. Grundsätzlich könne jedoch gesagt werden, dass die Ursachen für die wahrgenommenen Veränderungen bis hin zu aggressiverem oder respektloseren Verhalten eher im gesamtgesellschaftlichen Bereich gesehen werden und für die Beamten auch schon vor Corona spürbar waren.

Im Zusammenhang mit den „Corona-Spaziergängen“ kommt es vereinzelt zu Diskussionen im Rahmen von Personalienfeststellungen. Hierbei handelte es sich in der Vergangenheit jedoch ausnahmslos um verbale Unmutsbekundungen. Gewaltanwendungen konnten nicht festgestellt werden.

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