Olpe/Ahrtal. Einen Kleinwagen an die Flutopfer verschenken? Martina Finger und Kristian Turk aus Olpe haben es gemacht, einfach so.

Nachdem die ersten Bilder aus dem überfluteten und zerstörten Ahrtal über die bundesdeutschen TV-Bildschirme flimmerten, war das Entsetzen und die Anteilnahme riesengroß. Ebenso die Hilfswelle, die in den Wochen danach aus vielen Teilen des Landes aufs Ahrtal zurollte. Darauf legt Martina Finger großen Wert. Denn es ist ihr, gemeinsam mit Kristian Turk, wichtig, als eine von vielen wahrgenommen zu werden, die geholfen haben: „Ich will gar nicht groß dastehen, der Kristian und ich, wir sind nur kleine Lichter unter vielen. Wichtig ist, dass die Hilfsbereitschaft anhält und das Ahrtal nicht vergessen wird.“

Womit die bescheidene Olperin das berühmte Licht sprichwörtlich unter den Scheffel stellt. Denn unter Mithilfe von Kristian Turk, seit vielen Jahren ihr treuer Kfz-Meister aus der Olper Trift, beschenkte sie einen gehbehinderten Mittvierziger aus Bad Neuenahr. Und zwar mt einem TÜV-abgenommenen VW Polo, gerade einmal mit 125.000 Kilometer auf dem Tachometer. Ganz einfach so. Ohne Wenn und Aber.

Sogar noch mal vollgetankt

Ein großes Lob zollt sie Kristian Turk für dessen spontane Zusage, zu helfen: „Ich brauchte nur ein, zwei Sätze, da hat der Kristian sofort gesagt: Ich mache mit.“

Turk ist Werkstattmeister des Betriebs, den er gemeinsam mit seinem Vater Anton führt. Seit 14 Jahren sind die Turks In der Trift zu Hause. Er habe nicht lange überlegen müssen, erinnert er sich an den originellen Hilfsplan: „Wir haben das Auto durchgecheckt, vorne die Bremsen neu belegt, eine Inspektion gemacht, uns die Türschlösser vorgenommen.“ Ein Pflegefall sei der Polo ohnehin nicht gewesen, lacht Turk. Nicht ohne Grund: „Martina hat ihn zur Wartung immer zu uns gebracht.“ Wesentlicher Faktor der Aktion: Turk führte alle Arbeiten inklusive Material kostenlos aus, übernahm die TÜV-Gebühr und tankte den kleinen Flitzer vor dem Transport nach Hennef sogar noch mal voll.

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Aber wie kam die Olperin überhaupt auf die Idee, ihr Auto als Spende zu verschenken? Und warum ausgerechnet ins Ahrtal?

„Ich arbeite bei einer Trocknungsfirma, die im Ahrtal Aufträge hatte“, erzählt sie im Gespräch mit unserer Redaktion, „und was ich da gesehen habe, hat mir die Sprache verschlagen.“ Zerstörte Landstriche, riesige Müll- und Schuttberge, dazwischen verzweifelte Menschen, mit denen sie auch ins Gespräch gekommen sei: „Viele waren einfach am Ende, hatten Angst, fühlten sich verlassen von Gott und der Welt.“ Die Erlebnisse hätten sie nicht mehr losgelassen. Und im Spätherbst habe der Entschluss, sich ein etwas größeres Auto anzuschaffen, die Idee reifen lassen, mit ihrem Polo etwas Gutes zu tun. Finger: „Er war mir immer ein treuer Diener, hat mich nie im Stich gelassen.“ Aber gerade für längere Autobahnfahrten, die sie beruflich habe absolvieren müssen, habe sie gerne etwas Größeres gewollt.

Auf jeden Fall funktionstüchtig

Und da der Sohn noch keinen Führerschein gehabt und der Polo einige Wochen tatenlos in der Einfahrt gestanden habe, „kam der Gedanke für die Fluthilfe-Aktion.“ Wichtig sei ihr auch gewesen, „auf jeden Fall ein funktionstüchtiges Auto mit TÜV dort runter zu schicken“, lacht sie. Und das wäre ohne Kristian Turk nicht umsetzbar gewesen.

Als der Polo schließlich fix und fertig vor der Werkstatt stand, schnallte Turk den Kleinwagen drei Tage vor Heiligabend auf seinen Pkw-Transporter, und die Reise nach Hennef an der Sieg konnte beginnen.

Fast 140 Menschen verloren ihr Leben

Laut der Hochwasser-Infoseite von Rheinland-Pfalz sind bei der Flutkatastrophe im Ahrtal 134 Menschen verstorben, zwei werden noch vermisst. 766 Personen wurden verletzt, unzählige sind traumatisiert. Die Online-Plattform fluthilfe.rlp.de schafft die direkte Verbindung zwischen hilfesuchenden Betroffenen auf der einen sowie Helfern und Hilfsangeboten auf der anderen Seite.

Aber warum gerade nach Hennef? Finger: „Ich hatte damals beim DRK in Limburg, das zuständig war, angerufen und von meinem Plan erzählt. Das DRK hat dann einen Hilfsbedürftigen ausgesucht, der das Auto besonders gut gebrauchen konnte.“ Da im Ahrtal von der Wohnung des Mannes nichts übrig geblieben sei, habe er umsiedeln müssen und eine neue Heimat in Hennef gefunden.

In dieser Woche kommt jetzt der große Tag des kleinen Polo: „Dann soll er auf seinen neuen Halter zugelassen werden“, strahlt das hilfsbereite Duo aus Olpe.