Wenden. Mitglieder des Vereins zur Unterstützung von Familien, Senioren und Kindern kümmern sich an Weihnachten um Lkw-Fahrer auf den Autobahnraststätten.

Es war im Jahr 2015. Kurz vor Weihnachten sah Jochen Sauermann auf der Fahrt von Köln nach Rothemühle zahlreiche Lkw auf der Raststätte an der A 4 stehen: „Ich habe die Pächterin gefragt, ob diese auch über Weihnachten dort sind. Ihre Antwort: Ja, klar.“ Es war die Geburtsstunde einer außergewöhnlichen Weihnachtsaktion für gestrandete Lkw-Fahrer des Vereins zur Unterstützung von Familien, Senioren und Kindern mit Sitz in Rothemühle. „Wir haben das dann in dem Jahr noch umgesetzt“, berichtet Vorsitzender Sauermann.

Vereinsmitglieder besuchen seitdem die Lkw-Fahrer, die Weihnachten nicht bei ihren Familien sein können. Auf Raststätten an der A 4 und A 45 frühstücken sie am 1. Weihnachtsfeiertag mit ihnen und geben ihnen Geschenkpäckchen für ihre Familien daheim mit. Die Augen der Fahrer aus Polen, Weißrussland, der Ukraine, Albanien, Rumänien und Lettland strahlen.

Kaum Spesengelder

„Es ist leider so, dass die Fahrer kaum noch Spesengelder bekommen und sie so gezwungen sind, sich selbst zu versorgen. Wie das dann an Feiertagen aussieht, kann man sich vorstellen. Ein warmes Frühstück ist dann für die Fahrer schon etwas Besonderes“, erläutert der 65-Jähgrige. Im Kollegenkreis machte die Aktion bei den Lkw-Fahrern schnell die Runde. Schon mehrmals dabei war Juri aus Litauen. „Sie haben uns ein Stück Weihnachten gebracht, das werde ich nie vergessen“, betont er.

Corona hat das gemeinsame Frühstück mit den Lkw-Fahrern dann aber ausgebremst. Zuletzt konnte der Verein dies 2019 veranstalten. „Aufgrund der Pandemie kommen die Lkw-Fahrer nicht mehr in die Raststätten, vor allem auch, weil viele nicht die nötigen Impfnachweise haben“, so Sauermann. Dennoch lässt der Verein die Brummifahrer nicht im Regen stehen. Wie schon im vergangenen Jahr gibt es wieder Geschenkpakete.

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„Wir suchen sie Heiligabend auf und übergeben ihnen Tüten, auch für ihre Familien“, sagt Jochen Sauermann. Ein Handtuch aus der Blindenwerkstatt Betzdorf befindet sich unter anderem darin: „Da schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe. Das schafft Arbeitsplätze für Behinderte und ist nützlich für die Fahrer.“ Besucht werden in diesem Jahr unter Corona-Bedingungen die Aggertal- Raststätte auf der A 4 und die Siegerland-Raststätte auf der A 45 in beiden Fahrtrichtungen. Die Fahrer erhalten dann auch eine Weihnachtskarte des Vereins in ihrer Landessprache.

Isoliert auf Parkplätzen

„Die Lkw-Fahrer sagten, sie fühlen sich eingesperrt, weil sie nirgendwo hin können. Bei Corona sind sie isoliert auf den Parkplätzen“, sagt Sauermann. Deshalb ist gerade jetzt die Freude besonders groß über den weihnachtlichen Besuch der Vereinsmitglieder. „Wir geben ihnen die Päckchen am Lkw, mit Maske und Abstand. Es ist schade, dass die längeren persönlichen Gespräche wegfallen“, so der 65-Jährige, der hofft, dass im kommenden Jahr wieder ein Frühstück mit den gestrandeten Lkw-Fahrern in den Raststätten möglich ist.

Eines steht für Jochen Sauermann fest: „Bei uns klagen viele auf hohem Niveau, aber die Lkw-Fahrer sind zufrieden und machen das Beste aus ihrer Situation. Das geht einem schon nahe, wenn sie von zu Hause erzählen. Da lebt eine Familie mit drei Kindern in einem Zimmer.“ Und eine weitere Sache hat den 65-Jährigen tief berührt: „Ich habe zwei WhatsApp-Nachrichten von Lkw-Fahrern aus Polen erhalten. Sie sagten, dass sie dieses Jahr zu Hause sind, aber an Weihnachten an unsere Aktion denken. Wenn man so etwas als Rückmeldung bekommt, ist das ein schönes Weihnachtsgeschenk für einen selber.“