Hünsborn. Peter Kriening aus Hünsborn hatte einen schweren Unfall – aufgrund eines epileptischen Anfalls. Die Krankheit hat Auswirkungen auf die Jobsuche.

Peter Kriening hat es nicht kommen sehen, als er an dem Tag im Juni ins Auto stieg. Warum auch. Er fühlte sich gut. Und überhaupt hatte er die epileptischen Anfälle immer nur in der Nacht. Doch dieses Mal war es anders. Es geschah auf dem Weg zur Arbeit. In den frühen Morgenstunden. Der junge Mann erleidet am Steuer einen Krampfanfall. Er verliert die Kontrolle – und kracht gegen einen Baum. „Ich hätte tot sein können“, sagt er. Doch zu dem Zeitpunkt weiß er noch nicht, dass das erst der Anfang ist. Dass das Schicksal noch einige Hürden für ihn bereithält.

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Der Unfall ereignete sich am 2. Juni 2021 auf der Hünsborner Straße (L 905). Der junge Mann aus Hünsborn war in Richtung Wenden unterwegs. Kurz vor dem Hotel Berghof kam er von der Fahrbahn ab (unsere Zeitung berichtete). Dann prallte der Opel frontal vor einen Baum. Die Wucht des Aufpralls war so stark, dass der Motorblock herausgerissen wurde. Der Pkw kippte auf die Fahrerseite, blieb im Straßengraben liegen. „Ich bin im Wagen wach geworden“, erinnert sich Peter Kriening. „Dann erst wieder im Rettungswagen. Überall waren Ärzte und Sanitäter um mich rum.“ Er erleidet schwere Verletzungen. Seine Lunge wurde gequetscht. Brustbein, Rippen und Nase gebrochen. Mehrere Prellungen und Platzwunden.

Angst, Panik und Hilflosigkeit

Nach drei Tagen wird der heute 30-Jährige aus dem Krankenhaus entlassen, darf sich zuhause auskurieren. Sein Zuhause ist in Hünsborn. Dort lebt er mit seiner Frau Chiara (26) und seinen beiden Kindern. Die Große ist zweieinhalb Jahre alt, der Kleine gerade elf Monate. Alle haben gelitten. Die Nachricht von dem Unfall. Das Drama, das Chaos – die Angst um den Familienvater. Chiara Kriening erinnert sich an jedes Detail. Sie hatte nicht mitbekommen, wie er an diesem Morgen das Haus verlassen hat. Eigentlich schreibt er immer eine Nachricht, wenn er auf der Arbeit angekommen ist. Doch da kam nichts. Und dann klingelte es an der Tür. Einmal, zweimal, dreimal. Chiara Kriening sieht den Schriftzug der Polizei, der Feuerwehr durch die Glasscheibe – und fängt an zu schreien. Nein, das durfte nicht sein. Peter dufte nichts passiert sein. Panik, Angst, Hilflosigkeit – es ist kaum in Worte zu fassen. „Die Klingel mussten wir danach wegwerfen“, erzählt Chiara. „Den Ton konnte ich nicht mehr ertragen. Und manchmal, wenn ich Autotüren höre, denke ich, gleich klingelt es wieder.“

Der zerstörte Wagen von Peter Kriening nach dem Unfall auf der Hünsborner Straße.
Der zerstörte Wagen von Peter Kriening nach dem Unfall auf der Hünsborner Straße. © WP | Kai Osthoff

Peter Kriening übersteht den Unfall. Bleibende Schäden hat er nicht davon getragen. Zumindest keine physischen. Er will schnell wieder arbeiten. Schließlich hatte der gelernte Maschinenanlagenführer erst einen Tag vor dem Unfall seine neue Arbeitsstelle angetreten. Und er weiß, wie schnell man seinen Job verlieren kann – wegen seiner Epilepsie, sagt er. Denn nach einem Krampf kann er nicht sofort wieder arbeiten, hat daher mehr Krankentage als gewöhnlich. Die Folge: Verträge werden nicht verlängert. „Der offizielle Grund ist das natürlich nie“, erklärt Peter Kriening. „Ich antworte ehrlich, wenn man mich auf die Fehltage anspricht. Soll ich lieber lügen?“

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Doch dieses Mal sollte es anders laufen. Peter Kriening hatte ein gutes Gefühl, die Chefetage zeigte Verständnis für seine Erkrankung. Doch er täuschte sich. Nach seinem Unfall sollte er die Urlaubsvertretung für einen Kollegen übernehmen, erzählt er. Aber das ging nicht. Ein Neurologe hat Peter Kriening attestiert, dass er nicht alleine arbeiten und keine Nachtschicht übernehmen darf – eben wegen des Risikos, einen Anfall zu erleiden. Die Firma kündigte ihn in der Probezeit – soll ihm aber einen anderen, besser geeigneten Arbeitsplatz in Aussicht gestellt haben. Eine gute Lösung, fand das Paar. Doch daraus wurde nichts. „Man wird hingestellt wie ein Mensch dritter Klasse“, sagt Peter Kriening. „Keiner will einen. Das ist mehr als belastend. Ich habe eine Familie, für die ich sorgen muss.“

Autofahren ist nicht möglich

Chiara Kriening ist frühzeitig aus der Elternzeit raus, hat sich einen Job gesucht. Anders ist es nicht möglich. Und auch Peter Kriening arbeitet nebenher auf Mini-Job-Basis – sucht aber verzweifelt nach einer Festanstellung. Bislang erfolglos. Ein zusätzliches Problem: Er darf aufgrund seiner Erkrankung kein Auto fahren. Erst, wenn er ein Jahr keinen Anfall hatte. Das heißt, er sucht eine Stelle rund um Hünsborn. Er hat zwar einen Schwerbehinderten-Ausweis, doch fehlt ihm ein Merkzeichen, durch das er einen Anspruch auf einen Fahrdienst hätte. „Seine Termine sind meine Termine“, bringt es Chiara Kriening auf den Punkt. Doch mit zwei Kindern und einer Arbeitsstelle ist das für die junge Frau sehr belastend.

Eine Umschulung wäre vielleicht eine Lösung. Ein entsprechender Antrag für eine Förderung ist gestellt – allerdings schon im August, erzählt das Paar. Und überhaupt: Eine Umschulung dauert. Für Familie Kriening wird es schon im März kritisch. Denn dann fällt das Elterngeld weg, die Kosten für den Abtrag und den Unterhalt ihres Heimes in Hünsborn werden übermächtig.

Peter Kriening weiß nicht mehr weiter. Als er damals seine Ausbildung zum Maschinenanlagenführer gemacht hatte, hatte er die epileptischen Anfälle nicht. Sonst hätte er sich einen anderen Beruf ausgesucht. Doch er hatte schon seit Juli keinen Anfall mehr. Außerdem kann er ja arbeiten – nur eben nicht allein und nicht in der Nacht. „Ich möchte auch arbeiten“, betont der Familienvater. „Ich brauche jetzt ganz dringend einen Job.“