Attendorn. Tom Pungel aus Attendorn gerät wegen Corona in Kurzarbeit. Er ändert seinen Lebensplan. Nun will er als Gitarren-Lehrer durchstarten.

Tom Pungel hat schon früh mit der Musik angefangen. „Eigentlich spiele ich Instrumente, seitdem ich Gegenstände greifen kann“, sagt der 41-Jährige aus Attendorn und lacht. Im Alter von 4 Jahren brachte ihm sein Vater während des Urlaubs das Spielen auf der Mundharmonika bei. Später spielte er Trompete im Chor, dann kamen Violine, Klavier und Akkordeon dazu. „Mein Herz hängt aber an der Gitarre“, betont Tom Pungel. Es ist eine Leidenschaft, die er teilen möchte.

Logistiker, Matrose, obdachlos, leitender Angestellter, Kurzarbeit

Tom Pungel kann auf ein bewegtes Leben zurückblicken. Er machte eine Ausbildung zum Logistiker, war als Matrose mehrere Monate auf See unterwegs, war zwischenzeitlich obdachlos, dann wieder leitender Angestellter. Als die erste Corona-Welle über Deutschland zusammenbrach, geriet er als Beschäftigter in der Automobilindustrie in Kurzarbeit. Nur die Musik war eine verlässliche Konstante auf seinem Weg. „Als ich schließlich in Kurzarbeit gerutscht bin, habe ich überlegt, ob und wie ich mein Talent in Zukunft nutzen kann“, sagt er. Und: Er findet eine Nische für sich.

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„Ich möchte Schülern ohne Druck und einem übergestellten Klassenziel die Freude an Musik vermitteln. Als mobiler Gitarrenlehrer“, fasst Tom Pungel zusammen. Heißt: Er kommt zu den Schülern nach Hause, um in der vertrauten Umgebung zu unterrichten. Es soll ein niederschwelliges Angebot sein, das sich von dem Selbstverständnis von Musikschulen abgrenzt. „Mir ist das Konzept an Musikschulen zu festgefahren. Ich möchte stattdessen viel freier und ungezwungener mit den Schülern zusammenarbeiten. Die Schüler sollen das Gefühl haben, dass individuell auf sie eingegangen wird und sie kein vorher bestimmtes Ziel in einem Lehrplan verfolgen müssen.“ Nur so – da ist sich Tom Pungel sicher – könne das Musikinteresse langfristig Bestand haben.

Von Flippers bis AC/DC

Der 41-Jährige hat selbst nie eine Musikschule besucht. Stattdessen hat er sich alles, was er heute kann, im Eigenstudium oder in Fernkursen beigebracht. „Im Grunde kann ich alles spielen, wo sich Gitarre und Gesang die Waage halten. Von Flippers bis AC/DC“, erzählt Pungel. Er selbst ist mit Deutschem Country groß geworden, hat sogar ein Autogramm von Tom Astor, der auf seinem Gitarrenschlagschutz nach einem Konzert unterschrieben hatte. Zu seinen Gitarren-Idolen zählen allerdings andere. Vorneweg: Billy Joel, Marc Knopfler und Tommy Emmanuel. „Gerade Tommy Emmanuel würde ich gerne mal live sehen und Backstage treffen. Er ist ein begnadeter Musiker, von dem ich einige Bücher und CDs zuhause habe“, sagt Pungel.

Im Frühjahr 2022 möchte sich Tom Pungel als mobiler Gitarren-Lehrer selbstständig machen und seinen Schülern die Freude an der Musik vermitteln.
Im Frühjahr 2022 möchte sich Tom Pungel als mobiler Gitarren-Lehrer selbstständig machen und seinen Schülern die Freude an der Musik vermitteln. © Gerrit Cramer

Schon jetzt bietet Tom Pungel kostenlose Gitarren-Lektionen auf seinem Youtube-Kanal an. In den Videos vermittelt er vor allem Grundwissen und Anleitungen für „Lagerfeuer-Musik“, wie er es nennt. Im Frühjahr 2022 möchte er dann so richtig durchstarten. Als Gitarren-Lehrer in Vollzeit. Drei Lehrbücher über das klassische Gitarrenspiel habe er schon fertig gestellt, bislang aber noch keinen Verleger gefunden. „Alle Verlage, die ich angeschrieben habe, haben abgelehnt. Weil ich zu unbekannt bin.“ Deswegen versucht er aktuell über Social-Media-Kanäle wie Facebook und Instagram eine kleine Community aufzubauen. Und darüber vielleicht auch schon den ein oder anderen zukünftigen Schüler zu begeistern.

Musik soll Gegenüber abholen

Ob Liedbegleitung, klassische Konzertgitarre nach Noten, E-Gitarre oder Finger-Style: Tom Pungel bietet für jeden Bereich und jedes Niveau den passenden Kurs an. Er hat sogar ein paar Leih-Gitarren im Bestand für diejenigen, die (noch) keine eigene Gitarre haben. Wichtig ist ihm, dass er mit der Musik sein Gegenüber abholt. So verfährt er auch bei seinen Auftritten, die er hin und wieder in der Region gibt. „Da spiele ich auch nicht für mich, sondern für die Menschen vor Ort. Es ist immer der Situation angepasst.“ Wenn er im Haus Mutter Anna in Attendorn spielt, legt er seinen Fokus auf Heimatlieder. Wenn er als Vorband im Studio A auftritt, spielt er eher Pop-Rock aus den 70er- und 80er-Jahren. Wenn er in der Vorweihnachtszeit Kinder zum Mitsingen animieren möchte, spielt er zum Beispiel „In der Weihnachtsbäckerei“ von Rolf Zuckowski.

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„Als Lehrer möchte ich gerne die nächste Musiker-Generation ausbilden. Als Künstler möchte ich einfach nur da sein“, fasst Pungel seine Zukunftsziele zusammen. Er möchte Bestand haben. Er ist sich bewusst, dass der Schritt in die Selbstständigkeit eine Herausforderung wird. „Aber ich denke, dass mein Konzept aufgehen wird. Außerdem habe ich wunderbare Menschen in meinem Umfeld, die an mich glauben. Ich bin nicht allein.“