Attendorn. Unter dem Motto „Shalom Attendorn“ stehen wieder einige Ereignisse für die Initiative und die Stadt an. Stolpersteine werden gereinigt.

Die feierliche Einweihung der Gedenkstele auf dem jüdischen Friedhof in Anwesenheit vieler Nachfahren der aus Attendorn deportierten und vertriebenen jüdischen Bewohner war am 7. November 2018 der emotionale Höhepunkt von „Shalom Attendorn 2018“. Mit zahlreichen Veranstaltungen erinnerte die Initiative Jüdisch in Attendorn an den 80. Jahrestag der Novemberpogrome, bei denen auch in der Hansestadt jüdische Bürger angegriffen, gedemütigt und ihr Eigentum verwüstet wurde. In den nächsten Tagen stehen unter dem Motto „Shalom Attendorn 2021“ wieder bedeutende Ereignisse für die Initiative und die Stadt an.

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Nach der Reinigung der 14 Stolpersteine am Freitag unter dem Motto „Geh Denken“ stehen in Zusammenarbeit mit dem Südsauerlandmuseum und der Hansestadt Attendorn am Samstag ab 16 Uhr vier wichtige Punkte auf dem Programm, über die Hartmut Hosenfeld und Tom Kleine von der Initiative Jüdisch in Attendorn informieren.

Der Minna-Ursell-Platz

In seiner Sitzung am 2. September 2020 hat der Hauptausschuss einstimmig beschlossen, den Bereich zwischen den Einmündungen Breite Techt und Wasserstraße im Stadtzentrum in Minna-Ursell-Platz umzubenennen. An dieser Stelle befand sich der letzte Gebetsraum der früheren jüdischen Gemeinde. Darauf weist die im Jahr 1988 errichtete Gedenktafel hin. Die Initiative Jüdisch in Attendorn hatte mit Schreiben vom 11. September 2018 darum gebeten, den Bereich vor der Gedenktafel Im Hohl in Minna-Ursell-Platz zu benennen.

Die Minna-Ursell-Stiftung setzte sich konfessionsübergreifend für Arme ein und spendete dem Attendorner Krankenhaus einen Röntgenapparat.

Buchpräsentation

Aufgrund des weltweit großen Interesses, insbesondere bei den Nachfahren der jüdischen Familien Attendorns, wurde das vom Kreis Olpe im Jahr 2006 aufgelegte und seither vielbeachtete Buch „Jüdisch in Attendorn“ von Buchautor Hartmut Hosenfeld in eine englische Version „The Jews of Attendorn“ übersetzt. Übersetzerin Charlotte Pattenden wird bei der Buchpräsentation ebenso anwesend sein wie Vertreter des Kreises Olpe, der Stadt Attendorn und der an diesem Projekt beteiligten Sponsoren.

Klezmer-Stück

Die Hansestadt bekommt ein eigenes Klezmer-Stück mit dem Titel „Fun tiefn harzn“ (Aus tiefem Herzen“) – komplett komponiert, überarbeitet und orchestriert in Attendorn. Verantwortlich hierfür sind neben der Initiative Jüdisch in Attendorn als Ideengeber der Komponist Lukas Steinberg und das sechsköpfige Klezmer-Ensemble „Klez4Mix“ der städtischen Musikschule. Komponist Steinberg wird bei der Uraufführung anwesend sein.

Porträtübergabe

„Kommen wir nun zu einem wahren Krimi“, machen es Hartmut Hosenfeld und Tom Kleine spannend. Hier ist ihr Bericht dazu: „Vor ca. einem Jahr suchte die Kunstsammlerin Lucy Mumford aus Wales den Kontakt zum Stadtarchiv Attendorn und zu unserer Initiative. Bei einer Auktion hat sie aus Zufall ein in Öl gemaltes Porträtbild ersteigert, welches mit dem Schriftzug „A.A. Ursell“ verziert ist. Es handelt sich um ein Porträt des jüdischen Attendorner Fabrikanten Aaron Abraham Ursell (*1802 in Attendorn, +1882 in Attendorn). Dieses Portrait wurde in den 1830er Jahren in Berlin angefertigt und gelangte vermutlich in den 1930er Jahren mit der Flucht des gebürtigen Attendorner Juden Siegfried Ursell vor den Nazis aus Deutschland nach Großbritannien. Zuletzt hing es in einem walisischen Restaurant, dessen Inventar nach einer Geschäftsausgabe nun versteigert wurde.

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Nach der Kontaktaufnahme entwickelte sich ein (…) andauernder Recherche-Krimi, an der neben Monika Löcken, Otto Höffer, Hartmut Hosenfeld, Lucy Mumford nicht zuletzt die Ursell-Angehörigen in aller Welt beteiligt waren. Mit dem Ergebnis, dass dieses Gemälde nun dem Südsauerlandmuseum als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellt wird und damit den Weg zurück nach Attendorn findet. Nach Einschätzung von Museumsleiterin Monika Löcken handelt es sich um einen wahren „Sensationsfund“ für das Südsauerlandmuseum.

Lucy Mumford wird das Porträt persönlich übergeben. Die Veranstaltungen beginnen am Samstag um 16 Uhr auf dem Minna-Ursell-Platz. Danach geht es in die Aula des Rivius-Gymnasiums. Hier finden unter Einhaltung der 3G-Regel die drei weiteren Veranstaltungen (Buchübergabe, Klezmer-Stück und Übergabe des Ursell-Porträts) statt. Die Veranstaltungsdauer beträgt insgesamt ca. zwei Stunden.

Reinigen der 14 Stolpersteine

Die Initiative „Jüdisch in Attendorn“ lädt am Freitag unter dem Motto „Geh Denken“ wieder zum öffentlichen Reinigen der 14 Stolpersteine ein. Zu Beginn der 1990er Jahre hat der Kölner Künstler Gunter Demnig das Projekt „Stolpersteine“ ins Leben gerufen.

Auf den 10 x 10 cm großen Granitquadern mit eingelegter Messingplatte sind der Name, der Geburtstag und -ort sowie der Todestag der jüdischen Menschen eingraviert, die während der Schreckensherrschaft der Nationalsozialisten in den Konzentrationslagern oder anderswo umgebracht wurden oder die den Freitod vor dem befohlenen Abtransport wählten. Die Steine sind vor Wohnungen oder besonderen Plätzen, die für die ehemaligen Bewohner von besonderer Bedeutung waren, verlegt worden.

In Attendorn wurden in den Jahren 2006 und 2008 insgesamt 14 Stolpersteine an vier Standorten in der Niederste Straße, Kölner Straße, Wasserstraße und Am Gerbergraben/Bleichergasse verlegt. „Die Messingplatten müssen von Zeit zu Zeit gereinigt werden. Gleichzeitig kann damit das Gedächtnis der Bevölkerung aufpoliert werden“, erklären Hartmut Hosenfeld und Tom Kleine von der Initiative Jüdisch in Attendorn.

Der Termin liegt um die Jahrestage der Novemberpogrome vom 9. und 10. November 1938. An diesen beiden Tagen wurden auch die Juden in Attendorn zu Opfern der von den Nationalsozialisten von langer Hand geplanten Übergriffe. Neben der Reinigung der Stolpersteine werden die Initiatoren bei dieser etwa einstündigen Veranstaltung am Freitag an jedem Standort Informationen zu den betreffenden Opfern des Holocaust vermitteln. Jede(r) ist willkommen, die Reinigungsmittel bringen die Initiatoren mit. Treffpunkt ist um 15 Uhr vor der Rossmann-Filiale in der Wasserstraße.