Attendorn/Finnentrop. Ein Mann aus Finnentrop muss ins Gefängnis, weil er eine frühere Freundin mehrfach verletzt hat. Er würgte sie, schlug und trat auf sie ein.

„Wenn er nüchtern ist, ist er handzahm. Richtig lieb“, erklärt die Zeugin mit schwerer Stimme. Im betrunkenen Zustand habe sie Angst vor ihm. Drei Vorfälle sind angeklagt, in denen der Angeklagte die 37-Jährige in den jeweiligen Wohnungen in Attendorn und Finnentrop gewürgt, getreten, geschlagen und gebissen haben soll. Beide haben ganz offensichtlich ein erhebliches Alkoholproblem.

Im Februar 2021 soll der Mann (40) seine frühere Gefährtin grundlos von hinten gewürgt und mit dem Gesicht in eine Matratze gedrückt haben. Im März biss er sie nach der Anklage im Zusammenhang mit einverständlichem Geschlechtsverkehr in Brust und Schultern, mit deutlich sichtbaren Spuren. Im April schließlich kam es nach den Ermittlungen zu einer heftigen Attacke mit Schlägen und Tritten, bei der das mutmaßliche Opfer unter anderem eine große Platzwunde am Hinterkopf erlitt, die genäht werden musste.

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Das Hauptproblem für Amtsrichterin Nicole Höhmann: Der Angeklagte gibt vor, keine Erinnerung zu haben. Die Zeugin hat ähnliche Probleme. „Ich würde ja gerne was sagen, aber ich kann nicht“, behauptet der schlaksige Mann auf der Anklagebank. Er könne sich an keinen der Vorfälle erinnern. Er leide seit einiger Zeit unter Filmrissen, sei mehrfach bewusstlos aufgefunden und ins Krankenhaus gebracht worden. Da sei Zucker festgestellt worden. Damit müsste auch die mangelnde Erinnerung an die angeblichen Taten zusammenhängen. Wobei er allerdings die Glaubwürdigkeit seiner „Ex“ – inzwischen hätten sie sich getrennt – massiv zu untergraben versucht. „Wir waren immer randvoll. Sie hat ein schweres Alkoholproblem. Ich darf ja jetzt wegen dem Zucker nicht mehr saufen“, lässt er die Vorsitzende wissen. Die Zeugin habe es nicht so mit der Wahrheit, „sie kann gut auf die Tränendrüse drücken“, sagt er und atmet ähnlich schwer, wie die junge Frau auf der anderen Seite.

Kaum Erinnerung an Einzelheiten

Die Zeugin ist sichtlich und hörbar belastet, kann sich an Einzelheiten kaum erinnern. Die Amtsrichterin gibt sich alle Mühe, die wenigen Fakten zumindest halbwegs mit den Daten und Angaben in der Anklageschrift überein zu bringen. Was ihr schließlich mit Hilfe polizeilicher Aussagen, Fotos von der Zeugin nach den Vorfällen und Attesten soweit gelingt, dass es zu einer Verurteilung reicht.

Die Zeugin bringt glaubwürdig vor, selbst viel getrunken, bei den Angriffen des Angeklagten Todesangst empfunden zu haben und deutet an, dass es auch früher schon zu ähnlichen Momenten gekommen sein muss. Sie hätten immer wieder gestritten, sich zwischendurch auch einige Wochen nicht gesehen. Der Mann habe randaliert, die Tür eingetreten, sie gewürgt und aufgefordert, sich doch zu wehren, sie wolle es doch so. Sie sei sicher gewesen, er wolle sie töten.

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Der Angeklagte hat seit 1999 insgesamt 14 Eintragungen im Bundeszentralregister gesammelt, Alkohol- und Verkehrsdelikte, Drogen, Diebstahl, aber auch immer wieder Körperverletzungen waren dabei. Er hat auch schon Haft verbüßt und soll dies nun nach dem Willen der Vorsitzenden wieder tun. Sie unterstreicht die Glaubwürdigkeit der Zeugin, wertet den ersten Würgefall mit Todesangst als gefährliche Körperverletzung und kommt mit den beiden weiteren Taten auf eine Gesamtstrafe von neun Monaten.

Wie schon die Anklagevertreterin sieht sie keinen Raum für eine Bewährung. Der Mann aus Finnentrop sei ohne Reue, habe die Zeugin verantwortlich machen wollen. Die habe dagegen noch gut von ihm gesprochen.