Drolshagen/Lüdenscheid. Die hochschwangere Kristine Bese aus Drolshagen gerät bei Fahrt in die Klinik in den Stau. Polizei eilt zur Hilfe. So geht es ihrem Baby heute.

Eine Geburt ist immer aufregend. Schon Wochen im Voraus wächst die Anspannung. Die Eltern bereiten sich vor, gehen das Szenario im Kopf durch – damit auch alles gut organisiert ist, wenn es soweit ist. So auch Kristine und Eduard Bese aus Drolshagen. Doch als sich am Samstagmorgen die ersten Wehen ankündigen, hätten sich die jungen Eltern noch nicht träumen lassen, was sie gleich erwartet. Aber wer rechnet auch schon mit einer Polizeieskorte bis ins Krankenhaus?

Es ist Samstag, der 2. Oktober. Schon am Morgen bemerkt Kristine Bese die Schmerzen. Sind das Wehen? Die 30-Jährige ist sich nicht sicher. Immerhin sind es noch zwei Wochen bis zum errechneten Geburtstermin. Sicherheitshalber packt sie ihre Tasche. Die Schmerzen werden stärker – am frühen Nachmittag geht es richtig los. Kristine Bese weckt ihren Mann, der sich nach seiner Nachtschicht zunächst noch hingelegt hatte. Jetzt muss alles schnell gehen. Sie schnappen sich ihre beiden Kinder und steigen ins Auto. Ziel ist das Klinikum Lüdenscheid. Hier ist die gelernte Friseurin selbst zur Welt gekommen, hier hat sie Kirill (7) und Alissa (5) geboren – und hier sollte eben auch die kleine Anna das erste Mal die Augen öffnen. Mit dem Auto geht es auf die A45 – direkt in den Stau. „Ab da habe ich schon fast nichts mehr wirklich mitbekommen“, sagt die junge Mutter, die in ihrem Zimmer in der Klinik sitzt, während Anna friedlich in ihrem Bettchen schlummert. „Ich weiß noch, wie man Mann fragte, ‘was machen wir denn jetzt?’. Ich hatte noch geantwortet, dass wir wahrscheinlich warten müssen.“

Die Wehen werden stärker

Warten? Das kommt für den werdenden Vater nicht infrage. Denn schnell wird klar, dass sich auf der Autobahn ein Unfall ereignet hatte – und das kann schließlich dauern. Eine hochschwangere Frau mit Wehen, zwei unruhige Kinder – es herrscht Aufregung im Auto. „Ich habe erst überlegt, rückwärts bis zur Ausfahrt zurückzufahren“, erzählt der 31-jährige Zerspanungsmechaniker. „Aber das war mir dann zu riskant.“ Also ruft er die Polizei an, bittet um Hilfe. Denn mittlerweile kommen die Wehen regelmäßig, alle zwei bis zweieinhalb Minuten. „Ich hatte sehr starke Schmerzen“, erzählt Kristine Bese. „Ich habe zwar nicht geschrien, war aber kurz davor.“

Kristine Bese und ihr Ehemann Eduard Bese halten ihre Tochter Anna im Arm. Hier mit Hebamme Gülce Sultannur und Omar Daradkeh, Assistenzarzt Gynäkologie am Klinikum Lüdenscheid.
Kristine Bese und ihr Ehemann Eduard Bese halten ihre Tochter Anna im Arm. Hier mit Hebamme Gülce Sultannur und Omar Daradkeh, Assistenzarzt Gynäkologie am Klinikum Lüdenscheid. © WP | Verena Hallermann

Eine Geburt im Auto? Nein, das gilt es zu vermeiden. Es dauert nicht mal zehn Minuten, bis ein Streifenwagen der Autobahnpolizeiwache Freudenberg angerauscht kommt. Eduard Bese steht auf der Straße, winkt den Beamten zu. Und dann geht es auch schon los. Und zwar durch die Rettungsgasse. Mit Martinshorn und Blaulicht. Und Vollgas – zumindest, soweit es die Verkehrsteilnehmer zuließen. Nicht nur, dass die Rettungsgasse teilweise nicht ganz sauber gebildet war – einige hupten das Auto-Duett auch an. „Die hatten vermutlich gedacht, wir hätten uns einfach an das Polizeiauto gehängt, um aus dem Stau rauszukommen“, sagt Eduard Bese. „Aber wer würde sich sowas schon trauen?“

In nur wenigen Minuten

Dann kommen sie am Klinikum Lüdenscheid an. Vor Ort warten schon die Eltern der Hochschwangeren, nehmen die beiden Kinder in Obhut. Und dann geht es um 15.37 Uhr in den Kreißsaal – 15.57 Uhr ist die kleine Anna auch schon da. Putzmunter und gesund. „Ja, das ging wirklich schnell“, sagt Kristine Bese. Anders als bei meiner ersten Geburt. Das hatte von morgens neun Uhr bis Mitternacht gedauert.“

Und jetzt sitzen die jungen Eltern da, in dem Zimmer im Klinikum Lüdenscheid, schauen ihre kleine Anna an und sind dankbar. Dankbar für das kleine Wunder, das ihnen gewährt wurde. Dankbar für die Hilfe der Polizei. „In dem Moment sind alle Schmerzen vergessen, wenn man sein Kind dann sieht“, sagt Kristine Bese. „Dann weiß man, dass es nicht umsonst war.“ Gleich steht noch eine Untersuchung an. Dann darf Anna mit ihren Eltern nach Hause nach Drolshagen. Dort warten schon Kirill und Alissa ganz sehnsüchtig.

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In ein paar Jahren wird Anna ganz gespannt lauschen, wenn ihre Eltern ihr das erste Mal von ihrem Geburtstag erzählen. Fest steht jedenfalls, dass Familie Bese diese Geschichte noch ganz häufig erzählen wird.