Lennestadt/Kreis Olpe. Patienten und Ärzte im Kreis sind für Digitaltechnik in der Allgemeinmedizin, sagt eine Studie der Uni Siegen. Wann kommt der erste DigiDoc?

Stellen Sie sich vor, Sie können demnächst kurz und schmerzlos auf einer Internetseite Termine bei allen möglichen Ärzten buchen, Ihrem Hausarzt oder geschulten Fachangestellten per PC oder Handy die wichtigsten Basisfragen schon vor der Behandlung beantworten. Und wenn der eigene Hausarzt nicht verfügbar ist, verbindet die Praxis digital, also per Videoschaltung mit einem anderen Arzt des Vertrauens. Noch ist es nicht soweit, aber in Zukunft durchaus machbar und sowohl bei Ärzten wie Patienten gewollt.

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Die ist die wichtigste Erkenntnis aus der Machbarkeitsstudie „DigiDocs“, die das Forschungskolleg und die Lebenswissenschaftliche Fakultät der Uni Siegen zusammen mit der Stadt Lennestadt und niedergelassenen Ärzten in Lennestadt und Kirchhundem durchgeführt hat, eine von mehreren Untersuchungen im Dreiländereck Südwestfalen, Kreis Altenkirchen und Lahn-Dill-Kreis. Selbst die Wissenschaftler an der Uni Siegen zeigten sich on den recht eindeutigen Ergebnissen überrascht. „Lennestadt hat mit dem Projekt eine Vorreiterrolle eingenommen“, bilanzierte Dr. Olaf Gaus, geschäftsführender Leiter des Projekts, am Dienstagabend im zuständigen Fachausschuss. Hintergrund der Studie ist die Prognose, dass es auch in Lennestadt und Kirchhundem in fünf bis zehn Jahren zu einem Hausarztmangel kommen wird, weil viele Mediziner aus Altersgründen aus dem Job ausscheiden. Ein Problem, dass alle Kommunen im Kreis Olpe einholen wird.

14 Praxen befragt

In vielen Einzelgesprächen mit 14 Hausarztpraxen, elf in Lennestadt und drei in Kirchhundem, Online- Patientenbefragungen, von denen 1278 Aussagen verwertet werden konnten (Gaus: „Bei der Bürgerbefragung wurden unsere Erwartungen mehr als getoppt“) hatten die Forscher versucht Zustimmung, Vorbehalte und die Grundstimmung für digitale Unterstützungsmethoden in der hausärztlichen Behandlung auszuloten.

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Die Ergebnisse: Grundsätzlich halten Ärzte den Einsatz digitaler Technik für gut, aber das Vertrauensverhältnis Arzt-Patient darf nicht belastet werden. Geeignete Zielgruppe sind jüngere chronisch kranke Patienten, aber auch Ältere sind der neuen Technik mehr und mehr aufgeschlossen. Besonders psychiatrische Erkrankungen sind ein wichtiges Anwendungsgebiet für Videosprechstunden. Auch die Patienten sind offen für digitale Unterstützungsmethoden. Online-Terminvergabe und Online-Rezeptausstellung sehen die meisten unkritisch. Vorbehalte gibt es noch gegen reine Videosprechstunden, E-Mail-Datenaustausch und Gesundheits-Apps. Dass ein Hausarzt für Standardbehandlungen digital an einen anderen Kollegen oder eine Kollegin weiterverbindet, ist für viele kein Problem, wenn der Arzt aus der Nachbarschaft kommt oder zum Beispiel ein bekannter Mediziner im Ruhestand ist. Gegen fremde, auswärtige Ärzte gibt es dagegen Vorbehalte.

Praxistest erfolgreich

In einem Praxistest im Juni mit zwei Ärzten und vier Probanden wurden Behandlungsmodelle mit digital Unterstützung durchgespielt. Ergebnis: Die Mediziner erkennen die Effizienz, haben durch Flexibilität und Ortsunabhängigkeit mehr Zeit für Patienten und auch bei den Probanden ging der Daumen nach oben. Auf den Punkt gebracht: Die Patienten wollen mehr Zeit mit dem Arzt und weniger Zeit beim Arzt, also im Wartezimmer.

Wie gehts weiter: Das Projekt soll unter dem Arbeitstitel „LenneDocs“ weitergeführt werden. Stadt, Uni und Ärzte sind dabei. Nun sollen die Kassenärztliche Vereinigung und die Krankenkassen mit ins Boot geholt werden, denn das Ganze muss schließlich auch bezahlt werden.