Elspe. Wolfgang Niedecken (BAP) kommt mit einem Bob-Dylan-Abend nach Elspe. Mit uns spricht er über seine Dylan-Faszination und Wut auf Querdenker.

Als BAP-Frontmann gehört Wolfgang Niedecken zu den bekanntesten deutschen Rockmusikern. Bob Dylan wiederum gilt als einer der wichtigsten Musiker der Welt. Am Donnerstag, 9. September, treffen sie auf der Bühne des Elspe Festivals in Lennestadt zumindest musikalisch aufeinander: Wolfgang Niedecken liest und singt Bob Dylan, gemeinsam mit dem Pianisten Mike Herting.

Im Interview erzählt er, welche Erinnerungen Karl May in ihm weckt, was die Fans in Elspe erwarten können und warum ihn Querdenker so wütend machen.

Auf der Bühne in Elspe steht normalerweise Winnetou im Mittelpunkt. Haben Sie eine Beziehung zu den Geschichten von Karl May?

Als ich in den 1950er Jahren aufgewachsen bin, gehörte es einfach dazu, Karl May zu lesen. Wir waren Pfadfinder, da waren die abenteuerlichen Geschichten eine Zeitlang wunderbarer Lesestoff. Vor allen Dingen: Ich war im Internat und viele Bücher wurden uns verboten. Da fiel immer der Begriff „Schund“. Aber Karl May war erlaubt. Obwohl es ja genau genommen eigentlich Schund ist. Aber ich habe es sehr genossen und fand nachher – so als 12-, 13-Jähriger – auch die Winnetou-Filme toll. Ich war natürlich auch verliebt in Nscho-tschi, es war wunderbar.

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Sie werden in Elspe einen Abend rund um Bob Dylan präsentieren. Wie gut passt das in diese besondere Western-Kulisse?

Das muss man doch alles mit Humor nehmen. Sind denn da auch Kulissen von Wild-West-Städten?

Ein Saloon und Tipis gehören schon dazu, ja.

Das ist ja sensationell. Ich bin sehr gespannt und freue mich darauf.

Bob Dylan brachte Niedecken zur Musik

Blicken wir auf den Abend am 9. September voraus: Was fasziniert Sie an der Musik und an der Person von Bob Dylan so sehr?

Ich wäre ohne Bob Dylan wahrscheinlich nie auf die Idee gekommen, Songs zu schreiben. Ich habe in meiner Schülerband zunächst Bass gespielt, weil ich totaler Beatles-Fan war und Paul McCartney ganz toll fand. Unser damaliger Sänger brachte dann irgendwann die neue Single von Bob Dylan „Like a Rolling Stone“ mit. Er hatte den Text schon rausgeschrieben. Und das war wie ein Blitzeinschlag. Von dem Moment war nichts mehr wie vorher. Die Beatles-Texte waren, wenn man mal ehrlich ist, eher gehobene Schlager-Texte. Da war nicht viel an Poesie dran. Das war bei Bob Dylan ganz anders. Als unser Sänger dann aufhörte, habe ich gesagt: Komm, ich mache jetzt den Sänger. Ich will so Texte schreiben wie der Typ mit der Sonnenbrille und die dann auch singen.

Sie haben dann nach der Schule erst mit der Malerei begonnen, bevor Sie Musiker wurden. Stimmt es, dass Sie nur wegen Bob Dylan wieder zurückgewechselt sind?

Ja, das stimmt. Während des Malerei-Studiums habe ich Dylan aus dem Blick verloren. Das war auch eine Zeit, als ich mit den neuen Alben nicht viel anfangen konnte. 1975 erschien dann das sehr wichtige Dylan-Album „Desire“ und das hat mich wieder zurückgeholt. Da habe ich auch wieder angefangen, Musik zu machen und das hat dann schließlich zu BAP geführt.

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Auch von Bob Dylan weiß man, dass er nicht nur musikalisch, sondern auch künstlerisch tätig ist. Es gibt also durchaus einige Parallelen zwischen Ihnen beiden. Wo sehen Sie auf der anderen Seite die größten Unterschiede?

Das ist eine andere Liga: Bob Dylan ist ein internationaler Weltstar und ich spiele da, wo man noch halbwegs Deutsch spricht. Da sind jede Menge Unterschiede. Aber ansonsten glaube ich, dass wir die Welt ganz ähnlich sehen. Ich glaube, dass wir beide herumlaufen wie trockene Schwämme und alles aufsaugen. Und irgendwann werden die Schwämme ausgequetscht und daraus werden dann die Songs. Wir sind auch beide ziemlich rastlos. Wenn wir nicht vor die Leute kommen, werden wir wibbelig. Jetzt über anderthalb Jahre nicht spielen zu können, war schon schwierig und wird auch für ihn schwierig gewesen sein.

Hoffnung auf BAP-Tour im nächsten Jahr

Sie werden einige seiner Texte auch übersetzt vortragen. Wie gut passt das Kölsche zu Bob-Dylan-Songs?

Deutlich besser als Hochdeutsch. Kölsch hat den großen Vorteil, dass man Endungen und Wortanfänge ineinander verweben kann. Und es ist auch eine lässige Sprache. Als Rheinländer singt man ja schon beim Sprechen. Dazu kommt: Ich verstehe die Songs am besten, wenn ich sie bearbeite.

Dabei sind Übersetzungen bei Poesie doch besonders schwierig.

Es gibt Stücke, an denen kann man sich die Zähne ausbeißen. Die sind wahrscheinlich unübersetzbar. Aber andere gehen ganz gut. Ich habe aber auch keine Lust, bei den Übersetzungen noch Wege zu finden, zusätzlich etwas hinein zu interpretieren. Ich versuche, sehr werkgetreu zu bleiben.

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In Elspe erwartet die Besucher eine Mischung aus Lesung und Konzert. Wie viel BAP wird in diesem Abend stecken?

Jede Menge. Wir spielen zum Beispiel auch BAP-Stücke, die etwas damit zu tun haben. Das wird eine ganz, ganz gemütliche, nahbare Veranstaltung. Ursprung des Ganzen war ja eine Reise durch Amerika auf den Spuren von Bob Dylan, die ich im Auftrag von Arte unternommen habe. Da ist ein Fünfteiler fürs Fernsehen entstanden. Ich erzähle Geschichten von dieser Reise.

Mit Ihrer Band gehen Sie dann nächstes Jahr wieder auf große Deutschland-Tour. Glauben Sie, dass solche Konzerte dann wieder ganz normal möglich sein werden?

Ich gebe alles dafür. Aber die Voraussetzung ist, dass sich möglichst viele Leute impfen lassen. Denn nur so werden wir diese Seuche von der Backe kriegen. Wenn wir die Impfmüdigkeit jetzt aber einfach so hinnehmen, werden wir auch nächstes Jahr noch nicht mit BAP spielen. Oder dann wird es die 2G-Regel geben, dass man nur Geimpfte und Gesundete hereinlässt.

Wut auf Querdenker und Verschwörungsideologen

Sie haben sich schon früh und mit deutlichen Worten gegen Corona-Leugner und für die Impfung ausgesprochen.

Ich kriege echt einen Hals, dass es Menschen gibt, die so saturiert sind, dass sie sich noch nicht einmal impfen lassen. Das muss man einfach mal erklären: Alle, die sich nicht impfen lassen, werden früher oder später Corona kriegen. Und die Impfung ist auch ein Zeichen der Solidarität für ganze Berufsgruppen, die seit anderthalb Jahren am Stock gehen. Die Jungs, die bei uns die Bühne aufbauen, die Clubbetreiber, die Konzertveranstalter – für sie alle geht es nur weiter, wenn die Menschen sich impfen lassen.

Andere Musikerinnen und Musiker sind zuletzt hingegen eher mit einer Nähe zu Verschwörungsideologen aufgefallen. Lässt sich das mit der Not der Konzert-Branche erklären?

Es gibt einfach Leute, die haben den Knall nicht gehört, tut mir leid. Solange ich die auch persönlich kenne, versuche ich sie immer noch in Schutz zu nehmen, aber so langsam reicht es. Das ist eine ganz bescheuerte Form von Populismus, die bestimmte Künstler auch in Deutschland, von der Bühne aus verkünden. Nennen wir ruhig den Namen Nena: Nena ist auf dem komplett falschen Dampfer. Wir haben Wissenschaftler, die sich eingehend mit Corona befassen. Da kann man drauf vertrauen. Und wem soll man denn sonst glauben? Irgendwelchen Esoterikern, die Corona mit Globuli behandeln wollen?