Kreis Olpe. Martin Witzel und Ralf Schnell sind Verkehrsunfall-Opferschützer bei der Kreispolizeibehörde in Olpe. So läuft ihre Arbeit ab.

Ralf Schnell bringt es auf den Punkt: „Wie lange schwere Unfälle die Menschen beschäftigen, sieht man an den vielen Unfallkreuzen am Straßenrand. Da kümmert man sich drum. Das ist ein Schicksal, das wirst du nicht wieder los. Die Angehörigen kommen immer wieder in eine Traumaschleife“. Der Polizeihauptkommissar (58) ist mit seinem Kollegen Martin Witzel (55) für Verkehrsunfallopferschutz zuständig. Mit Elmar Beulmann (56), der aktuell Lehrgänge besucht, gibt es demnächst drei Polizeibeamte bei der Kreispolizeibehörde Olpe, die für Gespräche mit Opfern schwerer Verkehrsunfälle zur Verfügung stehen. „Opferschutz bzw. Opferhilfe sind für uns selbstverständlich. Es gilt, psychische Belastungen zu verhindern bzw. zu mildern“, so die Polizeibeamten.

Beamte machen Gesprächsangebot

„Nicht nur Unfallbeteiligte, auch Ersthelfer, Zeugen und Familienangehörige bekommen von uns ein Gesprächsangebot“, berichtet Witzel. Die Verkehrsunfallopferschützer kämen nach den Polizeibeamten, die den Unfall aufnehmen und an das Verkehrskommissariat weiterleiten, als Dritte zum Zuge. „Viele Unfälle sind das Ergebnis einer in diesem Moment getroffenen Fehleinschätzung oder/und die Verkettung von unglücklichen Umständen. Das muss jeder für sich erstmal realisieren. Da können Gespräche mit erfahrenen Polizeibeamten helfen“, sagt Elmar Beulmann. Die Betroffenen erhalten einen Anruf oder werden von den Beamten angeschrieben. Sie erhalten auf diesem Wege Infomaterial von den Beamten.

Meistens, so Witzel, wünschen sie sich ein Gespräch in den eigenen vier Wänden: „Durch solch ein Gespräch möchten wir außerhalb der Unfallsachbearbeitung Hilfe anbieten. Diese kann sich zum Beispiel auch auf Fragen zum Unfallgeschehen oder auf akute Belastungsreaktionen beziehen.“

Mit neun Verkehrstoten gab es im Kreis Olpe im vergangenen Jahr einen traurigen Rekord. Eine dreiköpfige Familie aus Attendorn verlor ihr Leben bei einem Unfall auf der L 512 bei Sondern. Besonders tragisch war auch der Unfall auf der B 236 bei Rönkhausen, als ein Pick-Up-Fahrer (30) mit zwei Leichtkraftradfahrerinnen kollidierte. Die 17-jährigen Mädchen starben. Auf konkrete Unfälle wollen die Polizeibeamten im Gespräch mit unserer Redaktion zum Schutz der Betroffenen nicht eingehen. Ralf Schnell verrät aber so viel: „Es gibt wiederkehrend zwei Tage, an denen die Leute das Bedürfnis haben, zu sprechen: am Todestag oder Geburtstag des Verstorbenen.“

Martin Witzel erzählt von der Zeugin eines tödlichen Unfalls, mit der er gesprochen hat. Auch einen Ersthelfer, der in kurzer Zeit zweimal hintereinander einen schlimmen Unfall erlebte, besuchte der erfahrene Polizeibeamte. Häufig seien die Betroffenen extrem traumatisch belastet: „Wir können aber nur Tipps geben und Hilfe vermitteln. Daher sollten sich Betroffene in einigen Fällen auch Gedanken über professionelle Hilfe bzw. ärztliche Unterstützung machen.“ Die Opferschützer vermitteln auch Kontakte zu Seelsorgern, Trauma-Ambulanzen und Beratungsstellen.

Grundsätzlich kann jeder Beamte bei der Kreispolizeibehörde Olpe in die Lage kommen, den Angehörigen von Unfallopfern eine Todesnachricht überbringen zu müssen. „Dafür gibt es Seminare, um die Kollegen und Kolleginnen zu schulen“, so Witzel. „Bei dem Überbringen von solchen Nachrichten sind dann besonders Empathiefähigkeit, Menschlichkeit und Professionalität wichtig.“

Liste mit Notfallseelsorgern

Bei der Kreisleitstelle gibt es eine Liste mit einem Team von Notfallseelsorgern. Einer begleitet die Polizisten bei ihrem schweren Gang. „Man bricht plötzlich in eine heile Welt ein. Die Menschen lächeln noch, wenn sie die Tür öffnen. Fünf Sekunden später bricht für sie dann die Welt zusammen. Da steckt viel Tragik hinter“, berichtet Elmar Beulmann. Und: „Für uns geht es dann darum, professionelle Distanz zu wahren. Meistens geht es gut, aber nicht immer.“

Schlimm sei es, wenn in der ein oder anderen WhatsApp-Gruppe Bilder von einem Unfall auftauchen, bevor die Angehörigen informiert werden konnten. „Die halten einfach ihr Smartphone auf den Unfall“, schüttelt Ralf Schnell den Kopf. Elmar Beulmann ergänzt: „Wir sind froh, wenn wir die Bilder im Kopf los sind. Daher haben wir kein Verständnis für die Personen, welche solche Bilder anfertigen und verfolgen auch konsequent strafrechtlich sogenanntes Gaffen sowie das Posten oder Weiterleiten von Aufnahmen, die gegen Persönlichkeitsrechte verstoßen, in den Sozialen Netzwerken und im Internet.“