Brün. Eine Frau soll in Wenden mit einem Messer auf ihren schlafenden Mann eingestochen haben. Am Mittwoch beginnt der Prozess. Was war ihr Motiv?

Der Fall hat das beschauliche Örtchen Brün im Wendener Land erschüttert. Eine 65-Jährige soll am 17. Februar dieses Jahres nachts um 3 Uhr auf ihren schlafenden Ehemann (67) eingestochen haben. Es sollen drei Stiche mit einem Küchenmesser in den Brustbereich gewesen sein. Die Frau wurde verhaftet und sitzt seitdem in der JVA Köln in Untersuchungshaft. Die Ermittlungen sind jetzt abgeschlossen. Staatsanwalt Rainer Hoppmann hat die Frau angeklagt wegen versuchten Mordes. Ab 12. August läuft der Prozess gegen sie am Siegener Schwurgericht.

„Die Angeklagte soll versucht haben, ihren Ehemann heimtückisch zu ermorden in Tateinheit mit vollendeter gefährlicher Körperverletzung“, sagt Silvia Sünnemann, Pressesprecherin am Siegener Landgericht, auf Anfrage unserer Redaktion. Die Eheleute hätten am Vorabend der Tat noch gemeinsam Karten gespielt. „Beide haben erheblich Alkohol getrunken. Der Mann hat sich dann alleine schlafen gelegt. Die Frau soll dann auf seinen Oberkörper eingestochen haben. Er verlor sehr viel Blut und lag mehrere Tage im Klinikum“, so die Gerichtssprecherin. Der Mann erlitt schwere Verletzungen. Nach den Ermittlungen hätten diese lebensgefährlich werden können, wenn die Stiche etwas anders gesetzt worden wären.

Viel Alkohol getrunken

Der 67-Jährige hatte in der Nacht noch selbst die Rettungsleitstelle gerufen. Die Polizei fand ihn blutüberströmt in der gemeinsamen Wohnung. Die Staatsanwaltschaft Siegen hatte die Leitung der Ermittlungen übernommen und eine Mordkommission aus Hagen zur Klärung eingesetzt.

Urteil am 27. August

Für den Prozess vor dem Siegener Schwurgericht unter Vorsitz von Richterin Elfriede Dreisbach sind fünf Verhandlungstage vorgesehen.

Auftakt ist am Donnerstag, 12. August, um 11 Uhr. Weitere Verhandlungstage sind am 20., 24. und 26. August.

Das Urteil soll nach dem Verhandlungsplan am 27. August gesprochen werden.

„Die Angeklagte soll billigend in Kauf genommen haben, dass ihr Mann stirbt“, so Silvia Sünnemann. Und: „Das Motiv ist unklar. Die Angeklagte gibt an, dass sie sich an nichts erinnern kann. Es soll keinen Streit gegeben haben.“ Klar ist nur, dass die Frau erheblich alkoholisiert war. Nach Informationen unserer Redaktion ergab die Blutuntersuchung einen Wert von 2,23 Promille. Ein Gutachter hat ihm Rahmen der Ermittlungen wegen dieser Alkoholisierung eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit der Angeklagten bei der Tatbegehung festgestellt.

Die 65-Jährige ist bislang völlig unbescholten, noch nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Das Ehepaar, das sich schon länger kennt, ist seit fast einem Jahr verheiratet. Beide sind Russlanddeutsche und leben schon seit Jahrzehnten in Deutschland. Der 67-Jährige wohnt schon länger in Brün, die Frau zog nach der Heirat bei ihm ein.

Motiv ist unklar

„Keiner weiß, was passiert ist. Es gibt ein großes Rätselraten in dem Fall. Die Beschuldigte kann sich an nichts erinnern. Sie kann sich nicht erklären, wie es dazu gekommen ist. Das bleibt vollkommen nebulös“, sagt Verteidiger Martin Kretschmer. Nach Aussage der Frau setzt ihre Erinnerung erst wieder ein, als sie bei der Polizei in Gewahrsam war.

Für den erfahrenen Strafverteidiger aus Olpe ist es ein mysteriöser Fall: „Das Ungewöhnliche ist, dass es bisher nicht bekannt ist, dass es zu irgendwelchen Spannungen und Streitigkeiten gekommen ist. Das ist vollkommen merkwürdig.“ Die inhaftierte Frau sei völlig ratlos und verzweifelt: „Sie kann sich nicht vorstellen, dass sie das getan haben soll.“ Auch der schlafende Mann habe die Stiche wohl nicht unmittelbar mitbekommen, erst später seine Frau und das Messer in einem anderen Raum der Wohnung gesehen. „Eine Erklärung hat auch er nicht“, sagt Martin Kretschmer.