Attendorn. Deborah Riedesel aus Attendorn hat nach einem Cupping die Kaffee-Kunst für sich neu entdeckt – und würde die gerne in der Hansestadt etablieren.
Deborah Riedesel steht in ihrer Küche und dreht die kleine Kurbel im Uhrzeigersinn. „Es ist wie ein kleines Workout. Da kommt man auch schon mal ins Schwitzen, vor allem an heißen Tagen“, sagt die 28-Jährige aus Attendorn, während die Handmühle vor sich hin ratscht. Die Kaffeebohnen brechen auf, zerkleinern sich, zerbröseln, werden zu Pulver. Natürlich könnte man auch einfach direkt Kaffeepulver kaufen. „Aber ich habe Gefallen daran gefunden, die Kaffeezubereitung zu zelebrieren. Auch, wenn es manchmal vollen Körpereinsatz erfordert“, erzählt sie und lacht.
Online-Cupping gab den Startschuss
Das war nicht immer so. Im Gegenteil. „Vorher haben wir einfach den Kaffee gekauft, der eben im Angebot war. Und das war bis dahin auch völlig okay so.“ Als sie im Mai aber an einem „Online-Cupping“ – an einer virtuellen Kaffee-Verköstigung – teilgenommen hatte, änderte sich ihre Einstellung nachhaltig. „Ich hatte gesehen, dass Anna, mit der ich bis 2015 in Köln in einem Café zusammengearbeitet habe, jetzt ein eigenes kleines Röstunternehmen hat. Da bin ich neugierig geworden“, erzählt Deborah. Sie bestellte sich eine Handmühle bei „Giovanna Kaffee“, eben jene Firma, die Anna mit einer Freundin gegründet hatte, und meldete sich beim Online-Cupping an.
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„Das war total interessant – und witzig“, erinnert sich Deborah und lacht. Für die Verkostung hatte sie drei Pröbchen Filterkaffee-Sorten zugeschickt bekommen. Die Teilnehmer im Online-Meeting wurden dann Schritt für Schritt angeleitet: Wie die Bohnen gemahlen werden, wie viel kochendes Wasser über das entstandene Kaffeepulver gegossen werden und wie lange die Mischung vor dem Probieren durchziehen sollte. „Wir hatten dann die offizielle Erlaubnis, richtig zu schlürfen, damit wir den vollen Geschmack wahrnehmen können. Schon komisch, das am Bildschirm vor einer Gruppe fremder Menschen zu machen.“
Kaffee, der nach Obst oder Gemüse schmeckt
Deborah ist so begeistert nach diesem kleinen Exkurs, dass sie weiter in die Kaffee-Welt eintaucht. Sie bestellt sich Kaffeebohnen von anderen Sorten bei „Giovanna Kaffee“, von schokoladig-nussig bis fruchtig-spritzig. Einfach mal ausprobieren und die eigenen Geschmacksknospen erkunden. Manches trifft auf Zuspruch, anderes wiederum nicht. „Es gibt zum Beispiel auch Kaffeesorten, die nach Gemüse schmecken, nach Tomate und Zucchini. Das ist dann auch nicht so meins.“ Kombinationen, die eher nach Obstsalat klingen – zum Beispiel Limette, Blaubeere, brauner Zucker – gehören schon eher zu ihren Favoriten. „Solche Sorten verwende ich zum Beispiel gerne, wenn ich mir einen Eiskaffee mache. Das ist einfach noch mal eine Note erfrischender.“
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Mittlerweile ist auch Deborahs Mann Patrick bewusster Kaffeetrinker geworden. „Klar, habe ich vorher schon Kaffee getrunken. Bei der Arbeit ist es ja quasi auch ein Ritual – wenn nicht grade Corona ist –, sich am Kaffeeautomaten zu treffen und dort ein bisschen zu quatschen“, erzählt Patrick, der als Industriekaufmann in Plettenberg arbeitet. Auf drei bis vier Tassen sei man dabei immer gekommen. „Und habe mich später gefragt, woher meine Bauchschmerzen kommen.“ Heute ist er sich sicher, dass er die Bohnen nicht so gut vertragen hat, weil sie ihm zu säurehaltig waren. Das Bewusstsein dafür hat er aber auch erst durch Deborah und ihren neuen Zugang zu Kaffee bekommen.
Genuss-Ritual zum Start in den Tag
Aktuell trinkt das junge Paar deutlich mehr Kaffee. „Das liegt aber auch einfach daran, dass ich momentan ganz viel ausprobieren möchte“, meint Deborah. Morgens trinken die beiden meistens schwarzen Kaffee. Nicht um wach zu werden, sondern weil sie den Geschmack von frisch gemahlenen und aufgebrühten Kaffee mögen. Sie starten mit einem Genuss-Ritual in den Tag. Am Nachmittag, wenn beide von der Arbeit nach Hause kommen, oder am Wochenende darf es dann auch gerne mal ein Cappuccino sein. „Meine Latte-Art-Skills würde ich einfach noch gerne etwas verbessern“, sagt Deborah. Die Milchschaum-Tulpe auf der Kaffeeoberfläche beherrscht sie mittlerweile schon sehr gut.
Dass Deborah der Kaffee-Kunst verfallen ist, ist nicht so zufällig, wie es zunächst scheint. Nach ihrer Ausbildung zur Industriekauffrau hat sie noch eine Ausbildung zur Konditorin bei Harnischmacher in Attendorn absolviert, hat danach in Stuttgart, Köln und Hamburg gearbeitet. Jetzt arbeitet sie wieder als Industriekauffrau in der Familienfirma in Bamenohl. Doch sie träumt von der Selbstständigkeit. „Ich würde super gerne ein Café eröffnen, mit angrenzender kleiner Rösterei“, schwärmt sie. „Sowas fehlt hier noch in Attendorn.“ Die Lücke würde sie gerne füllen. Dann wahrscheinlich aber mit einer elektrischen Kaffeemühle.
>>> SENSORIK-KURS IM JULI
- Auf ihrem Instagram-Account „@kaffee.undlieben“ gibt Deborah Riedesel Einblicke in ihre Genusswelt.
- Im Juli möchte sie einen Sensorik-Kurs besuchen, in dem ihr Übungen gezeigt werden, wie man seinen eigenes Geschmacksempfinden besser trainieren kann, um Nuancen herauszuschmecken.