Drolshagen-Gelslingen. Miniserie „Selbstbedienung“: Heute zu Gast bei den Kaufmanns in Gelslingen. An der Milchtankstelle kann 24/7 getankt werden.

Eines steht mal sicher fest: Im kleinen, idyllisch gelegenen Dorf Gelslingen gibt es weitaus mehr Kühe und Hühner als Einwohner: Ganze 49 Seelen zählt der Ort, wie der Blick auf die Homepage der Stadt Drolshagen beweist. Doch das Dorf hat ein Alleinstellungsmerkmal: Denn in einer kleinen Holzhütte vor dem Bauernhof der Familie Kaufmann gibt es eine Milchtankstelle mit allen Schikanen. Selbstbedienung auf dem Lande sozusagen. „Die Idee kam uns beim Urlaub an der Ostsee in Mecklenburg-Vorpommern“, erinnert sich der 21-jährige Jungbauer Norman Kaufmann, der sich um das Tankstellen-Management kümmert. Für die Milch ist sein Bruder Michel zuständig, Seniorchef ist Vater Andreas Kaufmann (51), der ebenfalls hinter dem Projekt steht.

Norman ist eigentlich gelernter Metzger, legt aber derzeit noch eine Ausbildung zum Landwirt oben drauf. Um die Nachfolge braucht sich die Landwirtsfamilie in dritter Generation also keine Sorgen zu machen. Der Betrieb kann sich sehen lassen: Über 8.000 Hühner gehören zum Produktionsbetrieb, rund 90 Milchkühe mit der Kälbernachzucht sorgen ebenfalls für reichlich Arbeit, die bewirtschaftete Fläche der Kaufmanns beträgt 120 Hektar.

Reichlich Auslauf für die Kühe

Die Kühe, deren Milch für Kunden durch die Milchtankstelle jederzeit zugänglich ist, kann man bereits auf den Weiden sehen, wenn man ins Dorf hereinfährt. Riesige Wiesen bieten reichlich Auslauf.

Hier bleibt keine Frage unbeantwortet. Sogar größere Geldscheine wechselt die Tankstelle.
Hier bleibt keine Frage unbeantwortet. Sogar größere Geldscheine wechselt die Tankstelle. © WP | Josef Schmidt

Vor der Milchtankstelle erklärt Norman, wie es funktioniert. Dabei zeigt er zunächst auf einen zweiten großen Kühlschrank, den sogenannten „Regiomat“: „Hier können sich Kunden, die keine eigenen Behälter mitbringen, Glas- oder Plastikflaschen kaufen.“ Die Plastikflasche für 40 Cent, das Glasmodell mit Logo ist für 3,50 Euro zu haben und kann dann immer wieder aufgefüllt werden. Dann geht’s los: „Einfach Geld einwerfen und die Nummer drucken“, und schon ist die Flasche herauszunehmen. Darüber hinaus bietet der Regiomat weitere Produkte des Bauernhofes und der Region: Nudeln, Eier und Honig. Kartoffeln werden einfach neben den Regiomat gestellt, ab Mitte Juni auch frische Erdbeeren. Geflügelfleisch mit ins Regiomat-Sortiment zu nehmen, ist in Planung, sagt der Landwirte-Azubi.

Angesichts der Vielfalt der Kaufmann’schen Produktpalette wundert nicht, dass sie fast im gesamten Kreis Olpe vertreten sind - und dadrüber hinaus: so in den Dornseifer-Frischemärkten, bei Rewe, Kaufland, Real, Edeka und Nahkauf, aber auch auf Wochenmärkten in Drolshagen, Olpe und vier Vororten von Köln. Ein Weihnachtsbaum- und Gänseverkauf in der Adventszeit komplettiert das Portfolio der Gelslinger. Fast zumindest, denn ein Lieferservice für die Stammkundschaft wird ebenfalls gestemmt. Wer sich da noch einreihen möchte, kann sich an gefluegelhof.kaufmann@t-online wenden.

Ich bin an diesem Tag mit einem Tupperware-Modell aus den 90-er Jahren bewaffnet, rund 1,7 Liter Fassungsvermögen. Meine Skepsis, dass ich vielleicht nur entweder ein oder genau zwei Liter tanken kann, zerstreut Norman: „Einfach Geld einwerfen, pro Liter erstmal einen Euro, die Klappe öffnen, den Behälter mit der linken Hand festhalten und mit der rechten den Tankknopf drücken.“ Ich tue, wie mir geraten, und bei 1,75 Litern ist Schluss. „Jetzt einfach den Geldwechselknopf drücken, und dann gibt der Apparat genau so viel Geld zurück, wie zu den zwei Litern fehlen“, grinst Norman. Es funktioniert.

Rohmilch ist 4 Grad kalt

Was mich besonders freut: Die Milch ist Rohmilch, auf 4 Grad gekühlt und gefiltert, aber nicht pasteurisiert. So etwas bekommt man nur noch selten. Wer Angst vor Keimen hat, muss sie erhitzen. Kein Wunder jedenfalls, dass der Laden läuft. Täglich werden etwa 70 bis 80 Liter Milch getankt, über den Rest freuen sich die Kälber. Norman Kaufmann: „Der Apparat wird jeden Morgen geleert, gesäubert und wieder aufgefüllt.“ Milch tanken 24/7 das ganze Jahr also. Selbstbedienung auf dem Lande eben.