Silberg. Das Kulturgut Schrabben Hof hat sich zu einem echten Filmstudio mit allem drum und dran entwickelt. Jetzt wurde der 50. Streifen gedreht.
Längst schon hat sich der Schrabben Hof in Silberg als Kulturort erster Güte etabliert, als Heimatmuseum mit Trödelscheune, Backhaus, Kneipe und Café, Kleinkunst- und Theaterbühne und – was viele noch nicht alle wissen – nun auch als Filmstudio. Kaum zu glauben: Schon 50 sehenswerte Kurzfilme haben Ulrike Wesely, die künstlerische Leiterin des Kulturguts, ihr Team und ihre Gäste gedreht und veröffentlicht – und es sollen noch mehr werden.
Angefangen hat alles aus der Not heraus. Als die Pandemie im Frühjahr 2020 auch den Verein „MuT Sauerland“, Träger des Kulturguts, überrannte und alle geplanten Liveveranstaltungen abgesagt werden mussten, hatte Ulrike Wesely ein Problem. Für das neueste MuT-Projekt, das Erzählfestival „Südwestfalen sagenhaft“ mit etlichen Liveveranstaltungen an sagenhaften und prägnanten Orten in der Region, hatte sie eine Förderzusage für 2020/21 in der Tasche.
Ohnmacht für alle Künstler
Sogar der Flyer war schon fertig. „Dann kam die große Ohnmacht für alle Künstler und Kulturveranstalter“, erinnert sich Ulrike Wesely. „Weil wir die Geldzusage bereits hatten, haben wir nach anderen Formaten gesucht und sind dann auf die digitale Reihe „MuT tut gut“ gekommen.“ In 10 bis 15 Minuten langen Filmen präsentieren sich Künstler aller Art, Chöre, Bands, Solomusiker, Kabarettisten etc. Nur nicht vor Publikum im Theatersaal, sondern vor der Filmkamera.
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Hört sich einfach an, ist es aber nicht. „Ich habe mich getraut, aber am Anfang bin ich schier verzweifelt“, sagt Wesely. Drehbuch schreiben, Storys und Dramaturgie entwickeln, alles kein Problem für die erfahrene Künstlerin, Musikerin und Kulturpädagogin, aber die gesamte Technik rund um Bild, Licht, Ton, Schnitt, war absolutes Neuland. Improvisation war angesagt, die ersten Filme wurden mit dem Smartphone produziert. Es funktionierte. „Ulrike hat sich unheimlich da reingekniet“, sagt Leslie Sternenfeld, Musik-Kabarettist aus Witten und Stammgast im Schrabben Hof. Bei der von Corona ausgebremsten Künstlergilde rannte Wesely offene Türen ein. „Wir haben zunächst Künstler mit fertigen Programm gesucht“, erklärt die Hofmanagerin. So fanden Zauberer Arndt Clever oder Nicolas Bardach, Solo-Paukist der Bochum Sinfoniker mit seiner „singenden Säge“, den Weg nach Silberg, viele andere Kleinkünstler/innen fragten von sich aus an. So entstanden immer neue Produktionen, lässig und souverän präsentiert von den beiden Moderatorinnen Ulrike Wesely und Jutta Kunze. Festes Element ist zudem jedes Mal ein neues Gewinnrätsel.
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Neustart
Wesely gelang es, aus dem Rettungs- bzw. Förderprogramm des Landes „Neustart“ einen großzügigen Etat für ein professionelles, mobiles Filmequipment abzugreifen. Der Schrabben Hof verfügt heute über drei Filmkameras, Beleuchtungstechnik und einen digitalen Schnittplatz, mit dem die Videos auch live gestreamt werden können. Das Equipment kann bei Bedarf leicht installiert werden. Unterstützt wird Ulrike Wesely von einem ganzen Team, unter anderem Manuel Behle (Veranstaltungstechniker), Martin Berens (Aufnahmetechnik) oder Uwe Streletz (Black Sheep Studio Benolpe).
Aber bei MuT tut gut geht es nicht nur darum, Künstlern gegen eine kleine Gage eine Bühne zu geben, sondern auch dafür zu sorgen, dass das geschlossene Kulturgut „Schrabbenhof“ nicht wieder in den Dornröschenschlaf verfällt. Deshalb entwickelten Ulrike Wesely und ihr Team verschiedene Unterformate, unter anderem „Schrabbenkram und Dönekes“ und den „Blödel-Trödel-Brunch.“
Trödel in der Hauptrolle
Zusammen mit Leslie Sternenfeld stellt Ulrike Wesely hier besondere Trödelstücke- oder Themen aus der schier unerschöpflichen Requisitenkammer des Schrabben Hof heraus: zum Beispiel Sammelgedecke, Goldrand, Reisezeit oder Schallplatten. Dazu holten Uli und Leslie den alten Schallplattenspieler aus der Versenkung. Während Leslie sich mit den verschiedenen Musikgenres befasst, feiert Uli die Evergreens von Udo Jürgens und bedient sich an den Leckereien, die übrigens für jeden Film von der Bäckerei Vente gesponsert werden.
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Running Gags, etwas Slapstick und Situationskomik
In der 50. Jubiläumsfolge, die am Pfingstmontag produziert wurde, geht es übrigens um Spitzen-Tischwäsche. Mittlerweile haben die beiden ihr eigenes, spezielles Format mit angedeuteten Rollen gefunden, eine besondere Art der Realsatire mit fließenden Grenzen. „Es ist ein großer Abenteuerspielplatz und wir lachen sehr viel dabei“, sagt der 52-jährige Kabarettist, „und wir haben viel dabei gelernt“, pflichtet ihm Ulrike Wesely bei. Unter anderem auch, dass man sich als Künstler rühren muss, statt in der Schockstarre zu verharren, „dann kann man auch in der Krise etwas bewegen“, so Sternenfeld.