Kreis Olpe. Joachim Füllenbach, Kinderarzt aus Olpe, plädiert für Geduld und Expertise, was die Impfung für Jugendliche angeht. Die sehen das etwas anders.
Im Juni könnte der Corona-Impfstoff von Biontech/Pfizer für Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren in der EU zugelassen werden. In diesem Fall könne man Jugendlichen bis zum Ende der Sommerferien ein Impfangebot machen, kündigte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn an. Das würde die zuletzt gestiegenen Inzidenzzahlen in dieser Altersgruppe drosseln und wieder mehr Präsenzunterricht an den Schulen ermöglichen. Doch wie bewerten Kinderärzte und Jugendliche selbst im Kreis Olpe diesen Vorstoß?
Rückkehr zur Normalität, auch ohne Impfung
„Wir wissen noch nicht, ob es eine Impfung in dieser Altersgruppe braucht“, meint Joachim Füllenbach, Kinderarzt in Olpe. Wenn man beispielsweise nach Israel schaue, wo rund 65 Prozent der Über-16-Jährigen bereits vollständig geimpft seien, gebe es nur noch sehr geringe Fallzahlen – trotz weitestgehender Rückkehr zur Normalität. Kinder und Jugendliche seien in Israel nicht überproportional von einer Infektion betroffen. „Daraus könnte man kurzfristig schließen, dass, wenn der überwiegende Teil der Erwachsenen geimpft ist, das Virus erst mal nicht in die anderen Altersklassen hinein wandert“, erklärt Füllenbach. Für eine derartige endgültige Schlussfolgerung sei es aber noch viel zu früh.
Füllenbach rät dazu abzuwarten. „Wenn Eltern darauf drängen, ihre Kinder zu impfen und auch ein Grund vorliegt, der Sinn macht – zum Beispiel, wenn der 96-jährige Uropa mit im Haushalt lebt und man noch nicht genau abschätzen kann, inwieweit die Impfung schützt – dann kann man das auch machen.“ Die Frage sei aber, ob prinzipiell alle Kinder und Jugendliche geimpft werden müssten.
Kinder mit Risikofaktoren können auch schwer an Covid erkranken
„Ad hoc würde ich sagen: Nein. Und ich glaube auch nicht, dass die Ständige Impfkommission im Juni sich dafür ausspricht.“ Vielmehr könne er sich vorstellen, dass es eine Empfehlung für Kinder mit Risikofaktoren wie etwa Diabetes oder einer Herzerkrankung gebe. Denn diese Kinder hätten auch ein höheres Risiko, einen schwereren Covid-Verlauf zu erleiden.
Generell gebe es noch keine Langzeitdaten bzw. Erfahrungen bei Corona-Impfstoffen – weder bei Erwachsenen und noch viel weniger bei Kindern. „mRNA-Impfstoffe, wozu auch bei Biontech gehört, sind zwar schon vor Jahren verimpft worden. Allerdings in anderen Bereichen (zum Beispiel in Form eines Influenza- oder Tollwut-Impfstoffs, Anm. d. Red.) und in viel geringeren Mengen, sodass man daraus keinen wirklichen Rückschluss ziehen kann“, erklärt Füllenbach.
>>> WAS JUGENDLICHE SAGEN
„Sehr gerne würde ich mich impfen lassen. Vor allem, da sich jetzt der Sommer anbahnt, würde ich gerne wieder etwas mit Freunden unternehmen. Ich habe eher Angst um die Langzeitfolgen des Virus als vor Langzeitfolgen des Impfstoffs. Natürlichkeiten sind auch die Freiheiten, die eine Impfung mit sich bringen sehr schön, da ich mir wünschen würde, wieder in größeren Freundesgruppen agieren zu können. Ich freue mich einfach wieder auf bessere Zeiten und würde mich über eine zeitnahe Corona-Impfung sehr freuen.“ (Matti Schulte, 15, Grevenbrück)
„Wenn ich ein Impfangebot bekäme, würde ich mich impfen lassen. Ich hätte dann einfach eine gewisse Sicherheit im Alltag, was es ja bei den vielen Mutationen, die es zum jetzigen Zeitpunkt schon gibt und die wahrscheinlich noch zunehmen werden, auch für Jugendliche immer wichtiger werden wird. In den Medien hört man ja immer öfter von schweren Verläufen bei jungen Menschen. Aber es gibt natürlich auch noch andere Gründe. Man könnte sich dann auch wieder wie früher mit Freunden treffen und gemeinsam etwas unternehmen, z.B. ins Kino gehen. Ich könnte dann aber auch hoffentlich endlich mal wieder meinem Hobby Fußball nachgehen – was mir wirklich sehr fehlt. Generell könnte man dann einfach mal wieder spontan sein und tun, worauf man gerade Lust hat, ohne erst zum Testen zu gehen oder sich anzumelden zu müssen. Letztlich könnte ich auch wieder dauerhaft in den geregelten Präsenzunterricht an meiner Schule gehen, was ich als sehr wichtig erachte. Denn beim dauerhaften Homeschooling bleibt für viele einfach zu viel auf der Strecke. Allerdings müssten auch Bedingungen erfüllt sein, damit ich mich impfen lassen würde: Der Impfstoff sollte lange genug getestet sein, um Komplikationen weitestgehend ausschließen zu können. Außerdem müsste gewährleistet sein, dass ich niemandem den Impfstoff wegnehme, der ihn dringender benötigen würde. Sollten auch diese Kriterien erfüllt sein, hätte ich kein Problem damit, mich impfen zu lassen. (Moritz Lüdtke, 14, Grevenbrück)
„Ich persönlich würde mich auf jeden Fall impfen lassen. Ich finde, dass hat was mit Solidarität zu tun und natürlich erhoffe ich mir auch Freiheiten dadurch. Aber ich finde auch, dass man nur über Freiheiten reden kann, wenn alle die Chance haben sich impfen zu lassen. Viele Politiker reden über Freiheiten von Geimpften und ich selbst sitze immer noch zu Hause und warte, bis sich irgendetwas tut. Wir alle gehen diesen Weg durch die Pandemie schon mehr als 1 Jahr und da finde ich die einzig richtige Lösung, dass wir alle sie zusammen beenden und keine Alleingänge machen. Endlich mal wieder zur Schule gehen, zum Training oder in den Urlaub fahren und den typischen Alltag eines 15-jährigen Teenangers erleben zu dürfen. Das fehlt schon sehr! Uns Jugendlichen wurde „der Boden unter unseren Füßen“ weggezogen. Auf einmal hieß es: Homeschooling, Kontakte einschränken und zu Hause bleiben. Und das alles in den besten Jahren unseres Lebens. Ich hätte mir schon vieles anders gewünscht. Ich bin seit Mitte Dezember zu Hause. Habe viele meiner Klassenkameraden seit dieser Zeit gar nicht gesehen und wünsche mir einfach, dass diese Zeit schnellstmöglich ein Ende nimmt, sodass alles was Spaß macht bald wieder einen Platz in unserem Alltag findet.“ (Emma Allebrodt, 15, Bonzel)