Attendorn. Die Attendorner SPD-Fraktion beantragt einen Online-Live-Stream von Ratssitzungen. Die Stadtverwaltung lehnt das aber ab. Das sind ihre Gründe:

Geht es nach dem Willen der Attendorner SPD, dann sollen die Sitzungen des Stadtrates in Zukunft über einen Stream im Internet übertragen werden. Einen entsprechenden Antrag seiner eigenen Partei lehnt Bürgermeister Christian Pospischil allerdings ab.

„Die Teilnahme der Öffentlichkeit an den Sitzungen ist gering. Um das Interesse an kommunalpolitischen Arbeiten zu erhöhen und die Entscheidungswege nachvollziehen zu können, möchten wir Interessenten diese technische Möglichkeit (einer Online-Übertragung, Anm. der Redaktion) anbieten“, begründen die Sozialdemokraten in ihrem Schreiben und verweisen auf den Vorteil eines niederschwelligen, ortsunabhängigen Zugangs zu den Sitzungen. Bei der Konzept-Entwicklung sollte der Arbeitskreis Digitalisierung einbezogen werden. Die SPD hatte bereits im Jahr 2013 einen mehr oder weniger gleichlautenden Antrag gestellt.

Rechtliche Hürden

Doch der Wunsch einer Live-Stream-Ratssitzung blieb bislang unerfüllt. Und das könnte auch so bleiben, folgen die anderen Fraktionen der Verwaltung, die den Antrag ablehnt. Hauptsächlich aufgrund rechtlicher Hürden. Zudem befürchtet die Stadt einen zu geringen Nutzen bei einem zu hohen Aufwand. Denn in Kommunen, die ein solches Angebot unterbreiten, würden die Zugriffszahlen auf einem überschaubaren Niveau bleiben.

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Grundsätzlich, erklärt die Verwaltung in einer Sitzungsvorlage, über die der Haupt- und Finanzausschuss nächste Woche beraten wird, könne jeder Attendorner Bürger die politischen Sitzungen, die aufgrund der Corona-Pandemie derzeit in der Stadthalle stattfinden, vor Ort besuchen. Hier ist mehr Platz als im Ratssaal, so dass Abstände besser eingehalten werden können. Es bedarf zuvor „nur“ einer Anmeldung, Personen mit grippeähnlichen Symptomen müssen jedoch zuhause bleiben.

Bürokratischer Aufwand

Online-Übertragungen von Ratssitzungen, für die es in der Gemeindeordnung NRW (GO NRW) gar keine Regelungen gibt, sind vor allem aufgrund des Datenschutzes knifflig, so die Verwaltung. Es braucht im Vorfeld die Einwilligung aller Beteiligten, dass sie in Bild und/oder Ton aufgenommen werden.

Ein bürokratischer Aufwand, denn zu den Beteiligten gehören nicht nur die Stadtverordneten, sondern auch Zuschauer und Gäste. Es müssten zudem Löschfristen beachtet werden und wenn ein Lokalpolitiker weder bildlich gezeigt werden möchte noch seine Wortbeiträge aufgenommen werden sollen, dann entstünde ein erhöhter Aufwand, argumentiert die Stadt.

Berichte zu Corona und zum Breitbandausbau

Der Haupt- und Finanzausschuss der Stadt Attendorn kommt am Mittwoch, 5. Mai, ab 17 Uhr in der Stadthalle zusammen. Auf der Tagesordnung stehen zudem Berichte zur Corona-Lage sowie zum Breitbandausbau in der Hansestadt.

Darüber hinaus verweist der Gemeinde- und Städtebund NRW darauf, dass die Ratsarbeit ein kommunales Ehrenamt sei – und auch bleiben müsse. „Die Ehrenamtlichen sind rhetorisch nicht genauso geschult und vorbereitet wie Berufspolitiker. Aus diesem Grund könnten bei dem einen oder anderen Hemmungen entstehen und die Mitarbeit in der Kommunalpolitik unattraktiver werden. Wegen dieser allgemeinen Bedenken haben sich die kommunalen Spitzenverbände stets gegen eine verbindliche Regelung in der GO NRW ausgesprochen“, heißt es in der Vorlage.

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Letztlich sei eine Online-(Live)-Übertragung auch eine Frage der Kosten für Technik und Personal. Und es bestehe die Gefahr, dass politische Gruppierungen einzelne Passagen solcher Internet-Aufzeichnungen „für ihre Zwecke missbrauchen“ könnten, warnt die Stadt. Eine Fülle an Argumenten, weshalb sie von einer Online-Übertragung absieht.

Konträre Sichtweisen

Ralf Warias (FDP), der im Rat dafür bekannt ist, das Thema Digitalisierung voranzutreiben, hat grundsätzlich keine Bauchschmerzen, wenn seine Beiträge im Netz zu sehen wären. „Für mich persönlich macht das keinen Unterschied. Es ist und bleibt eine öffentliche Veranstaltung. Wir haben nichts zu verbergen.“ Doch auch Warias weiß aus seiner langjähriger Ratsarbeit, dass es Kollegen gibt, die skeptisch sind.

Einen „riesigen Wust an zusätzlicher Arbeit“ bei vermutlich geringer Zuschauerfrequenz fürchtet hingegen Winfried Richard, Fraktionschef der Attendorner UWG, der auf Nachfrage einen Vergleich zieht: „Ich glaube, eine Live-Übertragung aus dem Bundestag guckt sich auch niemand an.“ Für Sascha Koch, Ratsmitglied der CDU, wäre eine Online-Übertragung insofern interessant, als dass dadurch (wieder) eine Öffentlichkeit hergestellt werden könnte, die es aufgrund der Pandemielage aktuell kaum bis gar nicht gibt.