Olpe. Der Großteil der Menschen im Kreis Olpe hält sich an die Ausgangssperre. Nur ein paar Jugendliche möchten offenbar ihre Grenzen austesten.

Es ist 21.20 Uhr, die Sonne ist längst untergegangen. Die Straßenlaternen tauchen die Martinstraße in Olpe in ein grelles Licht. Der Vollmondschein dringt kaum bis hierhin vor. Die Straßen sind nahezu leer gefegt. Hin und wieder fährt ein Auto vorbei. Noch 40 Minuten. Dann ist Ausgangssperre. Die Zeit läuft.

Kunden kaufen noch schnell Bier und Tiefkühlpizza

Ein Dutzend Autos stehen auf dem Parkdeck von Kaufland. Noch mal eben schnell etwas einkaufen. Eine Kundin hastet durch die Gänge und bleibt nur kurz vor dem Tiefkühlregal stehen. Sie lädt drei Pizzen in ihren Einkaufswagen ein und hastet weiter. Ein junges Pärchen, vielleicht gerade Anfang 20, steht vor dem Bierregal unmittelbar vor den Kassen. „Das fandest du doch ganz gut, oder?“ – „Ja, nimm mal mit.“ Sie wirken nicht so unter Zeitdruck wie die Frau mit den Tiefkühlpizzen. Sie schlendern zur Kasse, zwei von acht Kassen sind um diese Uhrzeit geöffnet. Sie legen ihre Bierflaschen, zwei Chipstüten und eine Zigarettenschachtel auf das Kassenband. Es ist 21.45 Uhr. Noch 15 Minuten bis zur Ausgangssperre.

Auch auf dem Marktplatz finden sich kurz Zeit nach der Ausgangssperre keine Menschen mehr ein.
Auch auf dem Marktplatz finden sich kurz Zeit nach der Ausgangssperre keine Menschen mehr ein. © Britta Prasse

Die Kassiererin grüßt freundlich und zieht die Waren über den Scanner. Keine Anzeichen von Hektik. Wird bis zur letzten Minute gearbeitet? „Ja, wir haben unter der Woche weiterhin bis 22 Uhr geöffnet, nur samstags schließen wir etwas früher, weil dann mehr Aufräumarbeiten anfallen. Es kann aber sein, dass wir bald auch unter der Woche etwas früher schließen“, sagt sie. Da sei sich die Geschäftsführung noch nicht ganz einig. Und selbst, wenn nicht: Sie kann nachweisen, dass sie als Verkäuferin in der Spätschicht einen begründeten Ausnahmefall darstellt. Von der Polizei sei sie aber bislang nicht auf ihrem Heimweg angehalten worden.

21.57 Uhr. Noch drei Minuten. Die Türen bei Kaufland werden geschlossen. Jetzt hat nichts mehr geöffnet. Der nahe gelegene Dornseifer hatte schon um kurz nach 21 Uhr keine Kunden mehr hineingelassen. Obwohl er in normalen Zeiten auch bis 22 Uhr geöffnet ist. Die Tankstellen-Anzeigen in der Martin- und in der Bruchstraße leuchten noch. Doch auch hier sind die Shops verlassen, zugeschlossen.

Jeder Schritt ist hörbar

22 Uhr. Die Glocke der St.-Martinus-Kirche schlägt zehn Mal. Dann: Stille, in der die Glockenschläge nachhallen. Die Olpe rauscht gleichmäßig vor sich hin. Ein verlassener Kurkölner Platz. Nur ein umgestürzter Mülleimer stört das aufgeräumte Bild. Jeder Schritt auf der Treppe hinauf zur St.-Martinus-Kirche und weiter Richtung Marktplatz wird hörbar. Auch hier setzt sich der Eindruck fort: menschenleer, ungewohnte Stille.

Der RB 92 hält an Gleis 1 am Olper Busbahnhof. Um 22.09 Uhr ist Abfahrt Richtung Finnentrop. Eine Handvoll Gäste sitzt im Zug.
Der RB 92 hält an Gleis 1 am Olper Busbahnhof. Um 22.09 Uhr ist Abfahrt Richtung Finnentrop. Eine Handvoll Gäste sitzt im Zug. © Britta Prasse

Ortswechsel: Busbahnhof. Eine Gruppe von vier rauchenden Jugendlichen steht an Gleis 1. Der RB 92 Richtung Finnentrop ist bereits eingefahren. „Ich geh’ schon mal rein“, sagt einer von ihnen, drückt den Zigarettenstummel auf dem Boden aus, zieht sich die FFP2-Maske über die Nase und betritt den Zug. Nur wenig später folgen ihm seine Freunde. Mit ihnen sitzen noch etwa eine Handvoll anderer Gäste in dem Zug. Pünktlich um 22.09 Uhr ist Abfahrt. Das Surren der Regionalbahn verstummt und da ist sie wieder: Stille.

Spaziergänger werfen sich vorsichtige Blicke zu

Wenige Hundert Meter weiter, am Parkplatz Biggerandweg, stehen ein paar geparkte Autos. Ein Pärchen schlendert händchenhaltend über den Schotter, ein Mann mit Jogginganzug und aufgesetzter Kapuze vertritt sich mit seinem angeleinten Jack Russell Terrier die Beine. Man wirft sich vorsichtige Blicke zu, aber niemand sagt etwas. Dafür brechen zwei Jugendliche, die sich auf den Treppen vor dem Extrablatt eingerichtet haben, die Stille. Sie brüllen „Ey“ und andere einsilbige Laute, offenbar fasziniert von ihrem Echo, das ihnen am See in der dunklen Nacht zurückgespielt wird. Lautes Lachen. Ein paar Minuten später haben sie offensichtlich den Spaß an ihrer Show verloren. Es ist kurz vor 23 Uhr.

Weder Polizei noch Ordnungsamtsmitarbeiter sind auf den Straßen in der Olper Kernstadt unterwegs. Aber die Nacht bis 5 Uhr ist ja noch lang.