Kreis Olpe/Siegen. Immer mehr Unternehmen im Kreis Olpe bieten ihrer Belegschaft eine Möglichkeit zu Corona-Tests. Eine Testpflicht stößt auf geteiltes Echo.

Geteiltes Stimmungsbild in der heimischen Wirtschaft: Bei der Frage, ob es eine Corona-Testpflicht in Unternehmen geben solle, sind 48,9 Prozent dagegen. 38,7 sind dafür, aber nur, wenn der Staat die Kosten übernimmt, 12,4 Prozent sind auch dafür, wenn die Unternehmen selbst zahlen müssen. Das geht aus einer Blitzumfrage der IHK Siegen-Olpe hervor.

„Immer mehr Unternehmen der heimischen Wirtschaft bieten ihren Belegschaften Corona-Tests an. 37 Prozent der Firmen setzen Tests bereits um, weitere 24 Prozent planen dies in Kürze. Innerhalb der letzten drei Wochen hat damit das Thema in den Unternehmen erheblich an Fahrt aufgenommen. Man sieht, wozu freiwilliges Handeln in der Lage ist“, bewertet IHK-Präsident Felix G. Hensel die Ergebnisse der IHK-Blitzumfrage, an der sich in den vergangenen beiden Tagen 501 Unternehmen aus der Region beteiligten. Es bestehe in der heimischen Wirtschaft verbreitete Skepsis, was die derzeit von der Kanzlerin und Teilen der Regierungskoalition offen angedrohte Testverpflichtung für Betriebe betreffe.

Ausreichend bis mangelhaft

Nach Schulnoten zwischen „Sehr gut“ und „Ungenügend“ für das Corona-Krisenmanagement der Bundesregierung befragt, vergaben die heimischen Firmen für die große Koalition die Durchschnittnote 4,5.

Noch etwas schlechter schnitt die Landesregierung ab, sie erhielt die Durchschnittsnote 4,6.

Das Krisenmanagement der beiden Kreise Siegen-Wittgenstein und Olpe wurde dem gegenüber besser beurteilt. Hier lag die Durchschnittsnote bei 3,7, wobei auffiel, dass die Olper Unternehmen mit dem Kreis-Corona-Management (3,5) etwas zufriedener waren als diejenigen in Siegen-Wittgenstein (3,8).

Von unserer Redaktion direkt befragte Unternehmer aus dem Kreis Olpe nehmen zu dem Thema kein Blatt vor den Mund. Rupprecht Kemper, Geschäftsführer der Gebrüder Kemper, Olpe: „Wir halten von einer Testpflicht überhaupt nichts. Wir haben unser Hygienekonzept hier an Ort und Stelle erfolgreich umgesetzt, nicht einen einzigen Ausbruch gehabt, lediglich einige positiv Getestete, die wir rechtzeitig identifizieren und in Quarantäne schicken konnten. Wir haben bisher noch keine einzige Schicht verloren.“ Das sei auch nicht überraschend, denn die Hygiene-Strategie werde im Hause konsequent umgesetzt. Allein „im Olper Tal“ seien bei Kemper rund 800 Mitarbeiter beschäftigt.

Der aktuelle Teststatus sehe wie folgt aus: „Wir bieten allen unseren Leuten einmal pro Woche den Selbsttest an. Das wird gut angenommen, das zahlen wir. Und wenn wir in dem einen oder anderen Fall der Meinung sind, ein Schnelltest sei nötig, wird das von unserem Betriebsarzt gemacht.“ Angesichts solcher Fakten sei eine Verpflichtung der Unternehmen Unfug. Sollte die Politik aber darauf beharren, so Kemper, „haben wir ein Schnelltestkonzept in der Schublade, das wir sofort umsetzen können.“

Ludger Ohm: „Könnten es morgen einführen“

Sein Olper Kollege Dr. Ludger Ohm (Ohm & Häner) kann gleiches berichten: „Wir könnten das morgen einführen. Zwei Mitarbeiter sind geschult worden, genügend Tests sind vorhanden.“ Derzeit könnten sich alle Mitarbeiter freiwillig selbst testen: „Auch dafür haben wir genügend Test-Kits eingekauft“, so Ohm. Von etwa 620 Mitarbeitern in Olpe und Drolshagen seien derzeit zwei in Quarantäne.

Arndt G. Kirchhoff, Unternehmer aus Attendorn.
Arndt G. Kirchhoff, Unternehmer aus Attendorn. © WP | Josef Schmidt

Arndt G. Kirchhoff (Attendorn), Chef der Kirchhoff-Gruppe, berichtet ebenfalls von einer freiwilligen Teststrategie, die gut angenommen werde: „Wir bieten jedem Mitarbeiter jede Woche einen kostenlosen Test an. An allen Standorten.“ Die Leute, die das wollten, würden von geschulten Mitarbeitern zertifiziert getestet, so dass damit auch der Zutritt zum Einzelhandel gewährleistet sei. Der Test befreie die Mitarbeiter aber nicht, die Hygiene-Auflagen im Betrieb einzuhalten. Von der Testmöglichkeit mache die überwiegende Mehrheit auch Gebrauch.

Die von der Bundespolitik angedeutete Testpflicht hält Kirchhoff für unrealistisch: „Ich glaube nicht, dass alle Unternehmen überhaupt in der Lage sind, an eine ausreichende Zahl von Tests zu kommen.“ Kirchhoff bezweifelt darüber hinaus, dass der Bund die Unternehmen rein juristisch zwingen könne: „Es wäre besser, die Leute zu motivieren, das freiwillig zu machen.“ Auch von einem erneuten harten Lockdown hält der Unternehmer nichts: „Ich halte das für unverhältnismäßig.“

Thomas Hille selbst betroffen

Bei Thomas Hille, Geschäftsführer der Hydrophon Kunststofftechnik GmbH in Welschen Ennest, Spezialist für Abdichtungssysteme, finden alle sinnvolle Maßnahmen, die zur Eindämmung der Pandemie und zur Verhinderung von Neuinfektionen führen, großen Zuspruch, auch eine Selbsttestpflicht würde der Unternehmer mittragen. Das hat einen guten Grund. Hille persönlich infizierte sich im März des letzten Jahres bei einem Aufenthalt in Österreich und ist seitdem für das Thema sehr sensibilisiert.

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Für die 65 Mitarbeiter, darunter auch viele Leiharbeiter, besteht Maskenpflicht und bei jedem, der das Firmengebäude betritt, wird die Körpertemperatur abgescannt, ebenso wird auf strikte Hygieneeinhaltung geachtet. „Das hat sich echt bewährt. Wir haben seitdem einen sehr niedrigen Krankenstand“, so Hille, weil die Angestellten keine Angst hätten, sich im Betrieb anzustecken. Für jede weitere Maßnahme, also auch eine Pflicht für Selbsttests im Unternehmen, sei man deshalb jederzeit offen. „Wir wären dabei“, so Hille. Zwei Mitarbeiterinnen wurden in der letzten Woche bereits zur Durchführung von Selbsttests geschult.

Viele ungeklärte Fragen

IHK-Hauptgeschäftsführer Klaus Gräbener zu den Umfrageergebnissen: „Selten haben wir eine Befragung durchgeführt, in der uns derart viele ungeklärte Fragen übermittelt wurden. Wird in der Arbeitszeit getestet? Wie wird bei Homeoffice und Außendienst verfahren? Wer trägt die Kosten des Arbeitsausfalls? Welchen Wert haben betriebliche Bescheinigungen? Was geschieht, wenn falsche Testergebnisse zu kostspieligen Quarantänemaßnahmen führen? Wie gehen wir mit Leuten um, die Tests ablehnen? Die bestehende Unsicherheit der Firmen ist offenkundig, sie wächst weiter, wenn die Regierung jetzt auch noch eine Testpflicht anordnet.“

Etliche Unternehmen hätten den Eindruck, dass die Politik mit dem Thema vom eigenen Fehlverhalten ablenken wolle. Gräbener: „Den meisten Unternehmern leuchtet nicht ein, warum man etwas regeln soll, was man im Ergebnis überhaupt nicht steuern, geschweige denn überprüfen kann. Recht zu setzen, ohne es durchsetzen zu können, ist weder redlich noch sinnvoll.“