Kreis Olpe. Nach dem Stopp der Impfung mit dem Astrazeneca-Wirkstoff für Jüngere, sind Fragen offen. Geimpfte sagt: „Ich hätte auf Astrazeneca verzichtet“

Es ist eine Entscheidung, die für Aufregung sorgt: Das NRW-Gesundheitsministerium hat verfügt, dass der Astrazeneca-Impfstoff nicht mehr an jüngere Menschen verimpft wird. Hintergrund ist ein Beschlussentwurf der Ständigen Impfkommission beim Robert Koch-Institut, wonach der besagte Impfstoff nur noch bei Personen ab 60 Jahren ohne Einschränkungen empfohlen wird (unsere Zeitung berichtete). Doch was hat das nun für Auswirkungen? Insbesondere für die Bürger im Kreis Olpe, die bereits die erste Astrazeneca-Dosis bekommen haben? Und wie reagieren Betroffene? Eine 39-jährige Frau aus dem Raum Lennestadt, die anonym bleiben möchte, hat es nach ihrer Impfung richtig hart erwischt.

Stefan Spieren ist der Leiter des Impfzentrums des Kreises Olpe. Er erklärt auf Anfrage unserer Zeitung, dass noch ungeklärt ist, wie die Zweitimpfung bei Menschen unter 60 Jahren, die bereits mit Astrazeneca geimpft wurden, erfolgen soll. Mit dieser Frage wird sich die Ständigen Impfkommission beim Robert Koch-Institut beschäftigen – und zwar bis Ende April. Aktuell ist noch nicht klar, welcher Ersatzimpfstoff infrage käme. „Mehr kann ich aktuell noch nicht sagen“, sagt Spieren. Der Arzt aus Hüsborn betont, dass sich die Menschen, die mit Astrazeneca geimpft wurden, keine Sorgen machen müssen. Im Gegenteil. „Man ist nach drei Wochen mit der Astrazeneca-Erstimpfung nachgewiesen gut geschützt. Das heißt, wir haben auch Zeit abzuwarten, bis eine Lösung gefunden wird.“ Aber könnte man überhaupt, die Impfstoffe „mixen“? Also könnten Menschen, die die Erstimpfung Astrazeneca bekommen haben, auf Moderna oder Biontech „umsteigen“? „Die Impfstoffe führen alle zu einer Immunantwort“, sagt Spieren. „Die Frage ist nur, wie wirksam ist das dann. Das ist das Problem. Genau damit wird sich die Impfkommission beschäftigen.“

Frage der medizinischen Indikation

Die Verunsicherung ist groß. Stefan Spieren hat bereits einige Anfragen von Menschen nach der Entscheidung des Ministeriums bekommen – und muss alle leider auf die Entscheidung bis Ende April verweisen. „Aktuell buchen trotzdem noch viele Menschen Impftermine mit Astrazeneca. Also die, die älter sind als 60 Jahre“, berichtet Stefan Spieren. Aber auch hier ist wichtig: Menschen, die über 60 sind und bei denen eine medizinische Indikation vorliegt, sodass vorsorglich ein anderer Impfstoff genutzt werden sollte, werden dahingehend auch beraten. „Hier geht es zum Beispiel um Menschen, die schon mal eine Thrombose hatten“, so Spieren.

So wie die Frau aus dem Raum Lennestadt, bei der im vergangenen Jahr eine tiefe Beinvenenthrombose festgestellt wurde. Mit dieser Diagnose und dem Befund in der Tasche, machte sich die 39-Jährige am Samstag ins Impfzentrum auf, um ihre erste Spritze zu erhalten. Dem zuständigen Arzt berichtete die Frau über ihre Vorerkrankung und die Tatsache, dass sie bis in den Januar noch Blutverdünner genommen hatte. „Ich habe gefragt, ob Astrazeneca für mich gefährlich sei kann.“ Die Antwort des Arztes: Sie solle vorsorglich den Blutverdünner zwei Wochen lang nach der ersten Impfung wieder nehmen.

Hohes Fieber und Schüttelfrost

„Im ersten Moment habe ich mir Null Sorgen gemacht und bin auch mit einem guten Gefühl nach Hause gefahren“, berichtet die Frau. Doch dann kam der Sonntagabend, rund 24 Stunden nach der Spritze: „Plötzlich hat mich der Hammer auf den Kopf getroffen.“ Die 39-Jährige bekommt hohes Fieber, Schüttelfrost und hat Schmerzen am ganzen Körper – übrigens bis heute plagen sie starke Kopf- und Rückenschmerzen. „Hätte ich diese Nachwirkungen geahnt, hätte ich auf Astrazeneca verzichtet“, sagt die Frau, die ihre zweite Spritze übrigens am 19. Juni bekommen soll.

Die neue Verfügung des Landes NRW führe nicht dazu, dass Astrazenca-Impfdosen „verfallen“, sagt Stefan Spieren. „Erstmal ist Astrazeneca auch länger haltbar“, sagt der Hünsborner Mediziner. „Und es gibt ja weiterhin Patienten, die für diesen Impfstoff infrage kommen.“ Aktuell sei noch nicht klar, welcher Impfstoff demnächst in die Hausarztpraxen geliefert werde.

Ungeachtet des Astrazeneca-Stopps für Unter-60-Jährige weitet das Impfzentrum sein Impfangebot aus. Nun können Personen der Prio-Stufe 2 einen Termin buchen, erklärt der Kreis in einer Mitteilung. „Wir verfügen derzeit über ausreichende Kontingente, die wir schnellstmöglich auch verimpfen wollen“, so Andreas Sprenger, Leiter des Krisenstabs beim Kreis Olpe.