Kreis Olpe/Wenden. Bernd Hesse, Unternehmer-Ikone aus Wenden, hat die Nase voll, will nicht weiter Alibi-Kandidat für die Bundestagwahl sein. Hier sagt er, warum?

Unternehmer-Urgestein Bernd Hesse aus Wenden (SIBO) schmeißt hin, zieht seine Bewerbung für die CDU-Bundestagskandidatur zurück.

Der 72-Jährige beklagt unter anderem ein abgekartetes Spiel hinter den Kulissen zu Gunsten des Drolshagener Kandidaten Florian Müller. Hesse, ohnehin nicht als Leisetreter bekannt, legt kräftig nach, bezeichnet nicht nur Müller, sondern auch den aktuellen MdB Matthias Heider und den CDU-Kreisvorsitzenden und MdL Jochen Ritter als unfähig und farblos. Keiner spiele eine Rolle in Berlin oder Düsseldorf.

Angesichts der aktuellen Entwicklung sei es für ihn als Vertreter des heimischen Mittelstandes unmöglich, frischen Wind in die Bundespolitik zu bringen: „Da Friedrich Merz nicht zum Vorsitzenden der CDU gewählt worden ist und ich bei Armin Laschet keine Erfolg versprechende Wirtschaftskompetenz erkennen kann, macht das keinen Sinn.“ Laschet habe zwar angedeutet, Merz einbinden zu wollen, dass Merz aber unter Laschet Wirtschaftsminister wird, glaube er nicht, so Hesse.

Kein Richtungswechsel

Auch in Richtung Kreis-CDU nimmt Hesse kein Blatt vor den Mund: „Es gibt keinen Ansatz für einen Richtungswechsel.“ Den allerdings halte er für dringend erforderlich. Die Kreis-CDU bringe keine relevanten Anträge auf den Weg.

Das Procedere rund um die Kandidatenfindung sei eine Farce: „Die Kandidaten neben Müller waren von Anfang an nur Alibi-Kandidaten.“ Dass sich CDU-Stadt- und Gemeindeverbände mehrheitlich schon im Vorfeld hinter Müller stellten, sei nicht korrekt. Die Wahl sei schon entschieden: „Warum soll man sich dann noch da hinstellen. Ich bin doch kein dummer Junge.“

Fünf Austritte mit Merz-Niederlage begründet

Der Geschäftsführer der Kreis-CDU, Hubert Brill, bestätigte auf Anfrage unserer Redaktion, dass fünf CDU-Mitglieder aus dem Kreis Olpe als Grund für ihren Parteiaustritt die Niederlage von Friedrich Merz bei der Vorsitzendenwahl angegeben hätten.

Die CDU im Kreis Olpe habe aktuell 2071 Mitglieder, am 1. Januar 2020 seien es noch 2099 gewesen. Durchschnittsalter: 61.

Positiv habe die Kreispartei in diesem Januar elf Neuanträge zur Kenntnis nehmen dürfen.

Selbst die Mittelstandsvereinigung, in der er viele Jahre Mitglied und sogar fünf Jahre Kreisvorsitzender gewesen sei, „hat sich aufwiegeln lassen. Die CDU will keinen in Berlin haben, der da Unruhe, aber auch frischen Wind reinbringt.“ Es sei nicht überraschend gewesen, dass Angela Merkel einen Wirtschaftsminister Merz sofort abgelehnt habe. Hesse: „Dabei wäre eine Kabinettsumbildung schon früher dringend notwendig gewesen. Schon bei der ersten Corona-Welle im Frühjahr.“ Was sich in Sachen Vertragsgestaltung mit den Impfstoff-Unternehmen abgespielt habe, zeige die fachliche Unkenntnis. Hesse: „Solche Verträge schließt nur ein Beamter, aber kein Kaufmann.“ Es sei ein Unding, dass Erzeugnisse eines deutschen Unternehmens erstmal der Europäischen Union zur Verfügung gestellt würden. Zunächst hätten alle Bundesbürger über 60 geimpft werden müssen: „Danach hätte man darüber nachdenken könne, ob Impfstoffe ans Ausland abgegeben werden.“

Kein CDU-Austritt

Einen Austritt aus der CDU und einen Wechsel in eine andere Partei, versichert Hesse jedoch, komme für ihn nicht in Frage: „Wir sind so erzogen. Ich bin auch noch in der Kirche, obwohl ich nicht reingehe.“

Auch vor Ort laufe es nicht viel anders, widmet sich Hesse Wendens Bürgermeister Bernd Clemens, dessen Rücktritt Hesse fordert: „Clemens hatte in seinem 10-Punkte-Programm nicht mal mehr die Ortsumgehung Gerlingen drin.“ Auch die jetzt geplante Ampel beim Abzweig zum Industriegebiet „Auf der Mark“ hält Hesse für Unfug: „Das behindert nur den ohnehin schleppenden Durchgangsverkehr.“ Dem Landesstraßenbauamt Straßen NRW traue er nicht zu, eine leistungsfähige Grüne Welle zu schalten. Schon die Ampelanlage an der Kreuzung nach Wenden funktioniere nicht.

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Einen nochmaligen Vorstoß in die Kommunalpolitik schließt Hesse allerdings aus: „Ich will nicht mehr. Ich werde mich nur noch auf mein Unternehmen konzentrieren. In der Politik ist alles derart festgefahren, das gibt irgendwann einen Knall.“ Gerade wirtschaftspolitisch gebe es keine zukunftsfähige Strategie. Es sei beispielsweise ein großer Fehler, im Kreis einseitig auf die Autozulieferbranche zu setzen: „Man hat viel zu lange zugesehen, dass überwiegend Automotive in den Kreis gekommen ist. Die Quittung dafür bekommt die Politik irgendwann.“

Nach seiner Prognose für die Bundestagswahl befragt, will Hesse eine Fortführung der großen Koalition nicht ausschließen: „Das hängt auch davon ab, wie viele Böcke die Regierung während der Pandemie noch schießt.“