Olpe/Lennestadt. Friseurin Heike Hilbig findet die Schließung der Betriebe unverhältnismäßig. Im aktuellen Lockdown hat sie noch keine staatliche Hilfe bekommen.

Heike Hilbig ist wütend und enttäuscht. „Für mich ist die Verhältnismäßigkeit nicht mehr gegeben. Es kann nur ein falscher Weg sein, wenn durch diese Maßnahmen Existenzen niedergeschmettert werden“, sagt die 44-jährige Friseurmeisterin und Geschäftsführerin des Friseursalons „Haareszeiten“. Seit mittlerweile sechs Wochen darf sie ihre zwei Studios in Olpe und Lennestadt aufgrund des verschärften Corona-Lockdowns nichts mehr öffnen. Als selbstständige Unternehmerin mit insgesamt 14 Mitarbeitern eine finanzielle Katastrophe.

Die Überbrückungshilfe

„Es gibt immer mal wieder Leute, die sagen: ‘Was wollt ihr denn? Ihr bekommt doch staatliche Unterstützung.’ Ganz so einfach ist das aber nicht“, betont Hilbig. Denn für die sogenannte Überbrückungshilfe II – also die Fördermonate September bis Dezember 2020 – seien nur jene Betriebe berechtigt, deren Umsatzeinbruch mindestens 30 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum beträgt. „Für Dezember trifft das auf uns nicht zu, weil wir die Hälfte des Monats noch arbeiten durften – und wir ein paar Tage vor der Schließung noch mal länger gearbeitet haben, um den Kundenansturm kurz vor Weihnachten zu bewältigen“, erklärt Hilbig. Gleichzeitig ist die Überbrückungshilfe III, die ab Januar 2021 gilt, noch nicht beantragbar. Staatliche Hilfe hat Heike Hilbig im neuen, harten Lockdown daher noch nicht bekommen. Eine Auszahlung ist frühestens im März wahrscheinlich.

Das Berechnungsproblem

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„Mir geht es nicht darum, mich zu bereichern. Ich möchte nur verdeutlichen, dass die Unterstützung nicht so groß ausfällt, wie es die Bundesregierung vorgibt“, sagt Hilbig. Das Problem: Es wird vom Umsatz und nicht vom Gewinn ausgegangen. „Der Unternehmerlohn – also das, was ich letztendlich zu Verfügung habe – fehlt in dieser Berechnung.“ Abgesehen davon, dass sie Wochen auf die Auszahlung der Förderung warten müsse, werde diese ihr nicht einfach geschenkt.

„Im ersten Lockdown habe ich pro Standort 15.000 Euro an Überbrückungshilfe erhalten. Mein Steuerberater hat mir aber schon erklärt, dass ich davon mindestens 13.000 Euro zurückzahlen muss.“ Geld, für das sie sich wiederum ein Kredit aufnehmen muss. Immerhin konnte sie gerade einen anderen Kredit abbezahlen, den sie für die neue Inneneinrichtung im Olper Salon aufgenommen hatte.

Die Folgen der Kurzarbeit

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Alle 14 Mitarbeiter von Heike Hilbig bekommen derzeit Kurzarbeitergeld. In einem Beruf, der ohnehin nicht gut bezahlt wird, sind die Einbußen dramatisch spürbar.

„Wenn eine Vollzeitkraft auf 350 Euro pro Monat verzichten muss und nur noch 1000 Euro zum Leben hat, dann tut das schon weh“, zeigt sich Hilbig betroffen. Zwar ist die Friseurin dankbar dafür, dass die Kunden – jeweils 2500 in Olpe und Lennestadt – ihrem Team treu bleiben und sie mit dem Kauf von Gutscheinen oder Farben unterstützen. „Aber wir sind nun mal ein Dienstleistungssektor und können so gut wie kein To-go-Geschäft anbieten.“ Es sei nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein.

Die Kunden

Auch bei den Kunden macht sich mittlerweile Ungeduld breit. „Wir haben schon die ein oder andere Anfrage bekommen, ob wir nicht mal Zuhause vorbeikommen könnten, um zu schneiden oder zu färben“, so Hilbig. Das lehne sie aber kategorisch ab. „Ich habe im ersten Lockdown nicht mal meinen Eltern die Haare geschnitten.“

Hilbig schreckt nicht nur vor den rechtlichen Konsequenzen zurück, sondern auch vor einer möglichen Dynamisierung des Infektionsgeschehens. „Wenn man dann in die Familien hineingeht, sind die Hygienestandards nicht dieselben wie im Salon.“ Es gibt keine Plexiglaswände, eventuell werden Masken nicht konsequent getragen. Die Situation sei nicht so gut kontrollierbar.

Die Hoffnung

Im Alter von 21 Jahren selbstständig gemacht

Heike Hilbig wohnt mit ihrem Mann in Olpe und hat sich vor 23 Jahren als Friseurmeisterin mit ihrem Salon „Haareszeiten“ in Lennestadt selbstständig gemacht. Vor sechs Jahren kam der Salon in Olpe hinzu.

Die Gesamtkosten ihrer Salons, inklusive Personalkosten, betragen jährlich zwischen 150.000 und 160.000 Euro. Dazu kommen noch mal Materialkosten in Höhe von 23.000 bis 26.000 Euro pro Jahr.

„Ich verstehe die Verzweiflung, dass manche Händler ihre Läden wieder öffnen. Diesen Aktionismus kann ich aber nicht nachvollziehen. Zumal es wegen der hohen Strafen sinnfrei ist“, meint Hilbig. Ob sie am 15. Februar tatsächlich wieder ihre Salons öffnen darf, weiß sie nicht. Zumindest hat sie schon 160 FFP2-Masken für Mitarbeiter und Kunden vorbestellt.