Attendorn. Der Kreis Olpe erteilt der Stadt Attendorn die wasserrechtliche Genehmigung für das Industriegebiet Fernholte. Theoretisch kann der Bau beginnen.

Vor ziemlich genau einem Jahr, kurz vor Weihnachten 2019, reichte die Stadt Attendorn den Antrag für eine wasserrechtliche Genehmigung für das geplante Industriegebiet Fernholte/Eckenbachtal unweit der Attendorner JVA ein. Seit Mittwoch hat die Stadt die lang ersehnte Gewissheit: Der Kreis Olpe als Genehmigungsbehörde hat die Ampel auf Grün gestellt – und zwar mit dem klaren Hinweis, dass die Möglichkeit einer sofortigen Vollziehung besteht. Soll heißen: Theoretisch könnte die Stadt Attendorn unverzüglich mit dem Bau des Gewerbegebietes starten.

Nun ja, vor Weihnachten werden die Bagger deshalb aber nicht mehr anrollen. Denn zunächst muss diese Genehmigung – im Amtsdeutsch der Planfeststellungsbeschluss – bekanntgegeben und öffentlich ausgelegt werden. In dieser Zeit besteht grundsätzlich auch die (erneute) Möglichkeit, Klage vor dem Verwaltungsgericht einzureichen. Es wäre nicht das erste Mal in der unendlich langen Vorgeschichte des Industriegebietes, das eine Netto-Baufläche von gut 26 Hektar ausweist.

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Von dieser Möglichkeit wird die Initiative zur Erhaltungs des Eckenbachtals laut Marion Garra möglicherweise Gebrauch machen. „Wir werden die Sache eingehend prüfen und dann schnell agieren“, erklärte die Vereinsvorsitzende auf Nachfrage. Rechtlich wird es an dieser Stelle kompliziert. Grundsätzlich besitzt eine Klage, die während der Frist eingereicht wird, wegen der Dringlichkeit keine aufschiebende Wirkung. Es sei denn, es wird ein Eilantrag gestellt, der wiederum die aufschiebende Wirkung wiederherstellt. Eine Entscheidung müsste dann das Verwaltungsgericht treffen.

100 Seiten lang

Konkret geht es bei der erteilten Genehmigung, gut 100 Seiten lang, um die Erlaubnis, den kleinen Bachlauf, der durch das Plangebiet verläuft, an den äußersten Rand zu versetzen, um so mehr Platz für Gewerbeflächen zu bekommen. Dabei verspricht die Stadt, den Bachlauf ökologisch aufzuwerten und den Artenbestand nicht zu gefährden. Somit soll auch die in der Vergangenheit vielzitierte Junkers Quellschnecke ihr Lebensquartier nicht verlieren.

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„Bei der Gesamtabwägung aller Allgemeinwohlaspekte und Schutzgüter, die für und gegen diesen Planfeststellungsbeschluss gesprochen haben, haben die Argumente für die Verlegung des Bachlaufes überwogen“, erklärt Hans-Werner Voß, Pressesprecher des Kreises, schriftlich auf Nachfrage. Die Planrechtfertigung sei gegeben, vernünftigere Alternativen drängten sich nicht auf und zwingende Versagungsgründe lägen nicht vor, so Voß. Daher sei der Plan der Hansestadt zur Verlegung des namenlosen Gewässers – unter Beachtung der in diesem Beschluss enthaltenen Regelungen, Änderungen und Nebenbestimmungen – rechtmäßig.

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Marion Garra hat hierbei starke Zweifel. Ihre Erklärung in groben Zügen: Das Wasser suche sich immer den schnellsten und einfachsten Weg. Wenn also der Bach verlegt würde, dann müsste aus topographischen Gründen das Bachbett beispielsweise betoniert werden – oder eine Verrohung gelegt werden, damit das Wasser auch wirklich fließen kann. „Darin erkenne ich keine ökologische Aufwertung“, macht Garra ihren Standpunkt klar.

Vorzeitiges Weihnachtsgeschenk

Die Stadt auf der einen Seite und die Initiative zur Erhaltung des Eckenbachtals auf der anderen beharren auf ihren Standpunkten. „Wir waren immer optimistisch und der Meinung, dass wir gut gearbeitet haben. Insofern sind wir froh, die Genehmigung nun erteilt bekommen zu haben“, betont Baudezernent Carsten Graumann.

Als vorzeitiges Weihnachtsgeschenk beschrieb Christian Pospischil die Nachricht aus dem Kreishaus am Mittwochabend im Rat. Denn der Bürgermeister weiß nur zu gut, wie wichtig es ist, dass die letzte überhaupt noch verfügbare Fläche für Gewerbe zum Industriegebiet wird. Ansonsten, das haben in der Vergangenheit auch Auswertungen der IHK ergeben, droht nicht weniger als der Abzug heimischer Industriebetriebe.