Kreis Olpe. Das Beratungsunternehmen VIA Consult hat die Corona-Folgen für die Autozulieferindustrie untersucht – mit einer Prognose für 2021.


Nicht nur mit der Corona-Pandemie hat die heimische Autozulieferindustrie zu kämpfen, auch die Transformation hin zum Elektroauto und möglicherweise zu ehrgeizige CO2-Ziele der Politik sind die Themen, die auch die Autozulieferer in Südwestfalen und nicht zuletzt im Kreis Olpe erheblich unter Druck setzen. Das sind Schlussfolgerungen des heimischen Beratungsunternehmens
VIA Consult
, das sich bei fast 70 mittelständischen Unternehmen der Branche, 45 davon aus Südwestfalen, umgehört und eine bereits
im Mai herausgegebene Studie aktualisiert und fortgeschrieben
hat. Die VIA Consult GmbH wagt aufgrund ihrer Datenbank auch bereits eine Prognose für 2021 und 2022.

Daraus geht unter anderem auch hervor, dass sich nach dem völligen Lockdown-Einbruch im Frühjahr 2020 auch ein vorsichtiger Silberstreif abzeichnet. Etwa von August bis Oktober stieg der Umsatz von 60 Prozent im Vergleich zu 2019 sogar auf 110 Prozent, um durch den neuerlichen Lockdown light wieder auf aktuell 85 Prozent einzubrechen. Dr. Hanni Koch (Via Consult) relativiert allerdings die Grafik: „Dazu muss man beachten, dass 2019 für die Autoindustrie bereits ein schwaches Jahr und das Umsatzniveau niedrig war.“ Besonders in der zweiten Jahreshälfte 2019 sei es abwärts gegangen.

25 Prozent Umsatzrückgang

Werner Schmidt, Geschäftsführer von VIA Consult: „Die Automobilzulieferer werden in diesem Jahr mit einem durchschnittlichen Umsatzrückgang in Höhe von etwa 25 Prozent im Vergleich zu 2019 betroffen sein. In Südwestfalen mit knapp 530 kleinen und mittelständischen Zulieferbetrieben wirkt sich das besonders stark aus.“ Ziel der fortgeschriebenen Studie sei es auch, so Schmidt, den heimischen Unternehmern eine Zukunfts-Orientierung für 2021 und 2022 an die Hand zu geben, auf deren Grundlage geplant werden könne.

Die Daten machen auch ein wenig Hoffnung: Denn laut VIA-Berechnungen muss für 2021 nur noch mit einem durchschnittlichen Umsatzrückgang in Höhe von 10 Prozent gegenüber dem Geschäftsjahr 2019 gerechnet werden. Schmidt: „Dabei wird davon ausgegangen, dass die Lieferketten nicht infolge eines behördlich auferlegten Lockdowns zusammenbrechen.“ Grund für die erträglichen Prognosen sei das erste Quartal 2021, für das ein Bestandsaufbau prognostiziert werde: „Wir rechnen damit, dass die Autoproduzenten in den Monaten Januar, Februar und März ihre Produktion hochfahren und ihren Autobestand aufbauen“ erklärt Dr. Hanni Koch.

VIA Consult-Geschäftsführer Werner Schmidt und Dr. Hanni Koch (Mitglied der Geschäftsleitung) stellen die fortgeschriebene Studie zur Lage der Autozulieferer vor.
VIA Consult-Geschäftsführer Werner Schmidt und Dr. Hanni Koch (Mitglied der Geschäftsleitung) stellen die fortgeschriebene Studie zur Lage der Autozulieferer vor. © WP | Josef Schmidt



Für 2022 rechnet die VIA Consult mit einem besseren Geschäftsverlauf als viele Institute. So wird mit Umsätzen in Höhe von rund 97 Prozent im Vergleich zum Geschäftsjahr 2019 gerechnet. Eine tatsächliche Erholung der Wirtschaft wird frühestens für Ende 2022 vorausgesagt.

Unüberhörbar kritische Worte hält VIA Consult für die E-Mobilitäts-Strategie der Europa- und Bundespolitik bereit. O-Ton: „Die bestehende Anzahl und Leistung der Ladesäulen reicht bei weitem nicht aus, um die Klimaziele zu erfüllen. Um diese Ziele zu erreichen, müssten pro Woche in Deutschland rund 2.000 Ladesäulen installiert werden.“ Und weiter: „Teilen sich heute noch zehn E-Autos eine Ladesäule, so werden in 2021 20 Autos auf eine Ladesäule kommen.“

Vormarsch der E-Mobilität

Den weiteren Vormarsch der E-Mobilität bestreitet VIA nicht: „Allein im September 2020 wurden über 21.000 Elektro-Pkw zugelassen. (...) Das entspricht einem Anteil von acht Prozent und einem Wachstum von 260 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat.“ Es gebe Prognosen, die eine Steigerung der Zulassungszahlen von E-Autos in 2020 von 400 Prozent voraussagten.



Wenn aber die Umsetzung der Industrie nicht mit den politischen Wünschen und Zielsetzungen einhergehe, so VIA, könne das auch für die heimische Autozulieferindustrie verheerende Folgen haben. Die aktuellen Pläne der EU für die Euro-7-Norm bereiteten große Sorgen. Werner Schmidt: „Wenn die Norm in ihrer derzeit angedachten Form Ende 2025 umgesetzt wird, würde quasi durch die Hintertür das Ende des Verbrenners eingeläutet.“ Die EU-Kommission wolle vorschreiben, dass Autofahren unter allen Umständen emissionsfrei sein müsse. Egal, ob der Autofahrer mit einem Wohnwagen in den Bergen unterwegs sei oder im langsamen Stadtverkehr. Schmidt: „Das ist technisch aber nicht machbar.“

Der vorzeitige Abschied vom Verbrenner, warnt Schmidt, werde dem Mobilitätsbedürfnis der Menschen nicht gerecht und der Autoindustrie in Europa, Deutschland „weitreichenden wirtschaftlichen Schaden zufügen und eine Vielzahl von Arbeitsplätzen gefährden.“