Attendorn. Einkaufszentrum in Attendorn: Nach der Kritik an den Plänen und dem Vorgehen der Verwaltung nimmt Bürgermeister Christian Pospischil Stellung:

Nach der Kritik der Initiative „Entwicklung Bahnhofsquartier“ in dieser Zeitung an den Plänen zum „Wall-Center“ am Attendorner Bahnhof und am Vorgehen der Verwaltung nimmt Bürgermeister Christian Pospischil Stellung. Bekanntlich soll in der Hansestadt ein großes Einkaufszentrum samt Drogeriemarkt, Lebensmittelvollsortimenter und ebenerdiger Parkgarage entstehen. Vor allem die Innenstadt, so die Befürchtung der Initiative, würde darunter leiden. Das sieht der Bürgermeister anders.


„Die Attendorner Innenstadt hat historischen Charme, sie hat durch die Investitionen in den letzten Jahren enorm an Attraktivität gewonnen und bietet einen vielfältigen inhabergeführten Einzelhandel. Es gibt aber ein Defizit beim großflächigen Einzelhandel, weil es nur je einen Anbieter im Bereich Vollsortimenter und Drogeriemärkte gibt“, erklärt der Bürgermeister. Deshalb würden jährlich etwa 15 Mio. Euro Kaufkraft allein für die Sortimente Nahrungs- und Genussmittel sowie Gesundheit und Körperpflege aus Attendorn abfließen.

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Deshalb wirbt Pospischil: „Wir sollten die Chance nicht leichtfertig verspielen, dass ein bestens vernetzter Investor wie die ITG in Attendorn investieren will, namhafte Mieter im Schlepptau hat und langfristig im Eigentum der Immobilie bleiben möchte.“ Mit dem Wall-Center könne man das Einzelhandelsangebot an einem Standort ergänzen, der gut verzahnt zwischen Altstadt, Allee-Center und Bahnhof liege. Mit dem Einkaufszentrum würde sich das Angebot verbessern und die Stadt eine der kurzen und fußläufigen Wege bleiben. Pospischil sei sich sicher, dass auch der inhabergeführte Einzelhandel profitieren werde.

So reagiert der Bürgermeister auf die wesentlichen Kritikpunkte:

1. Kritikpunk: Ein bereits bestehendes Angebot wird dupliziert und nicht ergänzt!


Gibt es in unserer Stadt nur einen Bäcker, ein Deko-Geschäft, ein Bekleidungsgeschäft oder ein Café? Was für den Händler Konkurrenz ist, bedeutet für den Kunden Auswahl. Und erst durch eine breite Auswahl wird eine Einkaufsstadt attraktiv. Außerdem ist die Mietersuche in einem Einkaufszentrum kein Wunschkonzert, sondern sie richtet sich danach, wer bereit ist, in Attendorn ein Geschäft zu eröffnen.

2. Die Einzelhändler aus der Innenstadt werden unter Umsatzumverteilungen leiden!


Natürlich werden Marktanteile innerhalb von Attendorn durch zusätzliche Angebote anders verteilt. Wenn diese Angebote aber dazu führen, dass weniger Attendorner zum Einkaufen nach Bamenohl oder Olpe fahren und mehr Nachbarn nach Attendorn kommen, können auch die Einzelhändler in der Innenstadt profitieren. Dieser zweite Aspekt ist nicht Gegenstand des Gutachtens, insofern nimmt das Gutachten dazu gar nicht Stellung.

3. Ins Obergeschoss des neuen Einkaufszentrums gehören Wohnungen – vor allem auf dem sozialen Wohnungsmarkt gibt es in Attendorn einen enormen Bedarf!


Natürlich gibt es auch in Attendorn einen hohen Bedarf an bezahlbarem Wohnraum. Aber es ist völlig unrealistisch auf einem teuren Grundstück an zentraler Stelle, das auch optisch anspruchsvoll bebaut werden soll, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Hier werden höchstens exklusive Wohnungen für wenige Wohlhabende entstehen. Außerdem müssen, wenn das Obergeschoss vollständig mit Wohnungen bebaut wird, viele Stützen im Erdgeschoss eingebaut werden. Das Erdgeschoss wäre dann nur noch für kleinteiligen Einzelhandel nutzbar. Wir würden damit die einzige Chance verspielen, in unserer eng bebauten Innenstadt großflächigen Einzelhandel anzusiedeln.

4. Es wird aufgrund der Konkurrenz zu Geschäftsaufgaben und Leerständen im Zentrum kommen!


Es kommt immer wieder zu Geschäftsaufgaben und Leerständen im Stadtzentrum. Die Stadt wird ihren Weg weitergehen, mit der Aufwertung der Innenstadt und einer aktiven Einzelhandelsförderung erfolgreich dagegenzuhalten. Wenn wir aber die Chance verpassen, das Einzelhandelsangebot durch neue, attraktive Angebote zu ergänzen, werden diese nur in den benachbarten Zentren entstehen. Dann fahren noch mehr Attendorner zum Einkaufen in die Nachbarschaft. Das ist das weitaus gefährlichere Szenario für das Stadtzentrum.

5. Es hat keinen städtebaulichen Wettbewerb und kaum Bürgerbeteiligung gegeben!

Die Stadt hat in den Jahren 2017 und 2018 ein Verhandlungsverfahren mit mehreren Investoren und Projektentwicklern durchgeführt. Im März 2019 hat der Rat der Stadt der Firma Immobilien Treuhand GmbH aus Düsseldorf deshalb den Zuschlag erteilt, weil sie als einzige in der Lage war, die Anforderungen aus dem Einzelhandelskonzept und aus dem Städtebau zu erfüllen.


Das Ziel, dass großflächiger Einzelhandel am ehemaligen Busbahnhof entstehen soll, ist schon 2014 und 2015 mit großer Bürgerzustimmung in das Innenstadtentwicklungskonzept eingeflossen. Kritik gibt es erst, seit die Mieter bekannt sind. Seitdem haben uns die Kritiker in zahlreichen Gesprächen ihre Argumente benannt. Sie müssen akzeptieren, dass große Teile der Bevölkerung und der Politik eine andere Auffassung vertreten. Aufgabe der Politik ist es, in Kenntnis aller Argumente eine Entscheidung zum Wohl der Stadt und der Gesamtheit ihrer Bürger, nicht im Sinne von Einzelinteressen zu treffen.