Drolshagen. Drolshagen hat 31 Ortsvorsteherbezirke. Nur Berlinghausen sucht noch einen Bewerber. Eine Dorfversammlung kann nicht stattfinden - wegen Corona.
Selbst alteingesessene Drolshagener hätten es auf Anhieb wohl kaum gewusst. Wie viele Ortsvorsteher hat die 12.200-Seelen-Stadt eigentlich? Es sind stattliche 31.
Von Benolpe bis Hützemert reicht die ellenlange Liste, die jedermann auf der Homepage der Stadt unter drolshagen.de einsehen kann. 31 Ortsvorsteherbezirke also, in denen sich engagierte Dorfbewohner für ihren Ort und die Bewohner einsetzen. Alles paletti also? Nicht ganz. Denn auf der Landkarte gibt es einen weißen Fleck: im ansonsten rührigen Dörfchen Berlinghausen mit rund 320 Einwohnern.
Bürgerversammlung ergebnislos
Nachdem Amtsinhaber Thomas Falke seinen Rückzug zum Ende der Wahlperiode Ende Oktober angekündigt hatte, fand zunächst am 8. Oktober eine Bürgerversammlung statt. So, wie das in der Stadt üblich ist, wenn ein Ortsvorsteher oder eine Ortsvorsteherin gesucht wird. Dort sollten sich die Dorfbewohner auf einen Kandidaten einigen, der dann erfahrungsgemäß vom Stadtrat nur noch durchgewunken wird.
Doch Fehlanzeige, niemand wollte sich den „Hut“ aufsetzen.
Stadt will keine Versammlung
Berlinghausen also ohne Ortsvorsteher -- und das wird auch erst einmal so bleiben. Denn wegen der sich zuspitzenden Corona-Krise will die Stadtspitze zunächst auf eine zweite Versammlung verzichten: „Wir machen uns momentan gar keine Gedanken darüber, wie eine solche Versammlung nach der aktuell geltenden Corona-Schutzverordnung umsetzbar wäre“, sagt Drolshagens Bürgermeister Uli Berghof, „da verzichten wir lieber ganz, bis sich die Lage entspannt hat. Solange wird Berlinghausen wohl auch ohne Ortsvorsteher auskommen können.“
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Womit der Bürgermeister wohl Recht hat: Bereits von 2014 bis 2016 war das Ortsvorsteheramt vakant, nachdem Michael Wegener 2014 aufgehört hatte, trat Thomas Falke erst im Frühjahr 2016 sein Amt an, das jetzt erneut besetzt werden muss.
Kritische Gedanken
Im Drolshagener Stadtrat wird das Dorf von Andreas Wigger, Berlinghauser Urgestein, vertreten. Wigger sitzt für die CDU im Rat, ist aktuell 2. Stellvertretender Bürgermeister, und ist darüber hinaus Chef der Berlinghauser Schützen.
31 Ortsvorsteher
Vakant waren außer in Berlinghausen zuletzt auch die Drolshagener Ortsvorsteherbezirke Dirkingen/Buchhagen sowie Dumicke/Bühren. Doch für beide Bezirke fanden sich auf den dafür veranstalteten Bürgerversammlungen Nachfolger:
Für Heinz Wintersohl lenkt fortan Christian Kauer die Geschicke in Dirkingen und Buchhagen (zusammen rund 55 Einwohner).
Für Hans-Jürgen Feibel übernimmt in Dumicke/Bühren Rainer Pfeifer das Ortsvorsteheramt (Einwohner: rund 320).
Dass sie vom Rat bestätigt werden, ist nur eine Formalie.
Die weiteren 28 Ortsvorsteher im Überblick: Jens Stamm (Benolpe), Jürgen Stamm (Gelslingen), Hubertus Engel (Feldmannshof), Leo Trumm (Iseringhausen), Albrecht Zipperich (Halbhusten), Klaus Hamers (Husten), Heribert Scholemann (Brachtpe), Henning Baberg (Eichen), Berthold Hupertz (Öhringhausen), Maik Boek (Frenkhausen), Friedel Weidner (Wintersohl), Andreas Willmes (Siebringhausen), Frank Heuel (Schreibershof), Dorothee Wortmann (Herpel), Christoph Schürholz (Schürholz), Alfons Wigger (Heimicke), Maria Theresia Fernholz (Schützenbruch), Nicolas Bieker (Junkernhöh), Manuel Schmidt (Germinghausen), André Schudok (Sendschotten), Bernadette Hundt (Essinghausen), Dieter Müller (Bleche), Elke Neu (Scheda), Holger Nolte (Neuenhaus), Karsten Koopmann (Lüdespert), Alfons Albus (Schlade), Tim Feldmann (Wegeringhausen), Anja Wigger (Hützemert).
Er ließ zwar anklingen, dass das Dorf mittlerweile einen aussichtsreichen Kandidaten im Auge habe, grundsätzlich sieht er die Situation aber kritisch -- nicht zuletzt wegen der anhaltenden Corona-Krise: „Bei der ersten Versammlung Anfang Oktober waren etwa 30 Leute da, aber es war niemand zu bewegen, es zu machen.“ Was Wigger nicht mal verwundert: „Es gibt zunehmend einen Trend, sich aus dem öffentlichen Leben zurückzuziehen. Verantwortung wollen auch nur die wenigsten übernehmen.“ Wenn sich dann doch jemand finde, der ehrenamtlich mit ins Rad packen wolle, dann aber nicht in vorderster Front.
Wigger (54), von Beruf selbstständiger Tischlermeister, verspürt zudem eine Art Corona-Müdigkeit, die ihn beunruhigt: „Die Corona-Krise hat diesen Trend sicherlich eher verstärkt. Besser geworden ist die Situation jedenfalls bestimmt nicht.“ Man könne regelrecht Angst um das Vereinsleben bekommen: „Die Leute ziehen sich zurück, bleiben lieber auf dem Sofa in den eigenen vier Wänden.“
Bleibende Coronaschäden?
Die große Gefahr könne sein, dass sich da etwas verfestige, es zu bleibenden Schäden für den Zusammenhalt auf den Dörfern komme.
Und ohne eine breite Unterstützung könnten einige wenige die wichtigen Aufgaben nicht ewig stemmen. In Berlinghausen seien zwei Vereine federführend, der Männergesangverein und der Schützenverein. Wigger: „Die kümmern sich maßgeblich um die Dorfgemeinschaftshalle.“ Wenn Dörfer solche Hallen aber nicht mehr selbstständig unterhalten könnten, „wo wollen wir denn zusammenkommen?“ In Dorfkneipen jedenfalls nicht, so Wigger, denn die seien bekanntlich schon lange zu.