Kreis Olpe. Matthias Heider vertritt den Kreis Olpe im Bundestag. 2021 will er aufhören. Im Interview spricht er über die Gründe, Friedrich Merz und Corona.

Nach zwölf Jahren im Deutschen Bundestag soll Schluss sein: Matthias Heider, direkt gewählter Abgeordneter für den Kreis Olpe und den südlichen Märkischen Kreis, tritt bei der Bundestagswahl 2021 nicht wieder an. Das gab der CDU-Politiker vor einer Woche bekannt.

Im Interview spricht Matthias Heider über seine Hoffnungen für die Automobilzulieferer im Kreis Olpe, die Aussichten auf einen Corona-Impfstoff und warum er auch nach dem Ende seines Mandats nicht komplett auf Politik verzichten möchte.

Ihre Entscheidung, nicht erneut für den Bundestag kandidieren zu wollen, hat viele Bürger im Kreis Olpe überrascht. Warum wollen Sie nicht mehr?

Matthias Heider: Ich möchte wieder in vollem Umfang in meinem Beruf als Rechtsanwalt arbeiten. Ich mache das jetzt auch schon, aber die Mandatstätigkeit geht natürlich vor. Mit Mitte 50 scheint mir das genau die richtige Zeit, eine neue berufliche Herausforderung anzugehen.

Ist die Arbeit im Bundestag keine Herausforderung mehr?

Wissen Sie, es ist in den zwölf Jahren viel passiert und wir haben viel auch für das Sauerland erreicht. Aber ich habe immer für eine größere Durchlässigkeit zwischen Wirtschaft, Gesellschaft und Politik geworben. In der Politik erwirbt man ein Mandat auf Zeit und sollte das dann auch nicht zu lange machen.

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Mit der Bundestagswahl im nächsten endet nach dann 16 Jahren auch die Ära Merkel. Wäre es nicht gerade spannend, die Zeit nach ihr mitzugestalten?

Die Weichen in der CDU werden auf dem Bundesparteitag im Dezember gestellt. Danach wird man sehen, welcher der drei Kandidaten sich durchsetzt. Ich mache als Sauerländer kein Geheimnis daraus, dass mir der Sauerländer Friedrich Merz am besten gefallen würde. Ich möchte die Frage nach meiner beruflichen Entwicklung aber unabhängig davon entscheiden.

Blicken wir auf Ihre zwölf Jahre als Abgeordneter im Deutschen Bundestag: Sie sind mitten in der Finanz- und Wirtschaftskrise gestartet. Jetzt hören Sie inmitten einer neuen Krise auf. Was unterscheidet die Situation von damals mit der heutigen?

Zunächst einmal gehe ich davon aus: Ich werde nicht inmitten einer Krise aufhöre, sondern dass die Corona-Krise im Herbst 2021 weitgehend überwunden ist. Aber ja, ich habe wirtschaftlich herausfordernde Zeiten im Bundestag erlebt. 2009 mussten wir Brücken bauen, wussten aber nicht, wie breit die Brücken sein müssen. Insbesondere mit dem Kurzarbeitergeld und auch mit Finanzhilfen für die Wirtschaft ist es uns gelungen, diese Krise zu überwinden. Danach hatten wir fast zehn Jahre mit positivem Wachstum. Wir sind in dieser Zeit gut mit dem Geld umgegangen und haben deshalb jetzt die Möglichkeit, ausreichend Mittel zu nutzen. Man muss in solchen Situationen dann auch mit Mut zur Sache gehen. Sonst wird das nichts.

Was macht Ihnen Hoffnung, dass die Krise bis zur Bundestagswahl im September nächsten Jahres überwunden ist?

Ich gehe davon aus, dass wir im Frühjahr eine ausreichende Menge Impfstoff zur Verfügung haben werden. Die Rückmeldungen aus der Erprobungsphase sind ermutigend.

Heißt das, dass die Schützenfest-Saison wieder wie gewohnt stattfinden kann?

Ich würde mir das wünschen, denn so wie es in diesem Jahr lief, ist das dauerhaft kein Zustand. Die ersten Schützenfeste in den ersten Mai-Wochen kommen vielleicht noch etwas zu früh, aber für den Zeitraum um den August bin ich zuversichtlich.

Die Corona-Krise trifft auch die Automobilzulieferer im Kreis Olpe hart. Was kann unsere Region tun, um trotzdem gestärkt aus der Krise herauszukommen?

Die Probleme in der Automobilbranche sind nicht nur coronagetrieben, sondern da spielen auch Themen wie die verschlafene Elektrifizierung und der Dieselskandal eine Rolle.

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Gilt dieser Vorwurf allein den großen Automobilherstellern oder haben auch die Zulieferer Fehler gemacht?

Die Zulieferer liefern das, was bestellt wird. Sie haben in den vergangenen Jahren viele Vorschläge gemacht, was die Elektrifizierung oder auch den Leichtbau angeht. Da kenne ich einige beeindruckende Beispiele aus dem Wahlkreis. Das wollten die Automobilkonzerne aber nicht haben.

Seit einigen Monaten sieht man mehr und mehr Elektroautos auf den Straßen. Sind wir damit nun auf dem richtigen Weg?

Das muss noch weiter gehen. Wir brauchen ein differenziertes Antriebskonzept vom Verbrenner über den Elektromotor bis zum Wasserstoff-Antrieb, für den wir die Infrastruktur noch deutlich verbessern müssen. Diesen Schritt kann ich mir bei unseren Zulieferern aber sehr gut vorstellen.

Neben der Wirtschaft ist die transatlantische Partnerschaft Ihr zweites großes Thema als Abgeordneter. Können Sie noch zählen, wie oft Sie in den USA waren?

Nicht aus dem Stegreif, aber sicherlich mehrmals im Jahr. Mit einer Ausnahme: Dieses Jahr war ich im Februar in den USA und seitdem halten wir den Kontakt nur noch über Videokonferenzen aufrecht.

Mit Spannung blicken ja auch die Deutschen auf die anstehende Präsidentschaftswahl in den USA. Welche Perspektive hat das Verhältnis zwischen den beiden Ländern?

Ich würde mir wünschen, dass sich die transatlantischen Beziehungen wieder entspannen. Die Partner sind noch nie so konfrontativ miteinander umgegangen. Das tut einem vertrauensvollen Verhältnis natürlich überhaupt nicht gut. Doch wenngleich die Situation zwischen den Regierungen noch nie so trostlos war wie heute, pflegen wir auf der Ebene der Parlamentarier ein enges Verhältnis. Ich habe die Hoffnung, dass im November eine neue Phase der Beziehungen beginnt. Aber das Rennen ist noch absolut offen.

Nach zwölf Jahren als Abgeordneter: Gibt es eine Abstimmung, von der Sie im Nachhinein sagen, dass Sie heute anders entscheiden würden?

Da fällt mir spontan keine ein. In der Finanzkrise habe ich mal gegen meine Fraktion gestimmt, weil ich der Auffassung war, dass Griechenland die Konsolidierung außerhalb der Euro-Zone besser geschafft hätte. Auch diese Entscheidung würde ich noch einmal genauso treffen. Eine große Verantwortung haben wir auch bei der Frage der Bundeswehr-Einsätze. Da sind auch Frauen und Männer aus dem Sauerland dabei. Ich hätte mir zwar ein schnelleres Ende der Auseinandersetzung in Afghanistan gewünscht, aber wir können das Land nur stabilisieren, wenn wir Präsenz zeigen.

Wird es für Sie ab nächstem Jahr denn ganz ohne Politik weitergehen können?

Ein Leben ganz ohne Politik kann ich mir nicht vorstellen. Ich bleibe ja stellvertretender Bundesvorsitzender des Mittelstandsvereinigung der CDU und ich glaube, es ist gut, diese Aufgabe auszuführen, auch wenn man kein Bundestagsabgeordneter mehr ist. Wir brauchen die Verantwortung der Gesellschaft in ehrenamtlichen Positionen in der Politik. Ohne funktioniert es nicht.

Corona wird Ihr letztes Jahr als Abgeordneter prägen, das haben wir schon festgestellt. Gibt es trotzdem noch ein persönliches Ziel, das Sie in dieser Zeit noch erreichen möchten?

Es gibt ein konkretes Gesetzesvorhaben. Wir wollen, dass die marktbeherrschenden Unternehmen im Internet wie Facebook, Alphabet und Amazon verantwortungsvoll mit ihrer Marktmacht umgehen. Das möchte ich vor der Sommerpause 2021 noch ins Ziel bringen.

Geben Sie uns zum Abschluss eine Prognose ab: Welcher Bundeskanzler wird nach der Wahl 2021 die Regierung anführen?

So wie es aussieht, wird es ein Mann aus Nordrhein-Westfalen und er wird katholisch sein.