Kreis Olpe. Situation rund um die Borkenkäferplage hat sich 2020 im Vergleich zu den Vorjahren dramatisch verschärft. Das sagt der Forstamtsleiter aus Olpe:

Der Feind ist zwar klitzeklein, aber übermächtig. Und nahezu unzerstörbar: „Wenn Sie Borkenkäfer in die Tiefkühltruhe legen und ein paar Tage später rausholen, leben sie noch“, macht Jürgen Messerschmidt, Leiter des Regionalforstamtes Kurkölnisches Sauerland während einer Pressekonferenz über die Zukunft des heimischen Waldes deutlich, wie robust der momentane ,Waldfeind Nummer 1’ ist.

Messerschmidt klärt gemeinsam mit seinem Försterkollegen Marc Muckenhaupt darüber auf, welche Dimension die Zerstörung des Fichtenbestandes angenommen hat: „Wir müssen uns wohl damit abfinden, dass sich das Bild des Waldes, das wir kennen, gravierend ändern wird.“ Das Zahlenmaterial, das der Olper Forstamts-Chef mitgebracht hat, hat es in sich: „Die Jahre 2018 und 2019 waren bereits problematisch, aber bis zu diesem Jahr waren wir noch mit einem blauen Auge davongekommen. Bis Ende 2019 hatten wir etwa einen Verlust durch den Borkenkäfer von rund 500.000 Festmetern Fichtenholz. In diesem Jahr sind es bis jetzt bereits in einem einzigen Jahr über 600.000 Festmeter.“

12 Millionen in einem Hektar

Unendlich viele Borkenkäfer hätten den milden Winter 2019/2020 überlebt. Eine Zählung und Hochrechnung in einem Revier bei Drolshagen habe ergeben, dass man von rund 12 Millionen Käfer pro Hektar Fichtenwald habe ausgehen müssen. Vergleich: Im höher gelegenen Hochsauerlandkreis sei das gerade mal eine Million pro Hektar gewesen.

Allein diese Zahl war somit der Vorbote der Katastrophe 2020: „Ein frühes, sonniges Frühjahr und der trockene, heiße Sommer, der ja erst letzte Woche zu Ende gegangen ist, sorgten dann für die jetzigen Zustände“, erklärt Messerschmidt die Ursachen der Wald-Katastrophe.

Es gebe Waldbauern, die Verluste von mehr als 200.000 Euro in einem Jahr hätten hinnehmen müssen. Mit Blick auf den Staatswald schätzte Messerschmidt, dass ein Festmeter aktuell statt 60 Euro nur noch 10 Euro bringe, für sogenanntes „schwächeres Holz“, also Baumstücke mit einem Durchmesser von weniger als 20 cm hätten die Waldbesitzer früher noch etwa 30 Euro pro Festmeter erzielen können. „Das bleibt jetzt einfach im Wald liegen.“

Die Arbeiter im Wald seien sozusagen rund um die Uhr beschäftigt, die Geräuschkulisse im Wald werde von großen Erntemaschinen (Harvester), Entrindern und Motorsägen bestimmt.

Förderanträge tägliches Geschäft

Und Messerschmidt nutzt die Gelegenheit auch, eine Bresche für seine Mitarbeiter zu schlagen, nachdem heimische Waldbesitzer das Forstamt bei einem Besuch der NRW-Ministerin Heinen-Esser scharf kritisiert hatten, zu viel toten und befallenen Staatswald stehen zu lassen: „Wir sind am Limit, und und mit Blick auf den Gesundheitszustand meiner Mitarbeiter, für die ich verantwortlich bin, muss ich auf die Bremse treten. Einige arbeiten mehr, als sie sollten, haben schon ein schlechtes Gewissen, wenn sie Urlaub machen.“ Zahlenbeispiel: Im großen Staatswald-Revier Einsiedelei würden in einem normalen Jahr rund 11.000 Festmeter aufgearbeitet, „in diesem Jahr sind es schon 43.000“, sagt Messerschmidt: „Wir tun wirklich, was wir können.“

Dem von manchem Waldbesitzer geforderten Groß-Einsatz von Insektiziden erteilt Messerschmidt eine Absage: „Mit dem Hubschrauber großflächig zu arbeiten, bringt nichts, da der Käfer tief in der Rinde sitzt.“ Was auch die Landesförster bereits machten, sei das gezielte Besprühen vom Boden aus und bei gefällten Bäumen. Messerschmidt: „Aber auch das nur mit Bauchschmerzen.“

Marc Muckenhaupt gab noch einen Einblick ins Landesförderprogramm: „2019 stellten die Waldbesitzer im Kreis 142 Anträge auf Förderung für die Aufarbeitung von toten noch stehenden Bäumen und gefallenem Holz, mit einem Fördervolumen von rund 460.000 Euro. In diesem Jahr sind es jetzt schon 350 Anträge mit einem Volumen von 4,4 Mio. Euro, Tendenz steigend.“ Seine Arbeit, so der Forstbeamte, bestehe aus nichts anderem mehr, als sich mit diesen Anträgen zu beschäftigen.