Kirchhundem/Hilchenbach. Nach fast zehnjähriger Planung hat das Investorenduo Günter Pulte (Rahrbach)/Enercon den Bauantrag für den Windpark gestellt.

Günter Pulte, erfahrener Windbauer aus Rahrbach, sieht erleichtert aus, während wir ihn auf seinem Bauernhof besuchen. Anfang des Monats hat er nach fast zehnjähriger Planung einen Bauantrag eingereicht, der für den Kreis Olpe bis jetzt Alleinstellungsmerkmal hat. Es ist der Bauantrag für den zweiten Bürgerwindpark, den Pulte als Geschäftsführer der RothaarWind GmbH gemeinsam mit der ostfriesischen Windkraftanlagenfirma Enercon stellt: Insgesamt 17 Windräder sollen sich auf dem Höhenzug entlang der Grenze zwischen den Kreisen Olpe und Siegen einmal drehen. Sieben auf dem Gebiet der Stadt Hilchenbach, zehn am Rande der Gemeinde Kirchhundem bei Heinsberg. Und für diese zehn Anlagen hat der Rahrbacher den Antrag jetzt nach Olpe gefahren, der Antrag für die sieben „Siegerländer“ Räder folgt noch.

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Das Projekt ist hinlänglich bekannt, hat umfangreiche und kontroverse Diskussionen ausgelöst.

Wieviel Arbeit ein solches Mega-Projekt für den Planer allein bis zum Bauantrag bedeutet, hat Günter Pulte im vergangenen Jahrzehnt leidvoll erfahren. Mit 40 prall gefüllten Aktenordnern begab er sich vor einigen Tagen auf den Weg zum Olper Kreishaus: „108 Kilogramm Papier“, grinst er, fügt aber gleich hinzu: „Der eigentliche Bauantrag ist nur vier Ordner stark, muss aber in zehnfacher Ausfertigung eingereicht werden.“

Das hat einen nachvollziehbaren Grund: Viele Behörden neben der Kreisverwaltung werden über das Millionenprojekt detailliert in Kenntnis gesetzt und beteiligt.

Aber schon bis zum Bauantrag mussten zahlreiche Hürden genommen werden.

750.000 Euro bereits investiert

Bevor mit dem Bau des ersten Rades begonnen werden kann, hat das Duo Pulte/Enercon mehr als 750.000 Euro investiert. Pulte, der zwar 2007 schon fünf Anlagen auf Hilchenbacher Terrain errichtet hatte und erahnte, welchen Planungsaufwand ein 17-Anlagen-Windpark mit sich bringen würde, sagt heute: „Ich hatte damit gerechnet, dass es ungefähr so lange dauern würde, wie beim ersten Windpark. Also rund sechs Jahre. Aber nicht mit fast zehn Jahren.“

Der Grund: „Die Rahmenbedingungen haben sich enorm erschwert. Es ist ein Wald voller Hürden zu bewältigen. Wir haben etwa 80 Verträge mit unterschiedlichen Waldeigentümern geschlossen, mit Genossenschaften, Privatwaldbesitzern und Forstbehörden für den Staatswald verhandelt.“

Dann zeigt Pulte uns die Liste der Gutachten, die er während der Planung zu erbringen hatte: Umweltverträglichkeitsprüfung, Schall- und Schattengutachten, Artenschutzgutachten, Landschaftspflegerischer Begleitplan, Flora-Fauna-Habitat-Verträglichkeitsgutachten, Visualisierung mit Fotomontagen, Sichtbarkeitsanalyse, Forstgutachten, Bodengutachten, geotechnisches Gutachten, Radargutachten (für die Bundeswehr), Archäologisches Gutachten, Turbulenzgutachten, Windgutachten. Pulte: „Ich schätze, dass insgesamt an die 30 Behörden zu beteiligen sind, allerdings in unterschiedlichem Umfang.“

Insbesondere die Erstellung des Artenschutzgutachtens sei eines der größten Hürden für ein Windenergieprojekt: „Wir haben dafür rund vier Jahre benötigt und eine Fläche von rund 11.000 Hektar rund um die Standorte zugrunde gelegt. Eine Baugenehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz erhält man aber nur, wenn der Schutz der Natur und der Anwohner gesichert ist.“

Bisher fast 260 Millionen Kilowattstunden

Etwa 90 Gesellschafter, überwiegend aus den Kreisen Olpe und Siegen, gehören zum Rothaarwindpark I auf Hilchenbacher Gebiet mit fünf Anlagen. Seinerzeit lag der Mindestanteil bei 3.000 Euro. „Das werden wir für den neuen Windpark ändern“, sagt Pulte, auf 1000 Euro.

Von 2007 bis heute hätten die fünf Anlagen von Rothaarwind I rund 257 Millionen Kilowattstunden Strom erzeugt.

Pulte legt Wert auf die Feststellung, dass pro Windrad nur etwa 0,3 Hektar Wald fallen müssten, denn in der Öffentlichkeit würden zu diesem Thema auch schon mal horrende Zahlen genannt, die falsch seien.

Günter Pulte, Geschäftsführer der Rothaarwind GmbH, hat den umfangreichen Bauantrag beim Kreis Olpe für den Windpark bei Heinsberg eingereicht.
Günter Pulte, Geschäftsführer der Rothaarwind GmbH, hat den umfangreichen Bauantrag beim Kreis Olpe für den Windpark bei Heinsberg eingereicht. © WP | Josef Schmidt

Der Bau und der Betrieb der Windräder dürfen unter anderem Schwarzstörche nicht gefährden, den Rotmilan, den Wespenbussard, den Schwarzspecht, Fledermäuse, Wildkatzen oder Haselmäuse. Für Letztgenannte wurden kleine Kästen an Äste geschnallt, die die Haselmäuse anlocken und damit deren Existenz beweisen sollten. Pulte: „Die gibt es in unserer Region nahezu überall und wir werden auf deren Winterschlaf auch Rücksicht nehmen und den Wald nicht vor Mai roden.“ Um Fledermausrufe erfassen zu können, seien Ultraschall-Mikrofone installiert, Webcams errichtet worden, um die Horste der Vögel zu beobachten. Pultes Fazit: „Der Aufwand für all diese Dinge ist spektakulär.“

Rund 2100 Meter entfernt

Für den Menschen sei natürlich die Entfernung zur nächsten Wohnbebauung ein wesentlicher Faktor: „Mit unserem nächstgelegenen Windrad sind wir von Heinsberg (Gemeinde Kirchhundem) rund 2100 Meter entfernt, von Oberndorf (Stadt Hilchenbach) rund 1100 Meter.“

Sollten sich einmal alle 17 Windräder des Enercon-Typs E 138 drehen, dürften rund 75 Millionen Euro investiert worden sein, schätzt Pulte. Die Räder sind geringfügig unterschiedlich hoch, drei maximal 180 Meter, 14 maximal 199 Meter. Mit Maximal ist die vom Rotorblatt maximal erreichbare Höhe gemeint. Die Türme sind 111 bzw. 130 Meter hoch. Bis zum Umspannwerk von Westnetz (RWE) in Erndtebrück ist ein rund acht Kilometer langes Kabelnetz ins Erdreich zu verlegen. „Dafür greifen wir aber auf das bestehende Forstwegenetz zurück“, ist Pulte wichtig, hervorzuheben.

140 Millionen Kilowattstunden

Der Mega-Aufwand für den Mega-Windpark soll sich lohnen: Pro Jahr erwarten Enercon und Pulte laut der Windgutachten einen Ertrag von rund 140 Millionen Kilowattstunden, mehr als die Einwohner des Kreises Olpe verbrauchen, die Industrie aber nicht eingeschlossen.

Bleibt die Frage nach dem zu erzielenden Strompreis. Hier kann Pulte noch keine genauen Angaben machen, da das erst nach dem Ausschreibungsverfahren fest stehe. Ein Preis von rund sechs Cent sei denkbar, schätzt der Windbauer. Sollte Enercon/Rothaarwind den Zuschlag bei der Ausschreibung erhalten, sei der erzielte Preis für 20 Jahre garantiert. Das würde einen Umsatz von rund 8,4 Millionen Euro pro Jahr bedeuten.

Davon müssten, so Pulte, natürlich unter anderem die Bau- und Planungskosten über Zins- und Tilgung getragen werden, die Pachtzahlungen, Gewerbesteuer, Körperschaftssteuer, Wartung und Reparaturen und die Rückbaukosten. Dafür würden allein rund 6,5 Prozent der Investitionssumme per Bürgschaft abgesichert. Ein Risiko für die öffentliche Hand werde damit auf Null gesenkt.

Interessierte Bürger könnten sich auch am neuen Bürgerwindpark RothaarWind II in Form von Anteilen beteiligen, kleinste Anteilssumme: 1000 Euro.