Attendorn. Auf Initiative von „Jüdisch in Attendorn“ erhält die Stadt im Bereich Wasserstraße/Breite Techt einen nach Minna Ursell benannten Platz.

Die Stadt Attendorn erhält im Bereich Wasserstraße/Breite Techt einen nach Minna Ursell benannten Platz. Einstimmig folgte der Hauptausschuss einem entsprechenden Antrag der Initiative „Jüdisch in Attendorn“. Für die Antragsteller Hartmut Hosenfeld und Tom Kleine ist die am 2. Mai 1927 gestorbene und auf dem jüdischen Friedhof bestattete Mutter von acht Kindern „eine der größten Wohltäterinnen der Stadt Attendorn“.

Mit ihrer Minna-Ursell-Stiftung habe die am 16. November 1846 in Salzkotten geborene Frau konfessionsübergreifend sehr viel Gutes bewirkt. Daran soll in Zukunft der Minna-Ursell-Platz vor der Gedenktafel „Im Hohl“ (schräg gegenüber der Gaststätte „Zum Kläppchen“) erinnern.

Die vom Attendorner Künstler Karl-Josef Hoffmann gestaltete Bronzeplatte wurde 1989 an der Stelle angebracht, wo der ehemalige jüdische Betraum (im Volksmund „Synagoge“) gestanden hat. Das Originalgebäude war zwei Jahre zuvor abgerissen worden. Erinnert wird mit der Gedenktafel an die Ereignisse der Reichspogromnacht 1938, als auch in Attendorn jüdische Bewohner gedemütigt und verhaftet sowie ihre Wohnungen und Geschäfte demoliert worden sind.

Aus Anlass der Novemberpogrome

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Den Antrag auf einen „Minna-Ursell-Platz“ hatte die Initiative „Jüdisch in Attendorn“ aus Anlass des 80. Jahrestages der Novemberpogrome gestellt, der unter dem Motto „Shalom Attendorn 2018“ mit zahlreichen Veranstaltungen begangen wurde. Höhepunkt war die Aufstellung einer Gedenkstele auf dem jüdischen Friedhof, in Anwesenheit von vielen Nachkommen von Überlebenden aus jüdischen Familien aus Attendorn.

In ihrer Antragsbegründung schildern Hartmut Hosenfeld und Tom Kleine die wichtigsten Daten im Leben von Minna Ursell, die am 18. März 1873 den jüdischen Unternehmer Joseph Ursell aus Attendorn heiratete. Schon ihr Schwiegervater, Kaufmann Aaron Abraham Ursell, hatte in seinem Testament verfügt, dass sein Haupterbe auch „an katholische Arme der Stadt Attendorn zehn Taler“ auszahlen muss, das Gleiche galt für evangelische Arme.

Die 1918 von ihrem Sohn Albert ins Leben gerufene „Minna-Ursell-Stiftung“ hatte zunächst ein Stiftungskapital von 5000 Mark, das noch im gleichen Jahr auf 10.000 Mark erhöht wurde.

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Die jährlichen Zinsen beliefen sich von 1918 und 1923 zwischen 237 und 459 Mark. Bei der ersten Verteilung am 20. Dezember 1918 erhielten neun Kriegerwitwen jeweils 15 Mark. Albert Ursell schenkte im Auftrag seiner Familie der Armenverwaltung der Stadt Attendorn nicht nur das Kapital für die „Minna-Ursell-Stiftung“, dem städtischen Krankenhaus spendete er 1920 aus dem Stiftungskapital einen Röntgenapparat.

Wie lange die Stiftung bestanden hat, kann auch die Initiative „Jüdisch in Attendorn“ nicht sagen.

Verein unterstützt die Initiative

Eva Kersting (CDU) bedankte sich im Hauptausschuss bei Hartmut Hosenfeld und Tom Kleine für ihr Engagement. Auch der Verein für Orts- und Heimatkunde begrüßt die Umbenennung in „Minna-Ursell-Platz“ ausdrücklich. Der Name stehe stellvertretend für die vielen wohltätigen Aktivitäten der Ursells und anderer Attendorner jüdischen Familien. „Für uns geht ein Traum in Erfüllung“, freut sich Tom Kleine von „Jüdisch in Attendorn“ über die einstimmige Zustimmung des Hauptausschusses.

In der Hansestadt mit ihrer durch die Nationalsozialisten brutal beendeten jahrhundertealten jüdischen Tradition gibt es bereits in Biekhofen/Wippeskuhlen die Gerhard-Stern-Straße zur Erinnerung an den 1913 in Attendorn geborenen Gerhard Stern, der in Israel unter dem Namen Gabriel Stern ein sehr bekannter Journalist und Schriftsteller war.

In Zusammenarbeit mit der SGV-Abteilung wurde 2018 der Julius-Ursell-Weg eröffnet, der erste jüdische Themen-Wanderweg in Attendorn. Julius Ursell war ein Sohn von Minna Ursell, der Namensgeberin der Stiftung.