Kreis Olpe. Viele Kleinunternehmen im Kreis sind sauer. Sie sollen die Soforthilfe des Landes ganz oder größtenteils zurückzahlen.

Für viele Kleinunternehmer, Handwerker, Dienstleister, Künstler und Gastronomen im Kreis war die Soforthilfe des Landes NRW nach dem Corona-Lockdown Mitte März ein „Geschenk des Himmels“. Schnell und unbürokratisch überwies das Land je nach Betriebsgröße pauschal 9-, 15- oder 25.000 Euro auf das Geschäftskonto. Die gleichen Geschäftsinhaber, die vor wenigen Wochen noch jubelten, sind heute stinksauer. Denn sie sollen die Förderung bis zum Jahresende ganz oder zum großen Teil zurückzahlen, das „Geschenk“ erweist sich als „Luftnummer“.

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Geänderte Bedingungen

So sieht es Lars Martin, stellv. Hauptgeschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes Westfalen. Denn anders als ursprünglich geplant wurden die Rückzahlungsbedingungen für die Soforthilfe geändert. Mit der Konsequenz, dass bis auf einen pauschalen Freibetrag von 2000 Euro keinerlei Personalkosten, also der größte Ausgabenposten, angerechnet werden. „Anfangs ging es bei der Berechnung der Rückzahlung um entgangenen Umsatz abzüglich eingesparter Kosten, später stattdessen um den Verlust“, erklärt Steuerberater Klaus-Peter Berg von der Sozietät Coventus in Elspe, die viele Betroffene vertritt. „Wäre dies bekannt gewesen, hätten 80 Prozent den Antrag erst gar nicht gestellt, sagt der Fachmann. Denn einen bilanzierten Verlust ohne Personalkosten hat kaum ein Unternehmen gemacht. Im Gegenteil, die Unternehmer versuchten in der Coronazeit, die Verluste möglichst gering zu halten.

„Vielleicht hat man in der Landesregierung nicht damit gerechnet, dass unsere Gastronomen so fleißig sind, die allermeisten sind kreativ geworden, mit Abholservice, Lieferservice, Gutscheinen etc. Das bedeutet, die Personalausgaben, die nötig waren, um die Einnahmen überhaupt erzielen zu können, werden jetzt bei der Rückzahlung nicht berücksichtigt. Das ist ungerecht“, so Martin.

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Gestundete Pacht zählt auch nicht

Es gibt noch eine zweite Schieflage. Laut Coronagesetz können Pächter von Geschäftsräumen ihre Pacht stunden, also erst später zahlen. Aber: „Gestundete Pacht- oder Mietzahlungen werden bei der Berechnung der Rückzahlung ebenfalls nicht berücksichtigt“, erklärt Klaus-Peter Berg.

Aufgefallen war dies alles erst, als Ende Juni die ersten Rückzahlungsformulare bei den Soforthilfe-Abnehmern eintrudelten. Die Konsequenzen sind bei Gastronomen wie Friseuren oder kleinen Boutiquen weitgehend gleich. „Der Standardfall ist der kleine Friseursalon, den die Besitzerin einen Monat schließen musste, dann jeden Tag 12 bis 14 Stunden gearbeitet hat und nun die gesamte Soforthilfe zurückzahlen soll“, so Berg.

Fleißige Unternehmer werden bestraft

In der Gastronomie sieht es ähnlich aus. „Die Wirte, die sich gesagt haben, das bringt alles nichts, ich lasse den Laden zu, die profitieren jetzt von der Soforthilfe und diejenigen, die versucht haben, die Karre aus dem Dreck zu ziehen, müssen nun teilweise alles zurückzahlen. Das kann es nicht sein“, so Martin.

Die Rückzahlungsforderungen lösten einen Sturm der Entrüstung in NRW aus. Mit Erfolg, die Forderungen wurden ausgesetzt. Da es ein Bundesprogramm ist, muss der NRW-Wirtschaftsminister jetzt in Berlin nachverhandeln. Lars Martin hofft, dass dies fruchtet und zumindest die Personalkosten in Ansatz gebracht werden können. „Unsere Köche wissen, dass bei neuen Gerichten immer mal was schief gehen kann. Wenn der Gast sich dann beschwert, muss man eben nachbessern“, so der Vertreter der Gastronomie.

Was passiert, wenn sich das Land NRW nicht durchsetzen kann? „Dann wird dies zu Massenklagen führen“, glaubt Klaus-Peter Berg. Denn der erste Bewilligungsbescheid, in dem noch vom entgangenen Umsatz abzüglich eingesparter Kosten die Rede war, habe schließlich Rechtskraft, sagt Klaus-Peter Berg.

Sterben der Gastronomie befürchtet

Lars Martin glaubt, dass das Sterben der Gastronomiebetriebe immens beschleunigt würde. Die Soforthilfe sei nichts anderes als ein Darlehen mit kurzer Laufzeit. „Auf Anhieb 9000, 15.000 oder 25.000 Euro zurückzahlen, das können kleine Betriebe kaum stemmen.“ Im Moment hielten sich die Betriebe mit Außengastronomie halbwegs über Wasser, „denn die Gäste gehen nicht gern in geschlossene Räume.“ Aber der Sommer im Sauerland sei kurz. „Die nächsten zwei Monate werden spannend“, so der DEHOGA-Geschäftsführer.