Lennestadt/Kirchhundem. Ob altersgerechter Wohnraum oder Lösungen für Seh- oder Hörgeschädigte: Der Kreis hat noch Nachholbedarf beim Thema Seniorenfreundlichkeit.

Jürgen Dolle weiß, wovon er spricht. Als Rolli-Fahrer erlebt er selbst hautnah, was es heißt, wenn Barrieren das Leben einschränken. „Da sieht man die Welt aus einer anderen Perspektive. Es geht um barrierefreie Freiheiten“, bringt es der Sprecher des Örtlichen Unterstützerkreises der Stadt Lennestadt für die Belange der Menschen mit Behinderungen auf den Punkt. „Barrierefreiheit rückt zunehmend in den Fokus dadurch, dass wir eine älter werdende Gesellschaft werden. Das ist ein immer größer werdendes Thema. Irgendwann sind 30 Prozent der Bevölkerung über 65“, sagt Dolle. Barrierefreiheit ist ein wichtiger Punkt, der für Seniorenfreundlichkeit in einer Stadt oder Gemeinde sorgt.

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Die Schaffung von altersgerechtem Wohnraum und Wohnraum für Menschen mit Beeinträchtigungen sei ein wichtiges Thema, betont der 54-Jährige: „In Grevenbrück beim früheren Kurhaus gibt es viele altersgerechte Wohnungen und an der Hauptstraße bei der Kirche.“ Zudem gebe es die Planungen der Volksbank in Saalhausen und für altersgerechte, barrierefreie Wohnungen am Bahnhof in Meggen.

Hindernisse für Patienten

Doch einiges liege noch im Argen. „Arztpraxen in Lennestadt und Umgebung sind nicht barrierefrei zugänglich. Die Treppe vor der Tür ist für viele Patienten ein echtes Hindernis“, so Jürgen Dolle, der fordert: „Wenn neu gebaut wird, muss man bedenken, dass das barrierefrei ist.“ Im Bestand gehe es um Kompromisse. Nicht nachvollziehen kann der 54-Jährige, der seit 2005 im Rollstuhl sitzt, die Situation bei den Bahnhöfen: „Nur im Bahnhof in Altenhundem gibt es einen Fahrstuhl. In Meggen, Grevenbrück und Kirchhundem ist keiner. Das sind Dinge, die ärgern mich.“

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„Ich plädiere dafür, dass die Infrastruktur so gut zugänglich gemacht wird wie möglich“, sagt Jürgen Dolle: „Wenn ich am Wochenende mit meiner Frau und Tochter essen gehe, dann gehe ich dahin, wo ich barrierefrei hinkommen kann.“ Selten gebe es Toiletten, die für Menschen mit Beeinträchtigungen zugänglich sind: „Eine kleine Kabine ist ungeeignet. Da ist zu wenig Platz. Deshalb muss man Unisex-Toiletten einrichten.“ Und: „Langsam tut sich was. Das geht mir natürlich nicht schnell genug.“

Ein Absenken der Bordsteine sei wichtig auch für Kinderwagen oder Menschen, die zum Beispiel einen Fuß nachziehen. Im PZ in Meggen funktioniere die Barrierefreiheit wunderbar, auch im Kulturbahnhof in Grevenbrück. „Man muss reinkommen und sich im Gebäude bewegen können. Das ist alles kein Hexenwerk“, meint Jürgen Dolle.

Auch Sinnesbeeinträchtigungen

„Barrierefreiheit zielt nicht nur ab auf körperliche Gebrechen, sondern auch auf Sinnesbeeinträchtigungen“, unterstreicht der 54-Jährige. In vielen Räumlichkeiten im Kreis Olpe fehlen Induktionsanlagen, die man mit Hörgeräten kuppeln kann. Dann könnten schwerhörige und ältere Menschen teilhaben an Veranstaltungen. „Das kostet nicht die Welt“, so Dolle. Kontrastierende Farben seien bei Glastüren notwendig: „Da kann man den Rahmen der Tür streichen. Das ist oft nur ein Eimer Farbe. Ich bin ein Fan pragmatischer Lösungen. Es ist noch nicht so, wie ich mir das wünsche. Deshalb müssen wir den Finger in die Wunde legen.“

Friedhelm Hoffmann war von 2005 bis 2013 Behindertenbeauftragter des Kreises Olpe. Heute ist er Berater des Lennestädter Unterstützerkreises. „Das Bewusstsein für Barrierefreiheit ist bei allen Beteiligten eindeutig gestiegen. Als ich 2005 angefangen habe, war das noch ein stiefmütterliches Thema. Es hat sich enorm etwas verändert, aber das muss ein Dauerthema bleiben“, betont der 71-Jährige. Während körperliche Beeinträchtigungen sehr stark im Bewusstsein stünden, sei das bei der Teilhabe von Schwerhörigen und Gehörlosen noch nicht der Fall. Nur Olpe, Wenden und der Kreis würden über Sitzungssäle mit Induktionstechnik verfügen: „Bei Veranstaltungen kenne ich keinen Raum. Und das, wenn man bedenkt, wie viele Leute Hörprobleme haben.“ Der Ausstattungsgrad mit öffentlichen, auch rollstuhlgerechten Toiletten, sei im Kreisgebiet enorm angestiegen, so Hoffmann: „Schützenhallen haben sich in ihrer Ausstattung dem Thema Barrierefreiheit in den unterschiedlichsten Bereichen gewidmet.“

Mit einfacher Rampe ins Wasser

Brandschutz sei wichtig, meint Jürgen Dolle: „Aber den tragen wir vor uns her wie eine Monstranz. Genauso wichtig ist aber auch Barrierefreiheit.“ Zur Frage, was er sich persönlich wünscht, sagt der Rolli-Fahrer: „Die soziale Infrastruktur ist auf dem Weg, aber das ist noch nicht schnell und weit genug. Ich möchte, dass deutlich mehr barrierefrei wird, wie Restaurants, Theater, Kino, Cafés oder Schwimmbad. Eine simple Rampe kann es auch Rolli-Fahrern ermöglichen, ins Wasser zu kommen.“