Rahrbach/Kreis Olpe. Rahrbachs Ortsvorsteher Christian Jung ist von den Ergebnissen seines Internet-Portal überrascht. Welche Erkenntnisse die Auswertung bringt:
Damit hätte Christian Jung, Unternehmer und Ortsvorsteher von Rahrbach, nun wirklich nicht gerechnet: „Da hat sich in der Mentalität vieler Menschen offenbar Gravierendes verändert. Die Leute haben mehrheitlich nicht mehr den Traum vom eigenen Häuschen im Grünen, sondern bevorzugen gemieteten Wohnraum. Wie in der Stadt.“
Was Jung meint, zeigt sich bei der Auswertung des Internet-Portals, das seit knapp einem Jahr unter heimat-tal.de läuft. Dort will Jung wissen: Wer sucht Wohnraum, wo und welchen? Oder: Wer will Wohnraum verkaufen oder zur Verfügung stellen? Mittlerweile traf die 100. registrierte Anfrage ein – nach ziemlich genau einem Jahr Laufzeit.
Für Kirchhundem ausgeweitet
Zunächst hatte Jung das Portal nur fürs erweiterte Rahrbachtal (Rahrbach, Kruberg, Welschen Ennest, Benolpe) ausgelegt, dann aber auf Kirchhundem und Würdinghausen ausgeweitet. Interessenten müssen sich registrieren und einen Katalog mit etwa 40 Fragen bearbeiten. Die 100. Anfrage war für Jung jetzt eine erste Zäsur, um die Motivation der Interessenten zu analysieren. Wo kommen die Interessenten für Wohnraum her? Warum haben sie ein Interesse für das Wohnen auf dem Land? Warum ist das Rahrbachtal für sie so interessant?
Jung, von Haus aus eigentlich IT- und Logistikberater und nebenbei Honorar-Professor, ist seit einigen Jahren verstärkt auf dem Immobilienmarkt tätig. Er verfolgt dabei auch als Ortsvorsteher ein für ihn wichtiges Ziel: „Der Wohnraummangel ist schon lange keine rein städtische Angelegenheit mehr. Auch bei uns auf den Dörfern herrscht eine große Nachfrage, die das Angebot bei weitem nicht decken kann.“ Deshalb ist er selbst aktiv geworden, kauft vorwiegend ältere Immobilien, wenn sie denn verfügbar sind, baut sie um und macht aus Einfamilienhäusern Gebäude mit mehreren Wohnungen. Und die Nachfrage gibt ihm recht.
Dass sich der Trend pro Mietwohnraum in seiner Umfrage allerdings so deutlich herausschälen würde, hat auch ihn überrascht: „83 Prozent der Anfragenden wollen eine Wohnung mieten, ganz sechs Prozent suchen ein Baugrundstück, elf Prozent wollen ein Haus kaufen oder mieten.“
Überrascht hat Jung auch, dass das Interesse an Wohnraum aus dem Rahrbachtal fürs Rahrbachtal überschaubar geblieben sei, dafür aber aus dem weiteren Umfeld stärker sei: „Nur 11 Prozent der Anfragen kommen aus dem Rahrbachtal. Weitere 10 Prozent aus dem Hochsauerlandkreis. Darunter viele Mennekes-Mitarbeiter, die in Welschen Ennest beschäftigt sind und die die lange Fahrt Richtung Schmallenberg nicht dauerhaft auf sich nehmen wollen.“
Starkes Interesse aus Siegerland
Überraschend stark sei das Interesse aus dem Siegerland und dem weiteren Sauerland sowie aus Kirchhundem und Würdinghausen: „Hier haben wir jeweils etwa 19 Prozent Zulauf.“ Die Gründe seien vielfältig. Haus oder Wohnung seien zu klein geworden, Stress mit Vermietern, ein grundsätzlich schwacher Wohnungsmarkt. Und: „Viele haben einen Job im Rahrbachtal gefunden, beispielsweise bei Mennekes oder anderen Betrieben in den drei Industrie- und Mischgebieten.“ Darüber hinaus hätten manche Interessenten die Nase voll von hochpreisigen Mieten in den Städten, auch in Olpe und Attendorn.
Hinzu gesellten sich Anfragen aus dem gesamten Bundesgebiet (20 Prozent), die auf dem Land leben wollten, mit Jobmöglichkeit und guter Infrastruktur.
Ausgewertet hat Jung auch die Altersstruktur: 10 Prozent der Interessenten sind unter 30 Jahre alt, 12 Prozent über 65, die große Mehrheit dazwischen.
Ziel: Auch andere Dörfer interessieren
Für Jung sind die ersten 100 Anfragen jedenfalls Grund, am Thema dranzubleiben: „Andere Dörfer wie Schreibershof sind bereits tief in die Diskussion mit uns eingestiegen, haben weiteres Interesse angemeldet, hier aktiv zu werden. Der Wohnraummangel auf dem Land ist Realität. Das wird offenbar immer noch unterschätzt. Große Bau- und Immobilienunternehmer sind verständlicherweise nur in Attendorn und Olpe unterwegs.“
Während die Ergebnisse des Portals heimat-tal.de die große Nachfrage nach Mietwohnungen untermauern, stehen sie auch für das geringe Angebot an Immobilien. Nur sieben Einträge hätten Interesse dokumentiert, eine Immobilie zu verkaufen. Jung zögerte nicht lange: „Für Sechs davon habe ich bei der ersten Besichtigung meinen Preis genannt, einen mitgebrachten Notartermin vereinbart und per Handschlag gekauft. Einfach und schnell für alle Beteiligten.“