Attendorn. 52 Schüler legen im Sommer ihr Abi am Rivius-Gymnasium in Attendorn ab. Konzentriertes Lernen fällt in der Corona-Krise schwer.

Angst hat er nicht. Nur Bedenken, dass er den Virus vielleicht zu seinen Eltern oder Großeltern bringen könnte, wenn er jetzt zur Schule geht. „Da kann man ja nicht immer den Mindestabstand einhalten oder rund um die Uhr einen Mundschutz tragen“, sagt Samuel. Für den 19-Jährigen Abiturienten ist es der erste Schultag nach fünf Wochen Corona-Pause. Er sitzt in der Aula des Rivius-Gymnasiums in Attendorn. Allein. Er geht noch mal den Stoff für seine Abi-Fächer durch. „Durch die Umstände und die immer neuen Entwicklungen fällt es mir schwer zu lernen und mich über einen längeren Zeitraum zu konzentrieren“, erzählt er.

Abstandsmarkierungen vor den Toilettenräumen

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Von Volker Eberts, Britta Prasse und Josef Schmidt

„Das ist eine enorme Herausforderung für die Abiturienten, sich immer wieder motivieren zu müssen – ohne zu wissen, wann es wie weitergeht“, so Schulleiterin Daniela Greitemann. In den vergangenen Tagen haben sie und ihr Team ein Konzept erarbeitet, wie der Schulbetrieb – zumindest für die Abschlussklassen – wieder aufgenommen werden soll. Dazu gehören Abstandsregelungen, Hygienemaßnahmen, aber auch Mund-Nasen-Schutze.

„Wir nutzen momentan etwa 15 Räume, die im ganzen Schulgebäude verteilt sind, damit es auf den Fluren möglichst wenig Begegnungsverkehr gibt“, erklärt Mittelstufenkoordinator Jan Müller. Bei der Auswahl der Räume habe man darauf geachtet, dass ein Waschbecken installiert sei, damit sich Lehrer und Schüler regelmäßig die Hände waschen können. Zusätzlich stehen in jeder Klasse Sprühflaschen mit Desinfektionsmittel, um Oberflächen wie Stühle, Tische oder Türklinken zu reinigen. An den Türen zu den Toilettenräumen hängen Hinweisschilder, dass immer nur eine Person eintreten darf. Davor: Rot-weiß-gestreiftes Klebeband auf dem Fußboden, um den Abstand für die Wartenden zu markieren.

Jeder Abiturient bekommt ein Desinfektionsfläschen geschenkt

Auch wenn Masken nicht verpflichtend sind, tragen sie sowohl Lehrer als auch Schüler im Unterricht – wie die 18-jährige Rica im Biologie-Grundkurs.
Auch wenn Masken nicht verpflichtend sind, tragen sie sowohl Lehrer als auch Schüler im Unterricht – wie die 18-jährige Rica im Biologie-Grundkurs. © WP | Britta Prasse

Desinfektionsspender gibt es nicht, dafür trifft am Donnerstagmorgen eine Spendenlieferung der Sparkasse Attendorn Lennestadt Kirchhundem ein: Jeder Abiturient bekommt ein Fläschchen Hand-Desinfektionsmittel geschenkt, dazu gibt es Dutzende Einweg-Mundschutze für den Schulbestand. Eine Mundschutzpflicht gibt es (bislang) in der Schule nicht, Masken wurden aber dringend empfohlen. Und daran hält sich am ersten Schultag nach fünf Wochen auch jeder, der nicht allein im Klassenzimmer sitzt. Trotz des Mindestabstands von zwei Metern.

Obwohl der Präsenzunterricht für die insgesamt 52 Abiturienten freiwillig ist, haben sich gerade mal fünf Schüler abgemeldet. Der Rest möchte die Möglichkeit nutzen, um die abiturrelevanten Inhalte nochmal zu wiederholen und aufkommende Fragen persönlich mit dem Lehrer zu klären. So wie die 20-jährige Alyna: „Es ist eine gute Gelegenheit, nochmal bei Verständnisschwierigkeiten nachzufragen. Ich war aber auch aufgeregt, wie das heute alles so ablaufen würde. Es fühlte sich so an, als ob man zum ersten Mal zur Schule geht.“ Sie sitzt zusammen mit Arzun in der Klasse und bereitet sich mit Lehrer Thomas Lohmeyer auf die mündliche Abiturprüfung im Erdkunde-Grundkurs vor. Das Thema: Tourismus in Sri Lanka. Natürlich nur in coronafreien-Zeiten.

Schüler bedauern, dass Mottowoche und Abiball ausfallen muss

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„Es ist komisch“, meint Valerie, die sich gerade für die mündliche Prüfung in Französisch vorbereitet. Wochenlang hat sie ihre Freunde nicht mehr gesehen und anstatt sich nach so langer Zeit wieder in die Arme fallen zu können, müssen sie Abstand halten. Das Lächeln wirkt durch den Mundschutz getrübt. Das Wiedersehen haben sie sich anders vorgestellt; wie überhaupt ihr ganzes Abitur. „Ich habe mich so sehr auf die Mottowoche und den Abiball gefreut. Wir hatten auch eine Abschlussfahrt geplant. Es ist echt schade, dass das jetzt alles ins Wasser fallen muss“, bedauert Arzun.

Trotz all der Einschränkungen in der Krise kann Schulleiterin Daniela Greitemann ein positives Zwischenfazit ziehen: „Corona hat uns gezeigt, wie stark wir als Gemeinschaft sind. Wie gut die Absprachen zwischen Eltern, Schülern und Lehrern funktionieren und was wir auch innerhalb kürzester Zeit auf die Beine stellen können.“ Dabei bilden sich feine Fältchen um ihre Augen – ein aufrichtiges Lächeln, das man durch ihren Sternchen-Stoff-Mundschutz erkennen kann.