Attendorn/Siegen. Versuchter Mord wird einem 15-jährigen Attendorner vorgeworfen. Er soll einen Mitschüler abgestochen haben. Wegen Corona beginnt der Prozess neu.
Wegen versuchten Mordes hatte am 10. März der nicht-öffentliche Prozess am Landgericht Siegen gegen einen 15-Jährigen begonnen, der am 16. September 2019 einen Mitschüler (15) auf einem Spielplatz in Attendorn mit einem Messerstich lebensgefährlich verletzt haben soll. Nach dem ersten Verhandlungstag war jedoch schon Schluss. Grund: Eine beisitzende Richterin der 2. Großen Strafkammer erkrankte an Corona und die gesamte Kammer musste in Quarantäne. Der Prozess platzte.
„Die Verhandlung wird jetzt am 20. April neu aufgerollt“, sagte Sebastian Merk, Pressesprecher des Landgerichtes Siegen, auf Anfrage unserer Redaktion. Statt sieben Verhandlungstage sind jetzt zwölf angesetzt. „Es ist ein deutlich abgespeckteres Programm. Wegen Corona wird häufiger verhandelt, aber nicht so lange. Man kann ja nicht zehn Zeugen durchschleusen an einem Verhandlungstag. Jetzt sind es maximal fünf“, so Merk. Auch einige Mitschüler von Angeklagtem und Opfer, die Parallelklassen in einer Attendorner Schule besuchten, werden als Zeugen gehört. Nach dem neuen Verhandlungsplan soll das Urteil am 3. Juli gesprochen werden.
Aus Freundschaft wird Hass
Noch bis vier Wochen vor der Tat seien die beiden Schüler befreundet gewesen. Der Angeklagte habe dann aber ein hohes Aggressionspotential gegenüber dem Mitschüler entwickelt, weil dieser Lügen über ihn verbreitet habe, so die Anklage. Möglicherweise sei es auch um ein Mädchen gegangen. Gegenüber Mitschülern soll er geäußert haben, dass er ihn abstechen wolle.
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Unter dem Vorwand, sich aussöhnen zu wollen, habe der Angeklagte den Mitschüler dann zum Spielplatz an der Dortmunder Straße gelockt. Die beiden Jungen seien auf ein Klettergerüst gestiegen. Die Atmosphäre sei friedlich gewesen. Der Angeklagte habe dem Mitschüler noch eine Zigarette angeboten, die dieser aber ablehnte. Plötzlich habe er dann ein Messer aus seinem Kapuzenpullover gezogen. Er habe den Mitschüler mit der linken Hand zu sich gezogen und ihm mit der rechten Hand das Messer etwa sechs Zentimeter tief in den Oberbauch gerammt, um ihn zu töten, so die Anklage. Einem Mädchen beim Spielplatz habe er zugerufen: „Ich habe ihn abgestochen.“ Dann sei er geflüchtet.
Um kurz nach 21 Uhr war der 15-Jährige am 16. September 2019 in Attendorn festgenommen worden. Der 15-Jährige wurde zunächst in der Jugendpsychiatrie untergebracht und sitzt aktuell in der Jugendstrafanstalt Wuppertal-Ronsdorf in U-Haft.
Über eine Rutsche nach unten
Das stark blutende Opfer sei über eine Rutsche nach unten gelangt und habe sich zur Straße geschleppt. Das Mädchen folgte ihm. Als dem 15-Jährigen schwindelig wurde, habe er sich auf eine Bank gesetzt. Ein vorbeifahrender Autofahrer hielt dann an und rief mit dem Handy des Mädchens den Rettungsdienst an.
Nur durch eine eineinhalbstündige Not-OP konnte der lebensgefährlich verletzte Junge, der ein- bis eineinhalb Liter Blut verloren hatte, gerettet werden. Er lag drei Tage auf der Intensivstation. Die Staatsanwaltschaft geht von der Schuldfähigkeit des jungen Angeklagten aus. Sie erkennt auf versuchten Mord, weil das Mordmerkmal der Heimtücke erfüllt sei. Der Angeklagte habe die Situation bewusst ausgenutzt. Als Höchststrafe für Mord sind im Jugendstrafrecht 15 Jahre Freiheitsstrafe festgelegt.