Kreis Olpe. Martin Vormberg veröffentlicht sein neustes Werk. Es handelt von einem dunklen Kapitel der Heimatgeschichte zwischen Bilstein und Kirchhundem.
„Es liegt hier ein Zauber im Raum“, begrüßt Landrat Frank Beckehoff. Er bezieht sich auf das herausgebrachte Werk von Martin Vormberg. „Die Zaubereiprozesse des kurkölnischen Gerichts Bilstein 1629 bis 1630“ heißt es und ist in der Schriftenreihe des Kreises Olpe als Nr. 38 erschienen. In seinem Buch erzählt Vormberg von einem dunklen Kapitel heimischer Geschichte. Es geht um Hexen- und Zaubereiprozesse, Verurteilungen, Folter bis hin zur Hinrichtung.
Martin Vormberg hat mehr als acht Jahre an dem Werk gearbeitet. Jedoch nicht täglich von „morgens bis abends“, wie er sagt. Der Autor hat zahlreiche Gerichtsprotokolle ausgewertet und erhielt so einen genauen Überblick über die Zahl der Prozesse, über die Anklagen und Aussagen sowie über Verläufe der Verfahren und gefällte Urteile. Die Gerichtsprotokolle können in der zweiten Hälfte des Buches sogar nachgelesen werden. Das Besondere dabei: Vormberg hat die Akten komplett in die heutige Lesbarkeit und Sprache transkribiert. Dazu hat der Autor ein Glossar erstellt, das dabei hilft, veraltete und fremde Wörter oder Textpassagen zu erschließen.
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Martin Vormberg hat sich bewusst für den Ausdruck „Zaubereiprozesse“ entschieden. „Im ganzen Buch taucht nur einmal der Begriff „Hexe“ auf“, sagt er. Denn es wurden nicht nur Hexen, also Frauen, verurteilt. Vor dem Bilsteiner Gericht waren mehr als 50 Prozent der Angeklagten Männer. Und häufig waren es auch sogenannte Heiler oder Hebammen, die der Zauberei bezichtigt wurden, so Vormberg.
Klischees beseitigen
Roswitha Kirsch-Stracke lobt das Werk vor dem Hintergrund, dass hier mit Klischees aufgeräumt wird. „Er klärt über mehrere Dinge auf und stellt gewisse Behauptungen in Frage“, sagt sie. Kirsch-Stracke meint damit unter anderem die Erläuterung seitens Vormberg, dass auch vielen Männern Zauberei vorgeworfen wurde. Ebenso lobt die Vorsitzende des Kreisheimatbunds Olpe, dass der Autor deutlich macht, dass nicht nur Menschen angeklagt wurden, die am Rande der Gesellschaft standen. Es sollen auch hoch angesehene Leute gewesen sein.
Das bestätigt auch der Autor selbst und nennt ein Beispiel aus der Bilsteiner Gerichtsbarkeit: „Dorothea Becker hat damals den Bilsteiner Richter geheiratet und wurde trotzdem als Hexe beziehungsweise als Zauberin angeklagt. Sie wurde gefoltert“, erklärt Martin Vormberg. „Diese Klischees aufzubrechen, darin sehe ich einen ganz großen Wert“, lobt Roswitha Krisch-Stracke das Werk abschließend.
Mit der Folter haben die Gerichte damals versucht, aus den Angeklagten Geständnisse herausbekommen, so der Autor. Es sei eine gängige Methode gewesen. „Man war davon überzeugt, dass die Menschen unter Folter die Wahrheit sagen.“ Denn nur mit einem Geständnis konnte ein Angeklagter verurteilt werden. „Die Personen mussten selbst gestehen, anders ging es nicht.“
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Gesamtgesellschaftliches Problem
Doch woher kommt das Ganze eigentlich und warum glaubten die Menschen an Zauberei? Martin Vormberg meint, dass es ein gesamtgesellschaftliches Problem war. „Jeder ging einfach davon aus, dass es Zauberei gibt. Die Prozesse wurde also von der Bevölkerung quasi verlangt.“ Dazu kommt eine damalige unsaubere Arbeit der Gerichte, denn Aussagen wurden nur seltenst überprüft. „Die Diskrepanz wurde nicht aufgeklärt.“
Das 430-seitige Werk bezieht sich auf die Jahre 1629 und 1630, da in diesen Jahren der Höhepunkt der „Zauberei-Prozesse“ erreicht wurde. Danach wurden die Prozesse weniger. Die Vorsitzende des Kreisheimatbunds Olpe geht davon aus, dass das Buch zwar bei einer überschaubaren Leserschaft bleibt, allerdings ein starkes, überregionales Interesse zustande kommen könnte.
„Viele Universitäten werden das Werk bestimmt zu Forschungszwecken nutzen“, vermutet sie. Kirsch-Strake geht von einem landesweiten Interesse aus. Das Werk über Zaubereiprozesse hat eine Auflage von 600.
Übertragbar auf heutige Zeit
Die damaligen Prozesse fanden teilweise im Schloss Bilstein, der heutigen Jugendburg statt, erklärt Martin Vormberg. Die Hinrichtung erfolgte in Kirchhundem. „Es gab damals einen sogenannten Galgenwald“, sagt er. Meist wurden die zum Tode verurteilten Angeklagten erst geköpft und im weiteren Zuge dann verbrannt.
Auch Kirchhundems Bürgermeister Andreas Reinéry lobt das Werk und den Autor in vollen Zügen. „Das Projekt begeistert mich“, sagt er. Was Reinéry besonders toll findet, ist der Aspekt, dass viele Erläuterungen auf die heutige Zeit übertragbar sind. Insbesondere durch das Aufbrechen der Klischees habe das Werk einen Bezug zur heutigen Zeit. „Man kann viele Dinge in Verbindung mit dem heutigen Internet und Fake News setzen“, sagt er.