Attendorn. Der Grünen-Politiker Johannes Remmel besuchte den jüdischen Friedhof Attendorn – und erfuhr einige Geschichten über die dort begrabenen Menschen.

Vor 75 Jahren wurden die Gefangenen des Konzentrationslagers Auschwitz durch die Rote Armee befreit. Aus diesem Anlass besuchen die Abgeordneten der Grünen-Fraktion im Landtag Gedenkstätten in Nordrhein-Westfalen. Der ehemalige NRW-Umweltminister Johannes Remmel war am Dienstag zu Gast bei der Initiative „Jüdisch in Attendorn“. Die ehrenamtlichen Mitarbeiter Tom Kleine und Hartmut Hosenfeld führten ihn über den jüdischen Friedhof am Himmelsberg.

„Im Jahre 1871 fand hier die erste Beerdigung statt“, erklärt Hartmut Hosenfeld. 33 Grabstätte befinden sich auf dem Friedhof. Für Hartmut Hosenfeld sind vor allem die Geschichten der Menschen, die hier ihre letzte Ruhe gefunden haben, von großer Bedeutung. „Wir könnten zu jedem Stein was erzählen“, sagt er und fügt hinzu: „Wir sprechen nicht nur über den Holocaust, wir erzählen jüdisches Leben“.

Nur ein Grab nicht nach Osten ausgerichtet

Gabriel Stern war beispielsweise der letzte Deutsche mit jüdischem Glauben, der in Attendorn vor dem Zweiten Weltkrieg das Abitur absolvierte. „Wir sind zwar durch eine verkehrte Tür reingekommen, müssen aber das beste draus machen“, sei ein Zitat von Gabriel Stern, der später nach Israel ausgewandert ist.

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Die Gräber sind auf dem jüdischen Friedhof stets nach Osten, in Richtung Jerusalem ausgerichtet. Der Ausnahmefall von Julius Ursell erzählt in diesem Zuge eine weitere interessante Geschichte. Als seine Urne beigesetzt wurde, hat man die Platte in die verkehrte Richtung gelegt. „Seine Nachkommen entschieden sich, aufgrund der Totenruhe, gegen das Umlegen dieser“, erklärt Hartmut Hosenfeld.

Stele zum Gedenken an unbestattete Attendorner Juden

Wie das jüdische Schützenmitglied Sotig Mai im Jahr 1851 für einen Skandal sorgte, konnte der pensionierte Pädagoge ebenfalls berichten. Johannes Remmel hörte gespannt zu, als Hosenfeld erklärte, wie Sotig Mai, wie als Schütze damals üblich, an Fronleichnam vor der Monstranz marschierte. „Für viele Leute ist er damals als Christusmörder vor dem Allerheiligsten eine Schande gewesen und wurde angeklagt“, erklärt Hartmut Hosenfeld.

Zum Schluss zeigten Tom Kleine und Hartmut Hosenfeld dem Landtagsabgeordneten noch die Stele, die seit 2018 auf dem jüdischen Friedhof steht. Mit dieser wird an die unbestatteten jüdischen Attendorner Bürger gedacht.

Am Ende war Johannes Remmel sichtlich begeistert vom Engagement der Initiative „Jüdisch für Attendorn“ und den vielen eindrucksvollen Geschichten der jüdischen Attendorner Bürger.