Olpe-Rosenthal. Der Gasthof im Rosenthal soll verkauft werden. Bis es soweit ist,läuft der Betrieb aber weiter - donnerstags bis sonntags von 11 bis 21 Uhr.
Wer Gastronom Manfred Eisfeld schon länger kennt, erschreckt erst einmal, wenn er den 54-jährigen Koch längere Zeit nicht gesehen hat. Eisfeld ist regelrecht abgemagert, eine ernsthafte körperliche Krankheit ist glücklicherweise jedoch nicht der Grund: „Ja, ich habe 15 Kilo verloren, der ganze Ärger bleibt nicht in den Kleidern stecken“, sagt er, während er sich noch den letzten Rest eines Grinsens ins Gesicht zwingen kann. Für ihn steht jedenfalls fest: Sobald ein Käufer der riesigen Immobilie gefunden ist, wird er dem Rosenthal den Rücken kehren. Bis dahin bleibe der Gasthof – entgegen anderslautender Gerüchte – geöffnet. Derzeit allerdings im Winter-Modus: „Seit einem Monat öffnen wir nur noch donnerstags bis sonntags -- jeweils von 11 bis 21 Uhr.“
Bald kleines Jubiläum
Eigentlich hätte der gelernte Koch Grund zum Feiern: Zum 1. Januar 2015 hatte er die Immobilie übernommen, Eröffnung war an einem Freitag, 13. März, gewesen. In den ersten Jahren war er mit Geschäft und Umsatz auch zufrieden. Das, so sprudelt es aus ihm heraus, habe sich grundlegend geändert: „Die Gründe sind vielfältig. Vorneweg sind es die immer gravierenderen Personalengpässe. Ich kriege einfach keine Leute mehr.“ Das habe im vergangenen Sommer an einem Wochenende mit zwei Hochzeiten dafür gesorgt, dass er 36 Stunden am Stück habe arbeiten müssen: „Da ist man Koch, Kellner und Spülfrau in einer Person“, erklärt er.
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Aber auch die Qualität des Personals sei mit den Jahren immer schlechter geworden: „Richtig spürbar wurde das vor etwa drei Jahren. Während früher sogar Leute aus Lüdenscheid oder Siegen nach einem Mini-Job gefragt haben, herrscht jetzt gähnende Leere. Und die, die kommen, können zum Teil 9,60 Euro nicht mehr durch zwei teilen, ohne zum Handy-Rechner zu eilen. Da schlägt man nur noch die Hände über dem Kopf zusammen.“ Das eigentliche Stammteam bestehe nur noch aus einer zuverlässigen Servicekraft, seiner Frau Nicole und ihm selbst. Doch das Trio könne den starken Saisonbetrieb ebenso wenig stemmen wie große Festlichkeiten, die zum regelmäßigen Geschäft des Rosenthals gehört hätten.
Oft nur zu dritt
Eisfeld: „Wir hatten mal den kompletten Biergarten in Betrieb, eine Außengastronomie mit Theke und Grill im Freien. Das geht alles nicht mehr.“ Momentan könne er drei feste Arbeitskräfte -- Koch, Kellnerin, Spülkraft -- einstellen, dazu mindestens acht Aushilfen. Anfragen an die Arbeitsagentur? Fehlanzeige. „Wir hatten mal ein 15-köpfiges Mitarbeiterteam, jetzt sind wir oft zu dritt.“
Regelrecht eingebrochen sei -- ganz unabhängig von der Mitarbeiterfrage – das Frühstücksgeschäft: „Die Eröffnung des Café Extrablatt am Olper Obersee hat sich gravierend ausgewirkt.“ Als er das Ergebnis einer Umfrage unter heimischen Gastronomen aus Olpe in der Westfalenpost gelesen habe, habe er die Welt nicht mehr verstanden: „Wie können da einige behaupten, das Extrablatt kaum gespürt zu haben. Jeder, der mit offenen Augen durch Olpe geht, sieht es doch.“ Während es in der Café-Gastronomie in der Innenstadt plötzlich jede Menge freie Plätze gegeben habe, „stehen die Leute bei Extrablatt Schlange, müssen auf einen Platz warten. Das habe ich doch selbst erlebt.“
Eisfelds Ärger ebbt während des Gespräches gar nicht mehr ab, so tief sitzt der Frust. Auch mangelnde Unterstützung der Stadt Olpe und die katastrophale Verkehrssituation hätten ihm erhebliche Probleme bereitet: „Ich wollte schon vor fast vier Jahren an den Einfallstraßen Hinweisschilder zu uns hier anbringen lassen, aber die Stadt hat mir erklärt, es solle gemeinsam mit Olpe Aktiv eine einheitliche Beschilderung kommen.“ Bis heute sei aber nichts passiert, und Eisfeld winkt mit sarkastischem Kopfschütteln ab: „Das wird vermutlich bis 2040 dauern.“
Eine Anfrage im Olper Rathaus brachte keine Klärung des Falles. Die Verwaltung lief nach dem Jahreswechsel personell noch auf Sparflamme, aufzuklären war der Schildervorgang jedenfalls nicht, da die mit solchen Themen vertrauten Mitarbeiter Urlaub hätten, wie Beigeordneter Thomas Bär mitteilte.
Ein ganz wesentlicher Punkt für den Ärger des Rosenthal-Gastronomen war auch der Baustellen- und Ausweichverkehr durch den Bau der Talbrücke Öhringhausen. Eisfeld: „Staub, Lärm Dreck ohne Ende. Die Gäste im Biergarten verstehen ihr eigenes Wort nicht mehr, und wir müssen stündlich die Möbel putzen.“ Eine Anfrage bei der Stadt Olpe, ob man bei ihm ausnahmsweise den Kehrwagen häufiger vorbeischicken könne, sei negativ beantwortet worden. Dabei nutzten jede Menge Autofahrer das Rosenthal als Mini-Umleitung zwischen Olpe und Drolshagen. Und Polizei habe er hier noch nicht gesehen.
Lkw-Reifen rollt in Biergarten
Regelrecht sprachlos macht aber ein Vorfall, den der Gastronom vom Sommer diesen Jahres schildert: „Vormittags habe ich irgendwann aus dem Fenster geschaut und gedacht, ich sehe nicht richtig. Da lag ein dicker Lkw-Reifen auf einem meiner Biergarten-Tische, den vermutlich ein Lkw von der Baustelle verloren hatte, als er hier mal wieder die Kurve genommen hatte. Wenn da jemand gesessen hätte, das hätte eine Katastrophe geben können.“ Gemeldet hatte Eisfeld den Fall allerdings nur seiner Versicherung, der Polizei aber nicht: „Das bringt doch nichts. Den hätten die niemals gekriegt.“
Bleibt noch ein abschließender Grund für den sich über Jahre aufgestauten Gastro-Frust: „Mitunter ist es nervig, wenn Eltern mit kleinen Kindern oder Jugendlichen kommen, die sich teilweise unmöglich benehmen und die niemand mehr zurecht weist. Andere Gäste, die in Ruhe essen wollen, stört das natürlich. Wenn wir früher mit den Eltern essen gehen durften, war das für uns ein Feiertag. Da haben wir andächtig daneben gesessen. Heute stürmen die durchs Lokal, dass man Angst um die Einrichtung haben muss.“
Nachdem der 54-Jährige Luft abgelassen hat, fragen wir ihn nach der Zukunft der Gastronomie. Und hören eine düstere Prognose: „Das wird noch schlimmer. Die Gastro-Krise beginnt gerade erst.“ Vermutlich könnten auf Dauer nur Restaurants und Kneipen überleben, die auf Großfamilien zurückgreifen könnten.