Schreibershof. Das Dorf Schreibershof in Drolshagen will wachsen, kann aber nicht, beklagen Bürger beim Besuch des WP-Mobils. Fehlender Geldautomat ein Ärgernis.

Wer dem Klischee anhaftet, die kleinen Dörfer des Sauerlandes siechten, von Depression gefangen, langsam, aber sicher vor sich hin, bis auch die letzte junge Familie die Flucht in die Großstadt angetreten hat, sollte schleunigst mal in Schreibershof Station machen. Die WESTFALENPOST tat genau das. Und erkannte im Rahmen der Aktion WP-Mobil: Einiges fehlt den Menschen zwar im Ort, aber so richtig unzufrieden ist eigentlich keiner.

Wenig Gastronomie und Einzelhandel

Kein Tante-Emma-Laden, keine richtige Kneipe und last not least nicht mal mehr ein Geldautomat - Themen, die das Dorf am Nordrand des Drolshagener Stadtgebietes zwar berührt, aber nicht umwirft. Keine Frage: Schreibershof ist - nicht zuletzt wegen der Autobahnnähe beliebt. Ortsvorsteher Frank Heuel kann ebenso auf den dörflichen Zusammenhalt bauen wie die Vorsitzenden der tragenden Vereine. Heuel: „Wir würden gerne wachsen, wünschen uns ein Neubaugebiet. Aber das ist im Rathaus der Stadt Drolshagen kein Geheimnis.“ Und der CDU-Chef des Dorfes, Dr. Bruno Bieker, fügt hinzu: „Leerstände von Wohnhäusern gibt es so gut wie keine bei uns. Und wenn, dann ist eine solche freie Immobilie sofort wieder vom Markt.“

Drolshagens Bürgermeister Uli Berghof, der an diesem Abend ebenfalls den Weg ins Pfarrheim gefunden hat, nickt. Er kennt den Wunsch aus dem 500-Seelen-Dorf: „Dass das für viele Dörfer ein Mega-Problem ist, wissen wir, wir haben es aber als Stadt nicht in der Hand.“ Dörfer mit weniger als 2000 Einwohnern hätten schlechte Karten. Unter der schwarz-gelben Regierung seien wenigstens Ausnahmen möglich: „Wir haben ein Gespräch mit Vertretern der Bezirksregierung geführt und mitgenommen, dass auch kleinere Orte nicht chancenlos für neue Baugebiete sind, wenn noch Infrastruktur vorhanden ist.“ Die gesunde Vereinsstruktur Schreibershofs mit Schule und Kindergarten seien wichtige Pfeiler, die in dieser Hinsicht eine Rolle spielen könnten.

Das Reizthema „Geldautomat“

Ein Raunen ging im Pfarrheim durch den Saal beim Thema „Geldautomat“. Nach dem Rückzug von Sparkasse und Volksbank fehlt ein Automat in Schreibershof. Hoffnung brachte die Aussprache am Dienstag aber nicht. Peter Hucke-stein von der Volksbank Olpe-Wenden-Drolshagen wusste um das Krisenthema, hatte sich aber nicht gescheut, den Schreibershofern Rede und Antwort zu stehen: „Eine Filiale vor Ort und auch ein Geldautomat müssen sich rechnen, wirtschaftlich begründbar sein. Aus Sicht der Volksbank macht es keinen Sinn, diesen Automaten weiterzuführen.“ Während eine Bürgerin darauf hinwies, dass eine Bank auch eine Serviceverpflichtung gegenüber ihren Kunden habe, sagte der Volksbanker zumindest zu: „Ich kann ihnen nur anbieten, dass wir uns mit der Sparkasse zusammen setzen und schauen, ob es Sinn macht, gemeinsam einen Automaten zu betreiben.“

Peter Huckestein (Volksbank) zum spricht über das Thema Geldautomat.
Peter Huckestein (Volksbank) zum spricht über das Thema Geldautomat. © WP | Dominik Brendel

Allzu große Hoffnung machte Huckestein aber nicht. Berthold Siewer räumte zudem ein: „Selbst in Lenhausen, Ottfingen und anderen größeren Dörfern gibt es keinen Geldautomaten mehr. Wir müssen realistisch sein. Ich sehe hier keinen Automaten mehr in Schreibershof.“

Auf Nachfrage hatte bereits im Vorfeld der Aktion Sparkassen-Chef Dieter Kohlmeier begründet, was ein Engagement in Schreibershof unwahrscheinlich mache: „Die Kundenfrequenz ist einfach zu gering.“ Es gebe bei der Sparkasse die Faustregel, dass ein Geldautomat ab 50.000 Transaktionen pro Jahr vorgehalten werde. Kohlmeier: „In Schreibershof waren das vor unserem Rückzug noch rund 8.000 pro Jahr.“ Allein die Anschaffung eines Geldautomaten koste rund 30.000 Euro, die jährliche Unterhaltung rund 8.000 bis 10.000 Euro.

Die ÖPNV-Anbindung

Was einige Schreibershofer im wahrsten Sinne des Wortes anstrengt, ist die schlechte ÖPNV-Anbindung. „Wenn ich um 13.30 Uhr von Drolshagen nach Schreibershof fahren möchte, muss ich 45 Minuten vorher ein Taxi anrufen“, berichtete Klaus Metzen. „Neulich wurde mir am Telefon gesagt, dass alle Taxis besetzt sind. Ich bin sieben Kilometer nach Schreibershof gelaufen. Ich kann das jetzt noch, aber ob ich das in zehn Jahren noch schaffe, weiß ich nicht mehr.“ Bürgermeister Berghof verwies auf auf eine geringe ÖPNV-Nachfrage in Schreibershof sowie in anderen Drolshagener Dörfern. „In der Regel haben die Familien zwei bis drei Autos.

Auch interessant

Es gibt Einzelne, die auf den ÖPNV angewiesen sind. Aber es lohnt sich nicht, einen großen Bus durch die Gegend zu schicken, der meistens nur warme Luft und keine Menschen transportiert.“ Dafür gebe es eben Ruftaxis. Möglich sei grundsätzlich ein Bürgerbus, ein Neunsitzer, der Teil des ÖPNV’s ist und bestimmte Routen abfährt. Problem: Dafür braucht es Freiwillige, die die sich bereit erklären, den Bürgerbus ehrenamtlich zu fahren.

Viele Lkw und Motorradfahrer

Im neuen Jahr soll zumindest eine Mitfahrbank Abhilfe schaffen. Die Sitzbank, auf der Bürger auf eine kostenlose Mitfahrgelegenheit warten können, soll am Busbahnhof unterhalb der Schule gegenüber dem Kindergarten errichtet werden.

Verkehrstechnisch wünschen sich die Schreibershofer eine baldige Sanierung ihrer völlig maroden Ortsdurchfahrt, der Landstraße 708. Trotz des Flickenteppiches haben die Schreibershofer festgestellt, dass ihr Dorf von zahllosen 40-Tonnern heimgesucht und vornehmlich im Sommer von vielen Motorradfahrern.