Olpe. Gericht sieht 22-Jährigen überführt: Er hat am 19. Juli in Olpe die Obdachlosenunterkunft angesteckt. Dafür erhielt er eineinhalb Jahre Haft.

In Hand- und Fußfesseln wurde der Angeklagte aus der Zelle in den Gerichtssaal gebracht. Fünf Justizbeamte bewachten ihn. Zu recht, denn der 22-Jährige im braunen Kapuzenpullover wirkte wie ein Pulverfass. Immer wieder explodierte er und beleidigte Richter, Zeugen und den Sachverständigen aufs Übelste.

Obdachlosen-Unterkunft angesteckt

Laut Anklage hat der junge Mann am Nachmittag des 19. Juli dieses Jahres in der Notunterkunft im Stachelauer Weg in Olpe, in der er selbst seit zehn Tagen wohnte, ein Feuer gelegt. Im Keller zündete er Matratzen und Bettgestelle an. „Es bestand die Gefahr, dass sich das Feuer aufs Gebäude ausbreitet“, sagte Staatsanwalt Dennis Lotz. Dank des schnellen Eingreifens der Olper Feuerwehr konnte Schlimmeres verhindert werden. Neben dem 22-Jährigen waren nur zwei weitere Personen im Haus. Verletzt wurde niemand. Es entstand Sachschaden von mehreren 10.000 Euro. Das Haus war unbewohnbar, die dort lebenden Obdachlosen siedelten Mitarbeiter der Stadt auf andere Quartiere um.

Ein Versuch

Der Angeklagte wurde verurteilt wegen versuchter schwerer Brandstiftung und gemeinschädlicher Sachbeschädigung.

Es war nur ein Versuch, weil das Feuer sich nicht auf das gesamte Gebäude ausgebreitet hat.

„Was ist das hier für ein Kindergarten, Alter?“, meinte der Angeklagte vor dem Olper Schöffengericht. Er stellte sich vor als „King“ aus der Gangsta-Rapperszene. Seine Einlassung bestand aus zwei Worten: „Stimmt nicht.“ Allerdings hatte ein 47-Jähriger, der damals mit seinem Onkel im Haus war, Beobachtungen gemacht, die den 22-Jährigen überführten. Dieser habe randaliert, Möbel zerstört und sei durchs Treppenhaus hoch und runter gelaufen. Kurz darauf hätten sie Brandgeruch bemerkt und seien aus dem Fenster gesprungen. Zum Zeugen meinte der Angeklagte: „Halt deine Schnauze. Verpiss dich.“ Am Abend des 19. Juli nahmen Polizeibeamte den 22-Jährigen im Olper Weierhohl fest. Auch da leistete er erheblichen Widerstand. Seitdem sitzt er in der JVA Attendorn in Haft.

Ermahnung des Richters

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Weitere üble Beleidigungen folgten. Richter Richard Sondermann zog eine Zwischenbilanz: „Er hat den Zeugen bezeichnet als Hurensohn, Schwuchtel und Missgeburt. Er wird ermahnt.“ Der Angeklagte stand kurz vor dem Rauswurf aus dem Gerichtssaal. „Dieser Raum ist einiges gewohnt“, meinte der Richter. Polizeibeamte bezeichneten den 22-Jährigen auch bei der Vorführung beim Haftrichter als außerordentlich aggressiv. Kommentar des Angeklagten: „Was seid ihr alles für Lutscher.“ Richter Sondermann drohte: „Ich lasse Sie gleich abführen. Dann verhandeln wir ohne Sie.“

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Im Vorfeld der Verhandlung hatte die JVA Attendorn von gewalttätigen Übergriffen des 22-Jährigen auf Bedienstete und Mitgefangene berichtet. Er sei deshalb in einem besonders gesicherten Haftraum untergebracht worden. Justizbeamte fanden in der Zelle 60 handgeschriebene Seiten des Angeklagten. Wegen des Inhaltes wurden sie von Richter Sondermann beschlagnahmt.

Texte aus der Gangsta-Rapperszene

Eine psychiatrische Begutachtung hatte der 22-Jährige abgelehnt. So konnte sich Dr. Thomas Schlömer, Facharzt für Psychiatrie, nur in der Verhandlung ein Bild vom Angeklagten machen. Es sei „ein junger Mann mit aggressiven Verhaltensstörungen und unmotivierter Gewalt. Man kann den Eindruck gewinnen, er ist psychisch gestört.“ Darauf sagte der Angeklagte zum Sachverständigen: „Schließ dich selber ein.“ Inhaltlich gehe es in den Texten um die Rapperszene, so Dr. Schlömer: „Es geht um Ehre, Stolz, Gewalt, Sex, Entwertung von Frauen und Homosexuellen. Es gibt auch gewisse Züge zum Islam.“ Der 22-Jährige habe „Größenfantasien“, so der Gutachter: „Möglicherweise liegt eine schizophrene Psychose oder eine Persönlichkeitsstörung vor oder er ist ein psychisch kranker Mann, der einfach nur Gangsta-Rapper sein möchte.“

Während Staatsanwalt Lotz ein Jahr und sechs Monate Haft ohne Bewährung forderte, plädierte Verteidiger Jörn Menzel für Freispruch, weil Zweifel bestünden, ob er der Brandstifter war. Das Gericht folgte dem Antrag der Staatsanwaltschaft. „Der überführte Angeklagte ist nur aufgefallen durch Unverschämtheiten, Respektlosigkeiten und Beleidigungen, aber damit kann er uns nicht beeindrucken“, sagte Richter Sondermann Als der Angeklagte sich beim Urteil weigerte aufzustehen, habe er kurz überlegt die Strafe noch um drei Monate zu erhöhen, es dann aber beim Antrag des Staatsanwaltes belassen, so der Richter. Der 22-Jährige klickte noch ein paar Minuten provozierend mit seinen Handschellen. Dann ging es für ihn mit dem Gefangenen-Transport zurück in die JVA Attendorn.