Attendorn/Wenden. Attendorn und Wenden gehören zu den reichsten NRW-Kommunen. Aber die Arbeit der Kämmerer ist schwieriger geworden. Eine Sorge treibt sie um.
Attendorns Kämmerer Klaus Hesener bringt das Problem, mit dem viele Städte und Gemeinden im Ruhrpott gerne zu kämpfen hätten, auf den Punkt: „Ich bekämpfe den Negativzins wie der Teufel das Weihwasser.“ Und sein Kollege Thomas Munschek schlägt in die gleiche Kerbe: „Die Arbeit der Kämmerer mit großen liquiden Reserven ist deutlich schwieriger geworden.“ Aber wovon reden die beiden eigentlich?
Reichtum mit Problemen
Sie reden von einem kommunalen Reichtum, der in NRW alles andere als alltäglich ist: Die Stadt Attendorn (25.000 Einwohner) hat rund 50 Millionen Euro an „liquiden Mitteln“, die etwas kleinere Gemeinde Wenden (rund 20.000 Einwohner) immerhin fast 19 Millionen auf der hohen Kante.
Für einen Kämmerer also paradiesische Zustände? Weit gefehlt. Das Motto lautet eher: Wohin mit dem Geld?
Denn auch kommunaler Reichtum bringt Probleme mit sich. Zwei Schreckgespenster stehen auf der Problemliste ganz oben: an erster Stelle der Negativzins, den die Europäische Zentralbanken vor kurzem auf minus 0,5 Prozent gesetzt hat, und der zweite lautet Wegfall der Einlagensicherung.
Was bedeutet das im Klartext? Würde Attendorns Kämmerer Klaus Hesener die erwähnten 50 Millionen Euro zur Sparkasse Attendorn-Lennestadt-Kirchhundem tragen, würden rein rechnerisch pro Jahr 250.000 Euro an Verwahr-Zinsen fällig.
Bei Munschek wären es zwar nur rund 90.000 Euro, aber auch damit kann eine Gemeinde wie Wenden eine Menge anfangen. Jeder Schützen- oder Gesangverein würde jubeln, wenn er nur einen Bruchteil davon als Sonderzuschuss in Empfang nehmen könnte.
Nachdem 2017 die Einlagensicherung für Kommunen weggefallen sei, so Munschek, habe das die Situation noch schwieriger gemacht. Einen Anlagefehlgriff dürfe sich ein Kämmerer nicht mehr erlauben: „Wenn ich bei einer Privatbank einige Millionen anlege und die in Schieflage gerät, schlimmstenfalls sogar pleite geht, ist das Geld weg.“ Wohl gemerkt das Geld der Steuerzahler.
Freibeträge für Kommunen
Beide Kämmerer verschweigen zwar nicht, dass es bei ihren Hausbanken (Sparkassen und Volksbanken) gewisse Freibeträge gebe, für die keine Negativzinsen anfielen, der weitaus größte Batzen müsse aber ebenso geschickt wie risikolos von A nach B geschoben werden, dass das Geld der Steuerzahler nicht vom Minuszins aufgefressen werde.
Hesener: „Wir versuchen natürlich, wo es geht zu investieren.“ So seien rund neun Millionen Euro für die Erschließung des Industriegebietes Eckenbachtal eingeplant, frühestens aber 2020. Für das Innenstadt-Konzept, Straßen und Kanäle sollten weitere Millionen fließen. „Rund 30 der 50 Millionen sind eigentlich verplant“, sagt der Kämmerer, ob die Pläne aber auch kurzfristig umgesetzt werden könnten, sei nicht sicher. Grund: Die Baubranche boome, manche Ausschreibungen liefen ins Leere: „Wenn nur ein horrendes Angebot kommt, machen wir das nicht.“
Langfristige Geldanlagen
Das Mittel der Wahl für die Kämmerer aus Attendorn und Wenden, um aus dieser Zwickmühle herauszukommen: Langfristige Geldanlagen. „Es gibt beispielsweise risikolose zehnjährige Anleihen, die zumindest in den ersten Jahren noch kleine Zinserträge mit einer eins vor dem Komma bringen“, klärt Klaus Hesener auf. Thomas Munschek verweist unter anderem auf einen Fonds der Westfälischen Versorgungskasse, in den die Gemeinde 150.000 Euro pro Jahr anspart. Munschek: „Der Fond läuft sehr gut, da gab es im abgelaufenen Jahr über sieben Prozent Zinsen. Das Thema Verschuldung ruft bei den Kämmerern der Krösus-Gemeinden eher ein müdes Lächeln hervor: Wenden hat eine Pro-Kopf-Verschuldung von 21 Euro, Attendorn von rund 30 Euro, und auch nur deshalb, weil es mit Ablösekosten verbunden und deshalb unsinnig wäre, alte Darlehen sofort zurückzuzahlen.
Negativbeispiel laut Bund der Steuerzahler: Siegburg und Mülheim haben rund 10.000 Euro Pro-Kopf-Verschuldung.