Drolshagen. Raserei trotz der Tempo 30-Geschwindigkeitsbeschränkung an der B 55 im Drolshagener Stadtkern. Gastronomin Alterauge fordert Radarkontrollen.
Fast wie auf Bestellung: Kaum sitze ich mit Renate Alterauge-Rieder auf der Terrasse ihres Hotels Zur alten Quelle an der Hagener Straße im Drolshagener Stadtkern, da rast ein Kleinwagen mit gefühlten 80 Sachen an uns vorbei: „Das ist kein Einzelfall“, beklagt die 55-Jährige, die das Traditionshaus seit über 25 Jahren führt, in der mittlerweile 5. Generation.
Situation verschlechtert
In den vergangenen Jahren, beteuert sie, habe sich die Situation deutlich verschärft: „Irgendwann ist mir der Kragen geplatzt und ich habe mir vorgenommen, etwas dagegen zu tun.“ Vielleicht könne ihr Protest in der Westfalenpost ja etwas bewirken: „Ich bin mir sicher, dass viele Anwohner hier denken wie ich. Sie trauen sich aber vielleicht nicht, in die Öffentlichkeit zu gehen.“ Zur täglichen Belästigung trage auch der auffällig starke Schwerlastverkehr bei: „Solange die Lkw-Maut nicht auf die Bundesstraßen ausgedehnt wird, sind wir die Leidtragenden.“
Manche Nachbarn hätten ihr Leid schon geklagt, sie könnten manchmal die Fenster nicht mehr öffnen, weil ihnen der Lärm den Nerv töte. Es sei jetzt ein Punkt erreicht, so die Gastronomin, wo etwas passieren müsse: „Was sich hier manchmal abspielt, ist kaum zu beschreiben“, pflichtet Ehemann Christoph Rieder seiner Frau bei. Die Polizei habe sich die Situation vor etwa zwei Jahren mal angesehen, viel passiert sei seither aber nicht. Vor etwa vier Wochen, so die Gastronomin, habe sie erneut ein Gespräch mit der Polizei gesucht, mit dem zuständigen Leiter des Verkehrsdienstes. Der habe auch zugesagt, sich des Themas anzunehmen.
Leiter des Verkehrsdienstes ist Polizei-Hauptkommissar Stephan Stracke, der auf Anfrage auch bestätigte, dass die Problematik intern bereits besprochen worden sei: „Wir stecken mittendrin im Thema, haben allerdings auch schon in der Vergangenheit immer mal wieder in diesem Tempo-30-Abschnitt mit dem Lasergerät kontrolliert.“ Positioniert gewesen seien die Beamten dann aber am Marktplatz, nicht vor dem Hotel Zur alten Quelle. Ein Radarwagen, so Stracke, sei in diesem Tempo-30-Abschnitt nicht einsetzbar. Zeitnah werde die Polizei aber auch die sogenannte ESO-Technik vor Ort einsetzen.
Hotelparkplatz steht zur Verfügung
„Wir stellen den Beamten gerne unseren Hotelparkplatz für Kontrollen zur Verfügung“, sagt Renate Alterauge-Rieder. Die Betreiber des einen Steinwurf entfernt gelegenen „Raubritters“ würden das ebenfalls tun, ist sie überzeugt.
Nicht alle Fahrzeuge fahren an diesem späten Vormittag an der alten Quelle spürbar schneller als 50 km/h. Aber es ist die deutliche Mehrheit. An das vorgeschriebene Tempo 30-Limit hält sich so gut wie niemand. So, als ob die meisten gar nicht wüssten, dass auf diesem Stück der viel befahrenen Bundesstraße Tempo 30 gelte.
Morgens und abends besonders schlimm
Was die Raserei angehe, seien die schlimmsten Zeiten am Tag der frühe Morgen, so etwa zwischen 5 und 8 Uhr und abends ab 18 Uhr bis zum Einbruch der Dunkelheit. „Dann brechen offenbar bei einigen die Dämme“, sagt die Wirtin.
Verkehrskonzept vor fast 20 Jahren entwickelt
Die Geschichte der Tempo-30-Limits in Drolshagen begann bereits Ende der 90-er Jahre mit dem Verkehrsentwicklungskonzept unter anderem für die Hagener Straße, wie Claudia Heite, stellv. Fachbereichsleiterin Sicherheit, Soziales, Bürgerbüro, auf Anfrage bestätigt.
Die ersten Tempo-30-Schilder wurden demnach Anfang des vorigen Jahrzehnts in Höhe der Volksbank und Höhe der Gaststätte Raubritter positioniert.
Im Dezember 2016 gab es die erste Ausdehnung Richtung Hützemert etwa bis Höhe Bahnhofstraße (Hausnr. 50), im Dezember 2017 die zweite Verlängerung Richtung Olpe von der Volksbank vors Drolshagener Rathaus. Derzeit beträgt die Tempo-30-Gesamt-Strecke etwa 350 Meter.
Was sie überhaupt nicht nachvollziehen kann, sind die häufigen Radarkontrollen in den Nachbardörfern: „Uns berichten laufend Leute davon, sie seien in Berlinghausen oder Hützemert geblitzt worden, nur hier im Ortskern passiert nichts. Das verstehe ich nicht.“
Radarsäulen als Lösung
Und sollte die Polizei aus personellen Gründen nicht in der Lage sein, regelmäßig zu kontrollieren, „mindestens einmal im Monat“, kommt für die Alterauges nur eine wirksame Lösung in Betracht: „Zwei Radarsäulen. Die wirken.“
Das dürfte allerdings Zukunftsmusik sein. Kreis-Pressesprecher Hanhs Werner Voß erklärte auf Anfrage, dass eine Radarsäule Gesamtkosten von rund 80.000 Euro verursache. Und: „Die Kriterien, dass solche Säulen innerstädtisch eingesetzt werden, sind sehr hoch.“ In naher Zukunft, so Voß, sei im Drolshagener Ortskern aber eine Verkehrsdatenerfassung geplant. Dann gebe es verlässliches Info-Material.