Kreis Olpe. Der Wolf im Kreis Olpe: Schafhalter und Rinderzüchter sind besorgt, auch die Jägerschaft fordert von der Politik Konsequenzen.
Der erste offizielle Nachweis eines Wolfsrisses in Dahl Friedrichsthal ruft erneut Nutztierhalter im Kreis Olpe auf den Plan. Insbesondere die Schafhalter, aber auch Rinder-Züchter sind besorgt und nehmen kein Blatt vor den Mund. Heinrich Junge, Schafhalter aus Lennestadt-Bruchhausen: „Sollte sich ein Rudel im Kreis niederlassen, muss reagiert werden. Schutzhunde werden erst ab 100 Mutterschafen gefördert, ich habe etwa 60. Und Elektrozäune sind auch nicht der Weisheit letzter Schluss.“
Jägerschaft erwartet Reaktion der Politik
Unterstützung bekommen die Nutztierhalter von Karl-Josef Fischer, Vorsitzender der Kreisjägerschaft Kurköln-Olpe: „Wir brauchen einen Managementplan der Bundesregierung, wie man langfristig mit dem Wolf umgehen soll.“
Man könne nicht tatenlos zusehen, wie sich der Bestand der Wölfe alle drei Jahre verdoppele: „Bei einer 30- bis 35-prozentigen Reproduktion ist das aber der Fall. Anfang 2019, so Schätzungen, gab es in Deutschland etwa 1500 Wölfe. Mit den im Mai hinzugekommenen Welpen sind wir bei etwa 2000, in drei Jahren bei rund 4000. Darauf muss man reagieren.“
Es sei kein Wunder, dass Schafhalter, aber auch Rinderzüchter oder Pferdebesitzer auch hierzulande „langsam unruhig werden.“
Die Herzlich-Willkommen-Mentalität gegenüber dem Wolf könne auf Dauer nicht bestehen bleiben. Auch andere Länder wie Frankreich oder Schweden hätten bereits reagiert.
Im Kreis Wesel, wo eine Wölfin, der man schon den Namen Gloria verpasst habe, seit längerem ihr Unwesen treibe, hätten Kollegen mehrfach Zäune errichtet. Dauerhaft abgehalten hätten die die Wölfe auch nicht. Junge: „Erst 90 Zentimeter, dann 1,10 Meter, schließlich 1,20 Meter. Erfolglos. Wölfe lernen, mit Hindernissen umzugehen.“ Auf jeder Versammlung des Schafzuchtverbandes sei der Wolf ein heftig diskutiertes Thema. Junge, selbst Bezirksvorsitzender des Schafzuchtverbandes Sauerland und Vorstandsmitglied im Landesverband, nimmt in dieser Woche an einer Versammlung des Verbandes in Lippstadt teil, die ohnehin geplant war. Dennoch: „Auch da wird mit Sicherheit der Wolf wieder Thema sein.“
Deutliche Kritik von Andreas Heer
Noch deutlichere Worte findet Andreas Heer aus Kirchveischede, der sich gemeinsam mit seinem Vater Josef Heer der sogenannten extensiven Rinderhaltung (Mutterkühe und Kälber) verschrieben hat und dem Biokreis angehört. Das beinhalte unter anderem die Verpflichtung, die Tiere überwiegend im Freien zu halten: „Bei uns kommen die von Mitte April bis manchmal weit in den Dezember auf die Wiese.“ Im Klartext: für Wölfe ein reich gedeckter Tisch. Heer: „So lange es sich nur um einzelne Durchreisende handelt, sind vermutlich nur Schafe gefährdet. Sollte sich aber ein Rudel bei uns niederlassen, reißen die auch Tiere von 600 bis 700 Kilogramm.“ Heer macht aus seinem Verdacht kein Geheimnis, dass die Politik derzeit alles daran setze, das Thema unter den Teppich zu kehren: „Ich habe den Eindruck, dass so mancher Behörde ein Maulkorb verpasst worden ist. Wir sind ziemlich sicher, dass ein Wolf auch bei uns schon ein bis zwei Jahre herumstreunt.“
Bejagung wünschenswert
Die Forderung der Nutztierhalter sei klar und deutlich: „Eine Bejagung ist wünschenswert. Das würde auch dazu führen, dass die Wölfe die Scheu vor Menschen nicht verlieren.“ Von Elektrozäunen hält Heer nichts, insbesondere, nachdem er bei einem Besuch im Erzgebirge bei Rinderzüchter und Wolfsexperte Michael Klemm gewesen sei: „Wölfe sind schlau und gerissen. Es gibt sogar Videos, wo ein Tier sich als Räuberleiter vor den Zaun kniet und die anderen des Rudels drüber gesprungen seien. Klemms Nachbar habe in einem Jahr 14 Rinder durch Wölfe verloren.
Elektrozäune seien für die eigene extensive Rinderhaltung ohnehin unrealistisch: „Unsere Tiere weiden auf etwa 60 Hektar, verteilt auf mehrere Parzellen. Wenn wir das alles mit E-Zäunen sichern wollten, käme eine sechsstellige Summe raus.“
Hütehunde problematisch
Auch der Einsatz von Hütehunden, so Heer, sei in einer touristischen Wander-Region problematisch: „Wenn von einem solchen Hütehund, beispielsweise einem Kangal, mal ein Schoßhündchen gerissen worden ist, wird das Geschrei groß sein. Die sind nicht hundertprozentig zu kontrollieren.“
Heer zieht ein pessimistisches Fazit: „Wenn das unkontrolliert ausartet, können wir den Laden dichtmachen.“
Mehrere Wölfe unterwegs
Auch für Peter Quast, Schafhalter aus Scheiderwald, sind Elektrozäune kein Mittel der Wahl: „Zu arbeits- und kostenintensiv. Nicht zu unterhalten.“ Seine etwa 170 Shropshire-Schafe, die er für die Pflege der Weihnachtsbaumkulturen halte, weideten auf etwa 20 Hektar Fläche. Davon, dass bereits mehrere Wölfe die Region durchstreift hätten, ist auch Quast überzeugt.