Attendorn. Seit wenigen Tagen ist es geöffnet: das neue Kino in Attendorn. Wir sprachen mit den beiden Betreibern unter anderem über ihr Konzept.
Nach gut einem Jahr Bauzeit war es am vergangenen Montag, 17. Juni, geschafft: Christin Hanses (30) und Johannes Cordes (29) eröffneten ganz offiziell ihr neues Kino in Attendorn, direkt neben dem Hanse-Hotel am Zollstock. Seit einigen Jahren betreiben die beiden bereits das Lichtspielhaus in Altenhundem, das zuvor den Eltern von Christin Hanses gehörte und sich seit den 1980er Jahren im Familienbesitz befindet.
Eine künftige Doppelbelastung, der sie ziemlich entspannt entgegensehen. Warum, das verrieten die „Neu-Attendorner“ im Gespräch mit dieser Redaktion.
Wie groß ist die Erleichterung, dass das neue Kino in Attendorn nun eröffnet ist?
Christin Hanses Riesig. Die ganze Anspannung und Last fällt jetzt von unseren Schultern und wir können endlich den Leuten zeigen, was wir 13 Monate lang in diesem Gebäude getüftelt haben. Wir haben unseren Traum verwirklicht und versuchen nun, unseren Gästen ein besonderes Kinoerlebnis zu bieten.
Gab es Momente, in denen sie gezweifelt haben, ob Sie diesem Vorhaben gewachsen sind?
Hanses Natürlich gab es kleinere Tiefs. Ich kann mich noch daran erinnern, dass wir bei einer Lieferung die falschen Stühle bekommen haben. Das treibt dir den Puls hoch. Aber ich würde es sofort wieder tun.
Worauf legen Sie besonders Wert in Ihrem Kino?
Hanses Für uns steht an erster Stelle, dass wir ein Kino für alle gebaut haben. Wir versuchen ein gemütliches Ambiente zu bieten und wünschen uns, dass sich die Leute hier wie zuhause fühlen. Das Filmangebot reicht von dem normalen Programm über Film-Kaffee-Nachmittage, das Frühstücks-Kino, Opernübertragungen bis hin zu Filmen auf Englisch. Jeder hat einen anderen Geschmack und einen anderen Anspruch an einen Film. Dem versuchen wir gerecht zu werden.
2012 Betrieb von den Eltern übernommen
Christin Hanses ist 30 Jahre jung. Sie wurde in Attendorn geboren und wohnt in Lennestadt. Die gelernte Industriekauffrau und Betriebswirtin ist seit 2012 Betreiberin des Lichtspielhauses in Altenhundem. Sie hat den Job von ihren Eltern übernommen.
Johannes Cordes ist 29 Jahre jung. Er wurde in Olpe geboren und lebt ebenfalls in Lennestadt. Er studiert „nebenbei“ Maschinenbau.
Es gibt auch nicht den einen Saal, der heraussticht, denn jeder Raum ist individuell gestaltet und trifft einen anderen Geschmack. Wir legen zudem einen großen Stellenwert auf die Barrierefreiheit. So befinden sich unsere fünf Säle alle im Erdgeschoss. Wer beispielsweise schlecht sieht, dem bieten wir eine bestimmte Hörfassung.
Sie haben hier fünf Säle, alle tragen einen Namen und sind anders ausgestattet? Welche Idee steckt dahinter?
Johannes Cordes Wir setzen fort, was wir in Altenhundem seit Jahren praktizieren. Jeder Raum soll anders wirken und hat deshalb eine andere Farbe und Ausstattung. Wir haben zum Beispiel einen roten Saal mit dem Namen Stage, das Motto ist hier Oper und Theater. Dann einen eher schwarzen Saal, also eine Art Black-Box für die Action Filme. Einen Heimatsaal mit dem Namen Terra. Passend zum Thema Natur und Sauerland. In Attendorn haben wir zudem unterschiedliche Sitztypen, damit auch jeder seinen persönlichen Lieblingsplatz findet.
Wie bewerten Sie den Standort hier ?
Hanses Er ist wirklich ideal. Eltern, die ihre Kinder zu uns ins Kino schicken, können in der Zwischenzeit problemlos einkaufen gehen oder bei uns einen Kaffee trinken. Die Innenstadt ist fußläufig schnell zu erreichen. Zudem ist unser Kino gut mit dem Auto erreichbar und wir haben knapp 80 eigene Parkplätze vor dem Haus. Der Bahnhof ist auch nicht weit. Für uns ist das perfekt.
Haben Sie ihr Konzept aus Altenhundem eins-zu-eins in die Hansestadt übertragen?
Hanses Vieles, wie bereits gesagt, aber nicht alles. Ein großer Unterschied ist, dass wir hier in Attendorn mit festen Sitzplätzen arbeiten, in Altenhundem haben wir freie Platzwahl. Da funktioniert das super. Allerdings werden Filme heute immer früher terminiert und viele Kunden bestellen ihre Karten vorab und sind froh, wenn sie sich nicht lange anstehen müssen und wissen, einen festen Platz zu haben. Zudem bieten wir in Attendorn Doppelsitze an, das haben wir in Altenhundem nicht. Hier sitzen unsere Gäste wie in Logen. Dadurch verhindern wir, dass größere Besucher den kleineren die Sicht nehmen. Unser Foyer ist hingegen genauso konzipiert wie im Lichtspielhaus in Altenhundem.
Gibt es bestimmte Filmgenres, die Sie hier zeigen?
Cordes Wir zeigen alles, und noch ein bisschen mehr (lacht).
Das müssen Sie mir erklären.
Cordes Es gibt viele Filme, die im öffentlichen Interesse gar nicht auftauchen. Richtige Nischenfilme, die auch gar nicht über einen Verleiher laufen. Wir zeigen zum Beispiel Reisefilme, die Privatleute aufgenommen und geschnitten haben und die sie bei uns auf der Leinwand groß sehen wollen.
Hanses Im November haben wir mit dem Verein Kultura aus Attendorn eine Lesung hier, das ist sicherlich nicht typisch Kino. Wir übertragen Opern. Und wer beispielsweise von seinem Geburtstag einen Film gemacht hat und diesen mal auf der Leinwand sehen möchte, kann das bei uns tun. Ich kann mich in Altenhundem noch gut an ein Hochzeitsvideo erinnern, dass sich eine Familie angeschaut hat. Ich bekomme Gänsehaut, wenn ich daran denke, dass bei uns im Kino nochmal die Hochzeitsglocken geläutet haben. Der Fantasie und der Besucher-Wünsche sind überhaupt keine Grenzen gesetzt. Wir freuen uns über jeden Vorschlag.
Sie haben jetzt zwei Standbeine. Bürgen Sie sich nicht zu viel auf?
Hanses In Lennestadt haben wir 365 Tage im Jahr auf. Das geht nur mit Liebe und viel Herzblut. Ich bin früher schon mit dem Bobby-Car durch unser Kino gefahren, für mich gab es nie was anderes. Und dann haben wir ein tolles Team, das uns unterstützt. Familie, Freunde, das Team Lennestadt und rund dreißig Schüler und Studenten aus Attendorn. Nicht zu vergessen unsere Festangestellte Hannah Simon, die sich um den Betrieb hier in Attendorn kümmern wird. Um Ihre Frage zu beantworten: nein.
Sind die Sauerländer ausgewiesene Kino-Gänger?
Hanses Ich habe das Gefühl, dass viele Sauerländer mit dem Kino durch die Vergangenheit verbunden sind. Wir hatten früher viele Kinos im Kreis, hier in Attendorn sogar zwei. Eine nette Anekdote: Ich habe mich riesig gefreut, dass ein Filmvorführer, der hier vor vielen Jahren die letzte Vorstellung im Attendorner Kino miterlebt hat, auch zur ersten Vorstellung von uns gekommen ist.
Cordes Es gibt schon viele, die eine weite Anreise für einen Kinoabend nicht scheuen. Es kommen in Lennestadt nicht nur Lennestädter ins Kino. Und in Attendorn wird es ähnlich sein.