Kreis Olpe. . Windkraftnutzung wirft mehr Fragen auf als je zuvor. Wie lange hält politische Großwetterlage an?
Günter Pulte, Windbauer aus Rahrbach, ist davon überzeugt, was er sagt: „Ohne die Energiewende gibt es keinen wirksamen Klimaschutz, und ohne die Windkraft gibt es keine Energiewende.“ Nachdem sich die politische Großwetterlage vollkommen gedreht hat und das Thema Klimaschutz nicht zuletzt im Zuge der Europawahl von nahezu jeder politischen Partei lauter im Munde geführt wird als zuvor, verspüren die Befürworter der Windenergie Rückenwind - auch im Kreis Olpe.
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Fred-Josef Hansen, Sprecher der Kreis-Grünen, hat ganz aktuell einen Antrag an den Kreis Olpe gestellt, die Haltung des Kreises gegenüber der Windkraft darzulegen. Grund seien Äußerungen von Windenergie-Gegnern in einer öffentlichen Veranstaltung gewesen, der Kreis stehe hinter den Windenergie-Gegnern. Hansen: „Es entsteht mitunter der Eindruck, dass die Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland gegen die Windenergie sei. Das stimmt nicht. Die Gegner sind nur lauter und aggressiver. Laut Umfragen sind rund 80 Prozent der Deutschen für die Nutzung der Windenergie.“ Was störe, sei lediglich das Windrad in der eigenen Nachbarschaft, nicht aber das weit entfernte Atom- oder Kohlekraftwerk.
Für Windräder auch im Wald
Hansen macht aus seiner Position als Grüner kein Geheimnis: „Ich bin auch für Windräder im Wald. Das schadet dem Wald keineswegs, es werden nur minimale Flächen benötigt.“ Schäden trage der Wald eher durch klimabedingte Phänomene davon: „Durch die extreme Hitze im vergangenen Jahr gibt es große Probleme mit dem Borkenkäfer. Wir haben in NRW die höchste jemals gemessene Borkenkäferdichte.“ Sein Fazit: „Alles spricht dafür, auf regenerative Energie zu setzen.“ Dass es gerade im waldreichen Sauerland und im Kreis Olpe zahlreiche Windrad-Gegner gebe, ist dem Grünen natürlich nicht verborgen geblieben. Ob allerdings die Windkraft bremsende Strategie der Kreis-Kommunen auf Dauer Erfolg verspreche, bezweifelt Hansen. Er hält sogar eine Planungspolitik ohne Konzentrationszonen für sinnvoller.
Kommunen vor OVG gescheitert
Hintergrund: Mehrere NRW-Kommunen hatten zuletzt versucht, den Bau von Windrädern mit neuen Flächennutzungsplänen und darin enthaltenen Konzentrationszonen für Windenergie einzudämmen. Und waren vor dem Oberverwaltungsgericht gescheitert.
Wollen den Bau von Windrädern lenken
1 Die politische Großwetterlage hat sich verändert. Muss die Landesregierung umdenken?
Die politische Großwetterlage wird von der Regierung bereits insofern berücksichtigt, als Ministerpräsident Laschet das ambitionierte Ergebnis der Kohlekommission als Kompromiss zwischen unterschiedlichen gesellschaftlichen Interessen in die Entscheidungen einbeziehen will. Das entspricht unserem Koalitionsvertrag, der auf Ausgleich zwischen Wirtschaft und Umwelt setzt.
2 Ist der politische Druck aus Berlin, den Klimaschutz auch mit der Förderung von Windenergie zu stärken, bereits spürbar?
NRW erreicht die für 2020 gesteckten Ziele, was CO2-Einsparung angeht. Insofern sehe ich für Druck aus Berlin keine Grundlage.
3 Können CDU und FDP die Strategie, den Bau von Windkraftanlagen zu erschweren, aufrechterhalten?
Wir wollen den Bau von Anlagen nicht erschweren, sondern in geordnete Bahnen lenken. Diese Position habe ich im April für die CDU-Landtagsfraktion im Plenum vertreten, und so haben wir das zuletzt im Kommunalausschuss diskutiert, als es um die Änderung des Landesentwicklungsplans ging
Zuletzt die Gemeinde Stemwede, davor Bad Wünnenberg, Hörstel, Paderborn, Haltern am See, Büren. Nicht alle sind bereits rechtskräftig, ob und inwieweit das Bundesverwaltungsgericht die Sache anders sieht, muss abgewartet werden. In den Urteilen wird deutlich, dass die höchste Rechtsprechung nicht mit sich spaßen lässt. Im Ansatz erkennbare Verhinderungs-Strategien, die im NRW-Wahlkampf von CDU und FDP befeuert wurden (u. a. Tabuzone Wald), prallen an den gerichtlichen Schranken in Münster ab.
Das weiß auch Kreisdirektor Theo Melcher, im Kreishaus mit den Bauanträgen von Windrad-Projekten unmittelbar beschäftigt: „Ein Flächennutzungsplan hat einen sogenannten Norm-Charakter. Wir müssen als Immissionsschutzbehörde prüfen, ob eine Windenergie-Konzentrationszone Ausschlusswirkung hat.“ Im Klartext: Zu prüfen ist, ob tatsächlich der Grundsatz gilt, dass in einer Kommune nur in Konzentrationszonen gebaut werden darf oder auch außerhalb.
Kreis kann FNP nicht verwerfen
Melcher: „Wenn wir Zweifel an der Rechtsgültigkeit des Flächennutzungsplanes (FNP) haben, müssen wir die Gemeinde auf unsere Bedenken hinweisen und auffordern, neu zu planen. Wir können den FNP als Behörde nicht selbst verwerfen. Das können nur die Gerichte.“
Allerdings gebe es eine Ausnahme: „Wenn dem Flächennutzungsplan die Rechtsungültigkeit auf der Stirn geschrieben steht, wenn er also offensichtlich und erkennbar rechtswidrig ist, müssten wir einem Bauantrag auch außerhalb einer Konzentrationszone stattgeben.“
Ob das für einen bestehenden oder zu erwartenden Bauantrag (siehe Grafik) im Kreis Olpe denkbar sei, darüber sei nicht zu spekulieren.
Zehn Windräder bei Heinsberg
Dass Bauanträge von Windbauer Günter Pulte auf dem Schreibtisch Melchers landen werden, ist sicher. Pulte plant bekanntlich einen Windpark Hilchenbach/Heinsberg - mit zehn Windrädern auf Kirchhundemer Gebiet - außerhalb der Konzentrationszone. Obwohl sich die politische Großwetterlage wieder pro Windenergie gedreht habe, so der Rahrbacher, vertraue er nicht auf Konstanz: „Nach Fukushima hat sich die Politik etwa ein halbes Jahr für die Energiewende begeistert, dass war dann schnell wieder vorbei.“ Auch Pulte sieht ein Energieproblem aufziehen: „Wir steigen aus der Atomkraft und Kohlekraft aus, aber nirgendwo entschlossen ein.“ Der Ausbau der Windenergie sei in Deutschland auf etwa zehn Prozent der Vorjahre eingebremst worden: „Mit katastrophalen Folgen für die Windrad-Herstellerfirmen und ihre Mitarbeiter, die zu hunderten entlassen wurden.“
Ein gesetzlicher Fels in der Brandung sei nach wie vor die gesetzliche Privilegierung von Windkraftanlagen im Außenbereich. Pulte: „Wenn eine Initiative dagegen Erfolg hätte, wäre es das automatische Ende der Windenergienutzung in Deutschland.“