Siegen/Lennestadt. . Landgericht Siegen verurteilt Drogendealer aus dem Kreis Olpe zu fast sechs Jahren Haft. Entziehungstherapie steht am Anfang.

Für gewerbsmäßigen Drogenhandel mit Waffen verurteilte die Erste Große Strafkammer des Landgerichts Siegen einen 69-jährigen Drogendealer gestern zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten. Staatsanwalt Moritz Faßbender hatte in seinem Plädoyer sogar acht Jahre Haft gefordert, während Strafverteidiger Klaus Söbke (Grevenbrück) eine deutlich mildere Strafe angeregt hatte. Eine verminderte Steuerungs- und Schuldfähigkeit während der Taten sei nicht auszuschließen. Eine Strafe im Bereich von acht Jahren sei unangemessen, auch angesichts des hohen Alters seines Mandanten. Söbke: „Das ist ja wie lebenslänglich.“

Zwei Hausdurchsuchungen erfolgreich

Die Polizei hatte die Wohnung des Angeklagten zweimal innerhalb eines Jahres durchsucht und jeweils unterschiedliche Drogen entdeckt. Die erste Durchsuchung hatte Anfang März 2018 stattgefunden und bereits für die Terminierung eines Prozesses gesorgt. Doch kurz vor Prozessbeginn wurden die Polizeibeamten im November 2018 noch einmal fündig, was die Anklageschrift noch einmal umfangreicher hatte werden lassen.

Gutachten nachträglich

Der Prozess wäre eigentlich schon Ende Mai beendet gewesen, hätte Verteidiger Söbke nicht noch auf einem psychiatrischen Gutachten bestanden. Das wurde gestern nachgeholt: Dr. Thomas Schlömer, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie aus Schmallenberg, kam zum Ergebnis, zum Zeitpunkt der Taten sei der Angeklagte zwar stark drogenabhängig gewesen, aber voll schuldfähig. Der 69-Jährige sei als routinierter Rauschgift-Konsument fähig, seine Taten zu planen, auch über einen langen Zeitraum. Dass die starke Abhängigkeit von Rauschmitteln im Leben des Angeklagten eine gewichtige Rolle spiele, sei unstreitig. Schon mit 16 Jahren habe er einen Alkohol-Entzug machen müssen. Erst nach einem Delirium im Alter von 55 Jahren sei Schluss gewesen. Dass der Angeklagte, wie er beteuert hatte, Cannabis nur als Schmerzmittel eingesetzt habe, glaubte Schlömer ihm nicht: „Er konsumierte Cannabis in erster Linie wegen der Rauschwirkung.“ Die schmerzlindernde Wirkung von Cannabis spiele eine untergeordnete Rolle. Das sähen andere Ärzte zwar anders, mit ihrer Meinung seien sie aber Außenseiter in der Wissenschaft.

Therapie einzige Möglichkeit

Die einzige erfolgversprechende Strategie für den Angeklagten, nicht rückfällig zu werden, sei ein Drogen-Entzug. Angesichts der Schwere der Abhängigkeit, so Schlömer, sei eine Therapie-Dauer von zwei Jahren angezeigt. Andernfalls werde der Senior sicherlich wieder Straftaten begehen.

Diesem Rat folgten Gericht, Staatsanwalt und Verteidigung.

Bevor dem Drogendealer im Opa-Alter also ein Aufenthalt im Gefängnis droht, wartet eine mehrjährige geschlossene Therapieeinrichtung auf ihn. Welche Form der Inhaftierung danach ansteht, dürfte vom Therapieerfolg abhängen.

Entscheidend für die langjährige Gefängnisstrafe wirkte sich gestern aus, dass die Polizei bei ihren Hausdurchsuchungen einige Waffen gefunden hatte. Darunter eine nicht geladene Gaspistole, ein mit Kabeln selbst zusammengebasteltes Schlagwerkzeug, einen Baseballschläger und Pfefferspray. Und in Fällen des Drogenhandels, der mit Waffen geschützt wird, beträgt die Mindeststrafe fünf Jahre.

Waffenbesitz entscheidend

Kein Wunder, dass Verteidiger Söbke in seinem Pladöyer die Waffen anders einstufte als die Staatsanwaltschaft. Die Waffen, so Söbke, hätten nur zur Selbstverteidigung gedient, da sein Mandant schon einmal überfallen worden sei. Die Waffen stünden nicht im Zusammenhang mit dem Drogenhandel.

Söbke konnte sich auch nicht gänzlich dem psychiatrischen Gutachten anschließen. Die Steuerungsfähigkeit seines Mandanten sei eingeschränkt gewesen, immerhin habe er unter einem enormen Druck gestanden, seine Drogensucht zu finanzieren.

Auch der Angeklagte selbst schüttelte angesichts der hohen Forderung des Staatsanwaltes in seinem letzten Wort vor der Urteilsverkündung den Kopf: „Ich bin doch kein Mörder.“

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